Walther Maria Neuwirth
ALTMEISTER
FRITZ ZERRITSCH
1 Frilz Zerritsch, „Aus Oberluu", 1970. Ol, 19 x 21 cm
2 Fritz Zerritsch, „Aus Bisamberg", 1968. Ul, 15 x 19 cm
3 Frilz Zerrilsch, „Aus Kollnbrunn", 1970. Ol, 15 x 19 cm
Das malerische Werk von Professor h. c. Fritz Zer-
ritsch umfaßt einen Zeitraum von 60 Jahren. Es
enthält groß- und kleinformatige Landschaftskom-
positionen, Porträts, monumentale Wandbilder, Tier-
bilder, Stilleben, Farblithos, Mosaiken, Fresken, Ga-
belins sowie ausgeführte Entwürfe für Banknoten,
Briefmarken und Plakate. Der ietzt im 84. Lebens-
iahr stehende Künstler heißt, abgesehen von seiner
Namensgleichheit mit seinem Vater, dem Bildhauer,
Freund und Weggenossen Viktor Tilgners, noch im-
mer mit Recht „der Jüngere", wenn auch ein Teil
seiner Bilderernte schon eine historische Wertung
beanspruchen kann. Die Dokumentation seiner klas-
sischen Endphase einer durchaus eigenständigen
malerischen Entwicklung stellt eine Vielzahl klein-
formatiger Ölbilder dar, die einfache und anspruchs-
lose Motive aus niederösterreichischen und burgen-
ländischen Dörfern und aus dem Weinland am
Strom beinhalten.
Immer bieten diese poetisch komponierten Land-
schaften ein in sich abgerundetes Stück empfunde-
ner Natur, ein Ganzes in Besinnlichkeit und Har-
monie. Sie scheinen, obwohl in seltsam aufgelocker-
ter Ultechnik gemalt, eine Aquarellseele zu haben.
Charakteristisch ist auch die Einordnung des Lichtes
in die sorgfältig farbenrhythmisdi aufgebauten Kom-
positionen. Dadurch, daß das Licht in allen Poren
der Farben, die auf einem präparierten Untergrund
aufgetragen sind, verteilt ist, erwächst eine daseins-
beiohende Helligkeit. Licht ist somit nicht bloß
Kontrapunkt, sondern geistige Spiegelung in ieder
Erdkrume, in iedem Steinbrocken - in allen Dingen.
Fritz Zerritsch, der am Beginn seines Künstlertums
mit dem Streben einsetzte, sich aus den vielen Spiel-
arten des lmpressionismus als Selbstzweck oder als
Mode konsequent herauszuschälen, hat letztlich in
seinem „iungen" Altersstil eine Form geschaffen,
ein poetisch orientiertes, geistiges Ausdrucksmittel,
das eine Brücke in eine neue Malwelf unserer Zeit
bauen könnte. Seine Bilder wollen den Beschouer
beglücken.
JA
Fritz Zerritsch wurde am 28. August 1888 in Wien
geboren. Sein Weg war lang und trotz der vielen
Erfolge beschwerlich. Galt es doch, die Dezennien
eines Jahrhunderts ungefährdet zu bewältigen, in
denen sich die geistigen, konfessionellen, techni-
schen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen
Grundlagen stark veränderten. Es war eine Wan-
derschaft durch Stillabyrinthe. Es bedurfte einer
angestammten Ehrfurcht vor der Kunst und der
Natur, um immer wieder als „Eigener" zu erkennen,
was Spreu und Weizen war.
Die ersten Studien erfolgten in der Wiener Mal-
schule Scheffer, dann folgte die Akademie der
bildenden Künste mit den Professoren Griepenkerl
und Delug. In München beeindruckte den iungen
Zerritsch unter anderen der iunge Wilhelm Trübner,
in Wien die damals schon betagte Tina Blau. Dann
folgten die Jahre des freien Schaffens, mit einem
pädagogischen Zwischenspiel als Lehrer an der
„Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt". Professor
Fritz Zerritsch hat seit 19H im Wiener Künstlerhaus
in steter Folge ausgestellt. Seit 1914 ist er Mitglied
dieses Kunstforums. Kaiser Franz Joseph würdigte
seine Arbeit. 38 Jahre später, somit in der Zeit der
Zweiten Republik, schrieb der geistvolle Künstler
und Schriftsteller A. P. Güterslah: „Fritz Zerritsch,
der auf seine Weise bereits eine meisterliche Höhe
erklommen hat, sallte eigentlich nicht mehr laut
gelobt werden müssen. Aber hat es nicht sogar ein
Adalbert Stifter nötig, immer wieder in Erinnerung
gebracht zu werden? (Denn keinen vergißt iede
Neuzeit lieber als ihren alten Homer.) Und Bilder
wie ,Ulpresse in Kirchberg' oder ,Landschoft mit
Wohnwagen' oder ,Rinder am Felsen' sind genauso
Österreichisch-mythisch wie der Nachsommer."
Lassen wir aber Fritz Zerritsch selbst über die Ent-
stehung seiner Bilder sprechen: „Die erste Anre-
gung zum Landschaftsbild gibt mir ein Noturein-
druck. Ich finde meine Motive in der mir vertrauten
Umwelt Wiens, auf Dorfstraßen, in kleinen Städten,
am Waldrand. Alte Dörfer, ländliche Bauten, Dä-