Es ist das Besondere des Salzburger Kulturklimas,
daß dort immer wieder Initiativen des schöpfe-
rischen Einzelmenschen von einer aufgeschlos-
senen Kulturverwaltung behutsam „am langen
Zügel" verwirklicht werden.
Die Vorlöuferin der heutigen Salzburger Som-
merakademie war die „SchuIe des Sehens",
1953 von Oskar Kakoschka und Friedrich Welz
begründet. Sie bestand zehn Jahre lang. Wenn
wir rückblickend ihre Geschichte, ihre Organisa-
tion und die Namen der Mitwirkenden betrach-
ten, unterschied sich diese erste Institution in
zwei Punkten wesentlich von der Nachfolgerin:
Die Schule des Sehens stand unter der Do-
minante des großen alten Mannes Kokoschka.
Für den berühmten Maler, der - darin Picasso
vergleichbar - als lebendes Zeugnis einer schon
fernen Vergangenheit zu uns herüberreicht -,
war diese Schule große Bühne, Altersrolle des
Ruhmbedeckten. Vor solchem Hauptakteur tra-
ten sogar Namen wie Giacomo Manzü oder
Konrad Wachsmann zurück.
Die Schule des Sehens begann wie das
kleine Modell einer Akademie. Die Kurse waren
begleitet von Vorträgen des Kunsthistarikers
Bruno Grimschitz und des Technologen Robert
Eigenberger. Die Mitwirkenden, zu denen an-
fangs auch Clemens Holzmeister zählte, ge-
hörten - wie der Initiator und Leiter Friedrich
Welz selbst - iener großen österreichischen Gei-
stesgeneration an, deren Kultur von Künstlern
wie Kokoschka geprägt worden ist.
Die Neugründung als „Internationale Sommer-
akademie für bildende Kunst" im Jahre 1964 un-
ter dem Management Hermann Stuppäcks, des
Präsidenten des Salzburger Kunstvereins, führte
in eine ganz andere Richtung.
Wer dem neuen Manager nach dem Ausschei-
den des großen Namens Kokoschka und des
international einflußreichen Leiters Professor
Welz wenig Chancen eingeräumt hatte, wurde
bald eines Besseren belehrt.
Es gelang Hermann Stuppäck schon im ersten
Jahr seiner Amtsführung, gute einheimische und
- mit Max Pfeifer-Watenphul - auch interna-
tional geschützte Kräfte zu gewinnen. In den
folgenden Jahren wurde die Besetzung der Mei-
sterklassen - insbesondere auf dem Gebiete der
nonfigurativen Malerei, der Bildhauerei, der
Architektur und der Radierung - immer wieder
durch bedeutende Berufungen internationaler
Kräfte verbessert. Kokoschkas „Schule des Se-
hens", als eine auf eine große EinzeIpersönIich-
keil ausgerichtete Kleinakademie, erfuhr in der
„Internationalen Sommerakademie" eine bedeu-
tende Mutation zu einer modernen Schule der
Begegnung und der stets erneuerten Befruchtung
im Schöpferischen. Durch ständigen Wechsel der
Lehrkräfte treten in den Meisterklassen, dem Plu-
ralismus einer vielfältigen Gegenwartskunst ent-
sprechend, die verschiedensten internationalen
Strömungen hervor.
Wir befragen Hermann Stuppäck in seinem Büro
am Mozartplatz: „Herr Professor, welche Rich-
tung verfolgen Sie bei der Besetzung der Mei-
sterklassen?"
„Der Berufene soll als Künstler internationalen
Rang besitzen und führender Repräsentant einer
bedeutenden Richtung der Moderne sein. Damit
ergibt sich ganz von selbst die Analogie zum
pluralistischen Panorama der Gegenwartskunst."
„Wie beurteilen Sie die internationale Resonanz
der Sommerakademie?"
„Am deutlichsten aus der Zusammensetzung der
Teilnehmer, die aus 30 Nationen aus allen Erd-
teilen zu uns kommen. Die internationale Kunst-
kritik bringt ausführliche Reportagen, oft über
mehrere Spalten oder in Fortsetzungen. Viele
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