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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 123)

Noch immer ist die Geschichte der zentral- 
europäischen Malerei auf weite Strecken in 
Dunkel gehüllt. Nur wenige Gipfel - wie Maul- 
bertsch, Troger, der Kremser Schmidt - ragen 
klarer daraus hervor. Zahlreiche Werke irren 
ungedeutet oder unter falscher italienischer 
Flagge in den Sammlungen der Welt umher. 
Eines dieser ungeschriebenen Kapitel ist die 
Schlachtenmalerei. Man begnügt sich, das vor- 
handene Material einigen wenigen Spezialisten 
dieses Metiers, wie Bourguignon, Rugendas oder 
Querfurt, zuzuweisen. Eine Sichtung des Ma- 
terials und intensive morphologische Studien 
könnten zeigen, daß sich auch andere Barock- 
maler, die nur als Freskanten oder als Altar- 
blattmaler erforscht sind, fallweise in diesem 
Metier betätigt haben. 
Im Katalog der Ausstellung „Deutsches Barock 
und Rokoko", welche 1914 in einer Periode des 
ersten kraftvollen Forschungsinteresses an der 
Barockkunst in Darmstadt stattfand, finden wir 
drei Pondurenszenen eines „unbekannten Ti- 
roler Meisters". Sie sind heute verschollen und 
wir können sie nur sehr mangelhaft aus den 
alten Abbildungen reproduzieren (Abb. 1-3). In 
dramatischem Helldunkel zeigen uns diese klei- 
nen Bilder die Schrecken des österreichischen 
Erbfalgekrieges (1740-1742), das Wüten der un- 
garischen Panduren des Obersten Trenk in Bay- 
ern und Oberösterreich, wo sie als Hilfsvölker 
Maria Theresias bedrohtes Reich gegen den 
Zugriff der Franzosen und Bayern retten halfen. 
Georg Biermann schreibt in der Einführung des 
Darmstädter Kataloges ausführlich über jenen 
„merkwürdigen Unbekannten, dessen Panduren- 
kömpfe mit die Überraschung der Ausstellung 
gewesen sind". „Man darf annehmen, daß der 
anonyme Künstler unserer Bilder ein Tiroler Mei- 
ster gewesen ist, der die hier geschilderten 
Szenen unmittelbar erlebt hat. Denn die Stücke 
atmen mit ihren seltsam roten und hellblauen 
Tönen mit den dunklen Halbschatten, die ge- 
spenstisch varüberhuschen, so ungeschwächt das 
Grauen des Augenblicks, sind so voll der inner- 
sten Erregung und fast spukhafter Schrecknisse, 
daß sie ihresgleichen in der gesamten Geschich- 
te der Malerei nicht haben. Am ehesten könnte 
man sie zu Goya in Beziehung bringen, der ein 
halbes Jahrhundert später die Schrecken der 
Revolutionskömpfe ähnlich temperamentvoll mit 
einer vielleicht gleich eindringlichen Geste ge- 
schildert hot...J." Wir bewundern heute beim 
Lesen dieser Worte die Wertfreiheit und den 
lebensvollen Impuls der Forschungsgeneration 
von 1914, die sich - im Gegensatz zur erstar- 
renden Wissenschaftlichkeit der Kunstgeschichte 
unserer Tage - nicht scheute, dem Unbekannten 
derartige höchste Vergleiche zu widmen. 
In den vergangenen Jahrzehnten wurde der un- 
bekannte Maler dieser Szenen gerne als „der 
Pandurenmeister" bezeichnet. Wegen seiner sti- 
listischen und technischen Ähnlichkeit wurde er 
auch mit dem iungen Franz Anton Maulbertsch 
in Verbindung gebracht, der als Hauptvertreter 
einer Richtung gilt, die der Welt des Rationalis- 
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