Notizen
Albertina
Zeichnungen aus russischen Museen
Auf der Basis des 1969 geschlossenen österreichisch-
sowietischen Kulturabkommens präsentierte die
Albertina als gut besuchte Festwochenausstellung
„Meisterzeichnungen aus der Eremitage in
Leningrad, dem Puschkin-Museum und der
Tretiakow-Galerie in Moskau": insgesamt 150
Katalognummern, die im Anschluß an Wien auch
in der Grazer Neuen Galerie zu sehen waren. Die
erwartete Sensation bot die Schau freilich nicht. Die
Auswahl von Blättern aller wichtigen europäischen
Schulen vorn 15. bis zum 1B. Jahrhundert erwies
sich zwar als aufschlußreich für kunsthistorische
Vergleiche, iedach nur zum Teil van iener
allerersten Qualität, die die in der Sowietunion
zurückgebliebenen Spitzenwerke auszeichnen
dürfte. Dazu kam der platzraubende Anteil, den
die in zu großer Zahl präsentierten Zeichnungen
ideologiegenehmer Künstler des 20. Jahrhunderts
unnötigerweise einnahmen. Mit Bedauern stellte
man die Ausklammerung der so bedeutenden, in
sowietischen Lagerbeständen bestens vertretenen
Konstruktivisten fest. Einigermaßen zufrieden-
stellend die Brücke zwischen den alten Meistern
und der Pseudomoderne: russische Künstler des
19. Jahrhunderts, die in informativer Übersicht zu
sehen waren. Das lohnenswerte Optimum: zwei
kleine Skizzen Rembrandts („Schauspieler",
„Parabel vom untreuen Diener"), zwei Blätter von
Dürer, eine sehr frei gemalte Landschaft von
Rubens („Landschaft mit Brücke") sowie u. a.
Blätter von Greuze, Tiepalo, Ostade, Callot,
Holbein und van Dyck. Die rund 40.000 Handzeich-
nungen und eine Million druckgraphischer Blätter
umfassenden Bestände der Eremitage gehen zum
Großteil auf die 1768 von Katharina der Großen
erworbene Sammlung des Grafen Karl Cobenzl
zurück (25. 5.-25. 6. 1972)-(Abb. 25-27). Peter Baum
Ü
Land Salzburg, Sommer 1972
Eine Wanderausstellung des Salzburger Kunst-
vereins, veranstaltet durch das Kulturamt der
Salzburger Landesregierung, wurde und wird noch
in vielen Orten des Bundeslandes gezeigt. Die
Beschränkung dieser Verkaufsausstellung, an der
31 Salzburger Künstler teilnehmen, auf Druckgraphik
und Kleinplastik soll auf neue Käuferschichten
Rücksicht nehmen. Wichtig scheint, durch direkte
Konfrontation, die Möglichkeit einer „Populari-
sierung" moderner bildender Kunst bei einem bisher
kaum angesprochenen Publikum.
Kunststipendien der
Salzburger Landesregierung
im Sinne einer Begabtenförderung hat die Kultur-
abteilung der Salzburger Landesregierung in
Zusammenarbeit mit dem Landesschulrat zehn
Schülern und Sdtülerinnen der Oberstufe der
allgemeinbildenden höheren Schulen ein
Stipendium gewährt, das ihnen die Teilnahme an
der internationalen Sommerakademie für bildende
Kunst in Salzburg ermöglicht. Im Einvernehmen
mit den für die einzelnen Schulen zuständigen
Lehrern für bildnerische Erziehung haben sich 33
Bewerber gemeldet, aus denen eine Jury mit den
Herren Adolf Degenhardt, Hermann Stuppäck,
Slavi Soucek und Rudolf Höhenwarter die zehn
Stipendiaten auswählte. Den Kontakt zwischen den
Schülern und den Professoren und Studenten der
Akademie vermittelt ein zur Betreuung der Gruppe
beauftragter Kunsterzieher. Über den Erfolg
dieses zu begrüßenden Unternehmens, für das es im
ganzen Bundesgebiet kein vergleichbares Beispiel
gibt, wird zu einem späteren Zeitpunkt berichtet
werden. Franz Wagner
Ü
Österreichisches Kulturinstitut, New York
Wiener Werkstättenausstellung in der
Galerie La Boetie
Wie uns Dr. Günter Frühwirth vom Usterreidtischen
Kulturinstitut in New York mitteilte, erregt derzeit
42
eine Ausstellung der Wiener Werkstätte großes
Interesse in der Metropole am Hudson. Josef
Hoffmann und seine mehr als zwanzig künstleri-
schen Weggefährten, voran Kolaman Moser, Vally
Wieselthier, Dagobert Peche und Karl Hogenauer,
sind mit über 150 Obiekten in der Galerie La Boetie
eingezogen, um damit die große Zeit der Wiener
Werkstätte zwischen 1903 und 1932 zu dokumentieren.
Ein sichtbares Zeichen der noch immer steigenden
Beliebtheit und Bedeutung der Kunst des Jugendstils
und der Wiener Werkstätten ist damit in Zusammen-
hang eine ungewöhnlich ausführlich Besprechung
von Rita Reif in der New York Times unter dem
Titel „CoIlector Goes Big Time" (Abb. 2B).
Österreichisches Kulturinstitut, Rom
Die auch während der Wiener Festwochen laufende
Ausstellung des Österreichischen Kulturinstituts in
Rom „Österreichische Künstler und Rom - Vorn
Barock zur Secession" verzeichnete bei ihrem Start
in Rom im Palazzo Braschi einen echten Erfolg
sowohl in Fachkreisen wie auch bei den nahezu
10.000 Besuchern.
Ein weiteres vielbeachtetes Ereignis im Rahmen der
Ausstellungen des Kulturinstituts war eine Schau von
Werken Prof. Eduard Bäumers, der an der Akademie
für angewandte Kunst in Wien als Lehrer starken
Einfluß auf die nach dem zweiten Weltkrieg
heranwachsende iunge Künstlergeneration ausübte
und dessen eigenes Werk bisher viel zuwenig
gewürdigt wurde, weil der stille, feinsinnige
Künstler Bäumer den Trubel des oft zu lauten
Kunstmarktes eher mied. Daß Bäumer an den
wesentlichen Tendenzen der europäischen Malerei
seiner Zeit Anteil hat, stellten Roms Kunstkritiker
fest, die ihn als einen Meister unseres Jahrhunderts
bezeichneten.
In römischen Galerien wurden u. a. Werke von
Ernst Fuchs, Godwin Ekhard, Wolfram Dachauer,
Liselotte Hähs, K. F. Schafferer und Peter Wilburger
gezeigt.
Die lll. Internationale Graphikbiennale wurde am
13. Mai d. J. eröffnet; Prof. Dr. Walter Zettl und
Prof. Herbert Gaisbauer stellten den österreichischen
Beitrag zusammen.
Bei der ll. Graphikbiennale „Triveneta" in
Portagruaro waren Künstler der „Wiener Secession"
und eine Gruppe von Tiroler Künstlern eingeladen.
Wien, Künstlerhaus
In den Monaten Mai und Juni l. J. fand
eine Gedächtnisausstellung für den verstorbenen
Präsidenten der Wiener Secession Lois
Pregartbauer statt. Außerdem liefen die
Ausstellungen „Landschaft - Gesehen -Verwandelt"
(Ölbilder, Aquarelle, Graphik) und in der Künstler-
hausgalerie eine „Präsentation neuer Mitglieder".
Leon Sliwinski, der im ersten Jahresviertel zwei
Ausstellungen von Monovetrographien und
Temperaarbeiten in der neuen Galerie des
Künstlerhaus-Kinos zeigte, hat in Rom die Gold-
medaille für Malerei der „Accademia lnternazionale
di Lettere-Arti-Scienze" bekommen, mit der zugleich
die Ehrenmitgliedschoft dieser Akademie verbunden
ist.
In der Künstlerhaus-Galerie wurde ferner das
Coop-HimmelbIau-Proiekt für die documenta V in
Kassel „Wolke" (Das Haus aus der Dose) im
Modell präsentiert (15.-21. März d. J.), und
anschließend zeigte Peter Bischof Zeichnungen aus
den Jahren 1956-1962 und 1971-1972. Als neue
Mitglieder wurden Hans Mayr (Photographie) und
Kurt und Gerda Spurey (Keramik) aufgenommen.
In Würdigung seines Gesamtschaffens wurde Prof.
Günther Baszel, der kürzlich seinen 70. Geburtstag
beging, der „Goldene Lorbeer" des Künstlerhauses
anläßlich eines Empfanges überreicht.
Aachen, Ben Schonzeit in der Neuen Galerie
Der New Yarker Ben Schonzeit, amerikanisch wie
Marilyn Monroe, der Cadillac oder Walt Disney,
war mit seiner heiter-aggressiven Farbigkeit vom
10. Juni bis 30. Juli I. J. hier zu Gast.
Da es der Neuen Galerie 1972 um Realismus geht,
ist Schonzeits Auftritt hier wesentlich, denn er
ist wie viele Realisten 1972 selber eigentlich gar
keiner. Im Gegenteil, er hält seine Bilder für
abstrakt, doch seine Widersacher schimpfen ihn
einen Realisten. Er bekennt sich zur Doppelbödig-
keit seiner Suiets, so ist für ihn eine für Kinder
gedachte Spielzeugkanone zugleich auch eine
Verkleinerung einer Kanone für Erwachsene.
Amsterdam, Hans Appenzeller
Ein eigenwilliger Schmuckkünstler, der mit und aus
den verschiedensten Materialien, wie Aluminium,
gehärtetem Stahl, Silber, Gold, Polyester, seine
Obiekte formt, war hier in der Amsterdamer
Galerie Sierrad zu Gast. Seine Schöpfungen sind
bestimmt von einer faszinierenden Klarheit der
Form, die gelegentlich erotische Spielformen in
das sonst strenge Formenvokabular mit aufnimmt.
Ob es echt tragbare Gegenstände sind, wie zum
Beispiel der von uns abgebildete Halsschmuck, der
zarte Frauenschultern vielleicht doch bedrücken
könnte? (Abb. 29).
Berlin, Joachim Karsch 75 Jahre
Anlößlich des 75. Geburtstages des Bildhauers
Joachim Karsch gab die Galerie Nierendorf am
20. Juni 1972 in ihren Räumen in Berlin-Tempelhof
einen Empfang, zu dem das seit Jahren in
Vorbereitung stehende Joachim-Karsch-Archiv mit
einer ständigen Ausstellung der Werke des
Künstlers der Utfentlichkeit zugänglich gemacht
wurde. Vom 26. Juni bis zum 13. September letzten
Jahres zeigte die Galerie Nierendorf ferner eine
Ausstellung von 40 Meistern des 20. Jahrhunderts,
die 240 Werke vereinigte.
Bödigheim, Wien, Ausstellung zweier
Wiener Künstler
In der Galerie des Schlosses Bödigheim im Oden-
wald waren die beiden Wiener Künstler Franz
Milan Wirth (Meditation-Expression) und Fritz Do-
bretsberger (Malerei, Grafik) vom 3.-20. Juni 1972
in einer gemeinsamen Ausstellung zu sehen.
Coventry, The Morgan Gallery
Vom 9. Mai bis B. Juni I. J. stellte hier der
1935 in Markt Eisenstein im Böhmerwald geborene
Dieter Stauber Bilder und Zeichnungen aus. Der
Künstler, der wie sein Bruder Horst Stauber, der
zur gleichen Zeit im Österreichischen Museum für
angewandte Kunst äußerst inter ssante Glasobiekte
zeigte, einer alteingesessenen lasmocherfamilie
entstammt, studierte an der Akademie der bildenden
Künste in Wien bei Prof. A. P. Gütersloh und
erhielt 1966 den „Heinrich-Füger-Prais" verliehen.
in Dieter Staubers Arbeiten offenbart sich ein
äußerst dynamischer Vollblutmaler, der in einer
ganz eigenständigen Technik aus der Grundpalette
von Gelb, Rot und Blau eine Vielfalt von glühenden
Farbtönen zu phantasievollen Expressionen
verarbeitet. Leise Anklänge an große Meister, wie
Toulouse-Lautrec, Chagall, sind wohl in Staubers
Werken spürbar, doch seine eigenwillige Stilistik
bewahrt der Künstler (Abb. 30).
FrankfurtlLondon, Barlach Heuer und
Art Deco-20er Jahre
Knut Günther zeigte in Zusammenarbeit mit dem
internationalen Kultur- und Austauschzentrum e. V.
vom 15. Mai bis 14. Juni 1972 im Nebbienschen
Gartenhaus (Bodcenheimer Anlage) die Ausstellung
„Barlach Heuer, Paris Bi Art Deco-20er Jahre",
die von Philippe Garner von Sothebys,
London, eingeführt wurde. Barlach Heuer, Jahrgang
1930, lernte vorerst Tischler, ehe er die Neigung
zum Maler in sich spürte und nach einem kurzen
Besuch der Hochschule für bildende Künste in
Hamburg im Jahre 1952 nach Paris zog und
daselbst den Beginn seiner Künstlerexistenz setzte.
Hamburg, Gottfried Salzmann in der
Galerie Lochte
Ein Maler, der nur aquarelliert und der „von der
Natur herkommt", wie er selber sagt, ist der aus