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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 124 und 125)

Ein Kunstzentrum in Salzburg 
Der Gedanke eines Salzburger Kunstzentrums 
geht natürlich von vornherein von völlig anderen 
Voraussetzungen aus, und jeder Vergleich muß 
auf den ersten Blick als gesucht erscheinen. 
Der Unterschied liegt jedoch nicht in einer 
grundlegenden Verschiedenheit der Konzeption, 
sondern in der Verschiedenheit der urbanen 
Charakteristik, die jeder Stadt eigen ist, gleich 
ab Weltmetropole oder, wie im Falle Salzburgs, 
deren kulturelle Bedeutung - abgesehen von 
seinen geographischen und baukünstlerischen 
Qualitäten - nicht zuletzt auf dem glücklichen 
Umstand beruht, daß Mozart in diesen Mauern 
geboren wurde. 
In der Tat nehmen die bildenden Künste im 
Vergleich zur überragenden Bedeutung der Fest- 
spiele tür das kulturelle Leben der Stadt einen 
äußerst bescheidenen Platz ein. 
Wohl sind durch die Sammerakademie in den 
Jahren seit deren Gründung wichtige Impulse 
ausgegangen, doch die räumliche lsoliertheit und 
die - wahlberechtigte - Betonung auf den schuli- 
schen Charakter dieser Institution begrenzen 
deren Einfluß in ihrer Wirkung auf die künstle- 
rischen Aktivitäten in der Stadt. 
Hier liegt die Chance, die Notwendigkeit und 
die Bedeutung dieses Kunstzentrums für Salz- 
burg: die Totalität des Kunstgeschehens zu ver- 
deutlichen. 
Gewiß wird das Hauptgewicht der künstlerischen 
Ereignisse während der Festspielzeit immer bei 
der Musik, dem Theater liegen, aber auch hier 
zeigen gerade Produktionen der letzten Jahre, 
z. B. Inszenierungen von Kokoschka, von Tin- 
guely, daß die zeitgenössische bildende Kunst 
in immer stärkerem Maße integriert wird. 
Eine der wesentlichsten Aufgaben dieses Kunst- 
zentrums wird jedoch sein, das kulturelle Leben 
aus seinem Saisoncharakter herauszuführen. 
Die Lage: 
Für die Situierung eines Kunstzentrums in Salz- 
burg sind bisher mehrere Plätze in Betracht 
gezogen worden. Vorschläge, außerhalb des 
engeren Stadtbereiches nach Möglichkeiten zu 
suchen, scheinen im Hinblick auf den besonderen 
Charakter der Stadt als Fußgängerstadt ver- 
fehlt. Anderseits scheint eine weitere Verdich- 
tung des Festspielbezirkes ebenfalls nicht wün- 
schenswert, abgesehen davon, daß gewisse var- 
geschlagene Standorte schon aus Raummangel 
auf Schwierigkeiten stoßen würden. 
Ein Freigelände ausreichender Größe ist im 
Zusammenhang mit dem eigentlichen Gebäude 
eine unabdingbare Forderung. 
Aus all diesen Gründen erscheint der hier als 
Standort vorgeschlagene Teil des Zwerglgortens, 
der zur Zeit sowohl in seiner Gestaltung als 
auch Funktion völlig vernachlässigt ist, allen 
Anforderungen in idealer Weise zu entsprechen. 
Der Platz liegt noch im Zentrumsbereich, ist 
jedoch im Grünen und räumlich nicht beengt. 
Gewisse bestehende Einrichtungen, wie der kleine 
Ausstellungspavillon (ehem. Vogelhaus), das ba- 
rocke Freilichttheater auf der Bastei, die im 
Mirabellschloß untergebrachte Stadtbibliathek 
und das geplante Barockmuseum, könnten in 
idealer Weise miteinbezogen werden. Eingänge 
sowohl von der Seite des Mirabellgartens als 
auch van der Schwarzstraße her garantieren 
eine maximale Erreichbarkeit. 
Bauliches Konzept: 
Es ist deutlich, daß bei einem Neubau an dieser 
Stelle mit größter Behutsamkeit vorgegangen 
werden muß. 
So ist der hier vorgeschlagene Entwurf denn 
auch kein „Gebäude", die äußere Erscheinung 
ist vielmehr eine aus dem bestehenden Niveau 
in mehreren Ebenen höhergeführte Serie von 
Terrassen. Diese sind begehbar und sollen als 
Freiausstellungsflächen dienen; Blumen und 
Sträucher trennen die einzelnen Niveaus. Be- 
sonders wurde darauf Bedacht genommen, doß 
kein einziger Baum geopfert werden muß. 
Beinahe die Hälfte des Bauwerkes ist unter der 
Erde, jedoch so angeordnet, daß mittels Glas- 
oberlichte ausreichendes Tageslicht in die 
Räume geführt wird. Ein weiterer Teil ist in die 
bestehende Bastei eingebaut, und zwar in einer 
Weise, daß an der äußeren Erscheinung - mit 
Ausnahme des Eingangs an der Mirabellgarten- 
seite - überhaupt nichts verändert wird. 
Von der Schwarzstraßenseite ist vom Gebäude, 
außer dem Eingang, nur eine mit Gras bewach- 
sene Böschung sichtbar. Ein kleiner Steg auf 
einer der oberen Terrassen schafft die Verbin- 
dung mit der Bastei, auf der sich das barocke 
Freilichttheater befindet. 
Innere Organisation: 
Zwischen den erwähnten beiden Eingängen er- 
schließt sich über mehrere Ebenen ein Komplex, 
welcher vielfältigsten Aktivitäten Raum bietet. 
Im Zentrum des Gebäudes sind die eigentlichen 
Ausstellungsräume, über mehrere Niveaus ver- 
teilt, verschieden hoch und von oben beleuchtet. 
Ein im Untergeschoß angeordneter, ebenfalls 
von oben belichteter Mehrzweckraum bietet Mög- 
lichkeiten für Veranstaltungen verschiedenster 
Art, von Mal- und Zeichenkursen für Kinder bis 
zu Tagungen usw. Der Vorführ- und Vortrags- 
saal ist stark abgetreppt, um beste Sicht- und 
Hörbedingungen zu gewährleisten. In beson- 
derem Maße sollen ideale Bedingungen für Film- 
vorführungen geschaffen werden, um hier eine 
zweite Heimstätte des ausgezeichneten Wiener 
Filmmuseums zu schaffen. 
Ein weiterer Saal ist unter der Bastei vorge- 
sehen, vom Mirabellgarteneingang direkt er- 
reichbar. Dieser Saal ist für festliche Anlässe, 
Diskussionsrunden, Seminare usw. gedacht. 
Gegenwärtig wird untersucht, ab das im Kriege 
beschädigte riesige Panoramagemälde von Hu- 
bert Sattler mit der Ansicht von Salzburg eben- 
falls hier untergebracht werden könnte. Wenn 
es sich bei diesem Gemälde auch künstlerisch 
um kein bedeutsames Werk handelt, so wäre 
doch denkbar, es im Rahmen eines audiovisuel- 
len Mehrzweckraumes als panoramaartigen Hin- 
tergrund anzubringen, vor den nach Bedarf 
Proiektionsflächen vorgezogen werden könnten. 
Die in diesem Projekt unterzubringenden Funk- 
tionen sind zur Zeit noch recht unvollständig 
erfaßt - so wäre noch etwa an eine Nachschlage- 
bibliothek gedacht, an ein Schallplattenarchiv mit 
Abspielstudios, weiters selbstverständlich an ge- 
nÜQend große Manipulotiansräume, Garagen, 
Lager usw. 
Eine Cafeteria steht sowohl mit den Ausstel- 
lungsräumen als auch mit einer davorliegenden 
Terrasse in Verbindung. 
Der umliegende Freiraum zwischen den Wänden 
der Basteien und den Terrassen des Kunstzen- 
trums kann in idealer Weise für Aktivitäten im 
Zusammenhang mit diesen verwendet werden, 
seien es Konzerte, Theateraufführungen, Aus- 
stellungen usw. Der im Park befindliche Kinder- 
spielplatz soll auch ausgebaut werden und eine 
besondere Bedeutung bekommen. 
Dieses Projekt kann nur ein erster Schritt in 
Richtung auf eine Verwirklichung sein. Viele 
Studien müssen noch gemocht werden, viele 
äußere Umstände und Bedingungen werden 
noch bedeutsam werden, bevor ein „Salzburger 
Kunstzentrum" Wirklichkeit werden wird - so 
soll das hier vorgestellte Projekt Grundlage für 
Programm und Diskussion, für Konzept und Or- 
ganisotion sein.
	        
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