Ein Kunstzentrum in Salzburg
Der Gedanke eines Salzburger Kunstzentrums
geht natürlich von vornherein von völlig anderen
Voraussetzungen aus, und jeder Vergleich muß
auf den ersten Blick als gesucht erscheinen.
Der Unterschied liegt jedoch nicht in einer
grundlegenden Verschiedenheit der Konzeption,
sondern in der Verschiedenheit der urbanen
Charakteristik, die jeder Stadt eigen ist, gleich
ab Weltmetropole oder, wie im Falle Salzburgs,
deren kulturelle Bedeutung - abgesehen von
seinen geographischen und baukünstlerischen
Qualitäten - nicht zuletzt auf dem glücklichen
Umstand beruht, daß Mozart in diesen Mauern
geboren wurde.
In der Tat nehmen die bildenden Künste im
Vergleich zur überragenden Bedeutung der Fest-
spiele tür das kulturelle Leben der Stadt einen
äußerst bescheidenen Platz ein.
Wohl sind durch die Sammerakademie in den
Jahren seit deren Gründung wichtige Impulse
ausgegangen, doch die räumliche lsoliertheit und
die - wahlberechtigte - Betonung auf den schuli-
schen Charakter dieser Institution begrenzen
deren Einfluß in ihrer Wirkung auf die künstle-
rischen Aktivitäten in der Stadt.
Hier liegt die Chance, die Notwendigkeit und
die Bedeutung dieses Kunstzentrums für Salz-
burg: die Totalität des Kunstgeschehens zu ver-
deutlichen.
Gewiß wird das Hauptgewicht der künstlerischen
Ereignisse während der Festspielzeit immer bei
der Musik, dem Theater liegen, aber auch hier
zeigen gerade Produktionen der letzten Jahre,
z. B. Inszenierungen von Kokoschka, von Tin-
guely, daß die zeitgenössische bildende Kunst
in immer stärkerem Maße integriert wird.
Eine der wesentlichsten Aufgaben dieses Kunst-
zentrums wird jedoch sein, das kulturelle Leben
aus seinem Saisoncharakter herauszuführen.
Die Lage:
Für die Situierung eines Kunstzentrums in Salz-
burg sind bisher mehrere Plätze in Betracht
gezogen worden. Vorschläge, außerhalb des
engeren Stadtbereiches nach Möglichkeiten zu
suchen, scheinen im Hinblick auf den besonderen
Charakter der Stadt als Fußgängerstadt ver-
fehlt. Anderseits scheint eine weitere Verdich-
tung des Festspielbezirkes ebenfalls nicht wün-
schenswert, abgesehen davon, daß gewisse var-
geschlagene Standorte schon aus Raummangel
auf Schwierigkeiten stoßen würden.
Ein Freigelände ausreichender Größe ist im
Zusammenhang mit dem eigentlichen Gebäude
eine unabdingbare Forderung.
Aus all diesen Gründen erscheint der hier als
Standort vorgeschlagene Teil des Zwerglgortens,
der zur Zeit sowohl in seiner Gestaltung als
auch Funktion völlig vernachlässigt ist, allen
Anforderungen in idealer Weise zu entsprechen.
Der Platz liegt noch im Zentrumsbereich, ist
jedoch im Grünen und räumlich nicht beengt.
Gewisse bestehende Einrichtungen, wie der kleine
Ausstellungspavillon (ehem. Vogelhaus), das ba-
rocke Freilichttheater auf der Bastei, die im
Mirabellschloß untergebrachte Stadtbibliathek
und das geplante Barockmuseum, könnten in
idealer Weise miteinbezogen werden. Eingänge
sowohl von der Seite des Mirabellgartens als
auch van der Schwarzstraße her garantieren
eine maximale Erreichbarkeit.
Bauliches Konzept:
Es ist deutlich, daß bei einem Neubau an dieser
Stelle mit größter Behutsamkeit vorgegangen
werden muß.
So ist der hier vorgeschlagene Entwurf denn
auch kein „Gebäude", die äußere Erscheinung
ist vielmehr eine aus dem bestehenden Niveau
in mehreren Ebenen höhergeführte Serie von
Terrassen. Diese sind begehbar und sollen als
Freiausstellungsflächen dienen; Blumen und
Sträucher trennen die einzelnen Niveaus. Be-
sonders wurde darauf Bedacht genommen, doß
kein einziger Baum geopfert werden muß.
Beinahe die Hälfte des Bauwerkes ist unter der
Erde, jedoch so angeordnet, daß mittels Glas-
oberlichte ausreichendes Tageslicht in die
Räume geführt wird. Ein weiterer Teil ist in die
bestehende Bastei eingebaut, und zwar in einer
Weise, daß an der äußeren Erscheinung - mit
Ausnahme des Eingangs an der Mirabellgarten-
seite - überhaupt nichts verändert wird.
Von der Schwarzstraßenseite ist vom Gebäude,
außer dem Eingang, nur eine mit Gras bewach-
sene Böschung sichtbar. Ein kleiner Steg auf
einer der oberen Terrassen schafft die Verbin-
dung mit der Bastei, auf der sich das barocke
Freilichttheater befindet.
Innere Organisation:
Zwischen den erwähnten beiden Eingängen er-
schließt sich über mehrere Ebenen ein Komplex,
welcher vielfältigsten Aktivitäten Raum bietet.
Im Zentrum des Gebäudes sind die eigentlichen
Ausstellungsräume, über mehrere Niveaus ver-
teilt, verschieden hoch und von oben beleuchtet.
Ein im Untergeschoß angeordneter, ebenfalls
von oben belichteter Mehrzweckraum bietet Mög-
lichkeiten für Veranstaltungen verschiedenster
Art, von Mal- und Zeichenkursen für Kinder bis
zu Tagungen usw. Der Vorführ- und Vortrags-
saal ist stark abgetreppt, um beste Sicht- und
Hörbedingungen zu gewährleisten. In beson-
derem Maße sollen ideale Bedingungen für Film-
vorführungen geschaffen werden, um hier eine
zweite Heimstätte des ausgezeichneten Wiener
Filmmuseums zu schaffen.
Ein weiterer Saal ist unter der Bastei vorge-
sehen, vom Mirabellgarteneingang direkt er-
reichbar. Dieser Saal ist für festliche Anlässe,
Diskussionsrunden, Seminare usw. gedacht.
Gegenwärtig wird untersucht, ab das im Kriege
beschädigte riesige Panoramagemälde von Hu-
bert Sattler mit der Ansicht von Salzburg eben-
falls hier untergebracht werden könnte. Wenn
es sich bei diesem Gemälde auch künstlerisch
um kein bedeutsames Werk handelt, so wäre
doch denkbar, es im Rahmen eines audiovisuel-
len Mehrzweckraumes als panoramaartigen Hin-
tergrund anzubringen, vor den nach Bedarf
Proiektionsflächen vorgezogen werden könnten.
Die in diesem Projekt unterzubringenden Funk-
tionen sind zur Zeit noch recht unvollständig
erfaßt - so wäre noch etwa an eine Nachschlage-
bibliothek gedacht, an ein Schallplattenarchiv mit
Abspielstudios, weiters selbstverständlich an ge-
nÜQend große Manipulotiansräume, Garagen,
Lager usw.
Eine Cafeteria steht sowohl mit den Ausstel-
lungsräumen als auch mit einer davorliegenden
Terrasse in Verbindung.
Der umliegende Freiraum zwischen den Wänden
der Basteien und den Terrassen des Kunstzen-
trums kann in idealer Weise für Aktivitäten im
Zusammenhang mit diesen verwendet werden,
seien es Konzerte, Theateraufführungen, Aus-
stellungen usw. Der im Park befindliche Kinder-
spielplatz soll auch ausgebaut werden und eine
besondere Bedeutung bekommen.
Dieses Projekt kann nur ein erster Schritt in
Richtung auf eine Verwirklichung sein. Viele
Studien müssen noch gemocht werden, viele
äußere Umstände und Bedingungen werden
noch bedeutsam werden, bevor ein „Salzburger
Kunstzentrum" Wirklichkeit werden wird - so
soll das hier vorgestellte Projekt Grundlage für
Programm und Diskussion, für Konzept und Or-
ganisotion sein.