lan, Glas und Silber. Hier spiegelt sich das tra-
ditionsreiche englische Sammlerleben augenfäl-
lig wider, was so weit führt, daß bei ähnlichem
Interesse deutscher Autoren diese ihre Arbeiten
zur Erstveröffentlichung ins Englische übersetzen
lassen, damit sie überhaupt erscheinen können,
wie die kunst- und kulturgeschichtliche Arbeit
über das Taschentuchf. lm deutschen Sprachraum
widmet sich dieser Sammlerinteressen der Braun-
schweiger Verlag Klinkhardt 8. Biermann, und
das schon seit der Jahrhundertwende. Die in-
zwisdien auf fast 50 Bände angewachsene Reihe
in Neubearbeitung „Bibliothek für Kunst- und
Antiquitötenfreunde" ist eine verlegerische Mei-
sterleistung, die in Zusammenarbeit ieweils mit
den besten Fachwissenschoftlern zustande ge-
kommen ist.
5. Zu den Grundpfeilern der Kunstgeschichte ge-
hören Künstlermonographien und Cfuvreverzeich-
nisse. Diese Standardwerke der Forschung wer-
den heute nur noch zum Teil von den Verlagen
allein realisiert. Allerdings gibt es auch populäre
Künstlermonographien, die einen größeren Käu-
ferkreis erreichen. Die kritischen Werkkatalage
sind im allgemeinen nur dann noch als reine
Verlegerobiekte realisierbar, wenn es sich um
Graphikkataloge alter und moderner Meister
handelt, die auch vom Kunstmarkt benötigt
werden. Aktuelles Beispiel hierfür in Österreich
ist die Edition Tusch, die ursprünglich im altre-
nommierten Schroll-Verlag erschien, seit kurzem
aber selbständig ist. Erstaunlich ist es, daß in
dieser teuren Buchgattung der Monographien vor
wenigen Jahren es einigen italienischen Verlagen
gelungen ist, hier Bücher mit guten Farbabbildun-
gen und fachwissenschaftlich einwandfreien Tex-
ten zu konkurrenzlos niedrigen Preisen anzu-
bieten?
6. Sehr unterschiedlich im Wert ist das Kunstbuch
als „Bilderbuch" in seinem wissenschaftlichen
oder auch volksbildnerischen Nutzen. Diese „Bil-
derbücher" existieren als Künstlermonographien,
bestehend aus Abbildungen mit einer kurzen
wissenschaftlichen oder allgemein formulierten
Einleitung. Sie existieren als repräsentative Über-
blicke über die Spitzenstücke großer Kunstsamm-
lungen, wo gerade die Ostblockländer aus-
gezeichnete und preisgünstige Publikationen
auch in deutscher Sprache liefern. Innerhalb
dieser Kunstbuchgattung bürgern sich die Lizenz-
ausgaben mit Übersetzungen in verschiedene
Sprachen immer mehr ein, eine erfreuliche Ent-
wicklung und wissenschaftlich fundierte Ergän-
zung zu den Reiseführern. Problematisch sind
dieienigen „Bilderbücher", denen man es an-
merkt, daß die Verleger Klischees zusammen-
gestellt haben, um ein repräsentatives Ver-
kautsobiekt für einen auf dem Gebiete der
Kunst unsicheren Käufer zu produzieren. Wenn
es den Herausgebern dann noch gelingt, pro-
minente Fachleute für einen Einführungstext zu
gewinnen, so daß deshalb wissenschaftliche
Bibliotheken gezwungen werden, diese Werke
ebenfalls kaufen zu müssen, kann man sie nur
als das „ärgerliche Kunstbuch" bezeichnen.
7. Das teuerste Kunstbudi ist das Faksimile,
das sich fast ausschließlich der Reproduktion der
großen Bilderhandschriften des Mittelalters und
der Renaissance annimmt, es gibt aber auch
Faksimiles von Meisterwerken der Handzeich-
nungen des 20. Jahrhunderts, wie beispielsweise
von Henry Moore's Shelterbook. Größtenteils
sind diese Veröffentlichungen eine verdienstvolle
Leistung, da sie Unikate multiplizieren und
außerdem diese Kostbarkeiten in ihrem derzei-
tigen Erholtungszustand für die Nachwelt be-
wahren. Besonderes Verdienst hat sich auf die-
sem Gebiet die Akademische Druck- und Ver-
lagsanstalt in Graz erwarben. Für ihre Reihe
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„Codices Selecti" arbeiten die besten Fachwis-
senschaftler. Leider gibt es auf dem Gebiet der
Faksimileherstellung auch unerfreuliche Ergeb-
nisse, wenn beispielsweise für die Reproduk-
tionen nicht sorgfältig gearbeitet wird und man
das Format verändert. - Der Reprint spielt beim
Kunstbuch nicht die Rolle wie bei anderen Fä-
chern, es liegen nur einige Zeitschriften im
Reprint vor, üblicher hingegen ist der Neudruck
einzelner Zeitschriftenaufsätze guter Autoren
unter einem zusammenfassenden Titel, so daß
ein quasi neues Buch entsteht.
B) Das subventionierte Buch
l. Die Veröffentlichung großer wissenschaftlicher
Arbeiten, gleichgültig ob es sich um Einzelfor-
schungen oder um Teamwork für Speziallexika
handelt, sind ohne ein Mäzenatentum nicht mehr
durchführbar. Große Stiftungen, wie die Deutsche
Forschungsgemeinschaft, die Fritz Thyssen-Stif-
tung, die Stiftung Volkswagenwerk und die
Kress Foundation, arbeiten mit Verlagen zu-
sammen, um das Erscheinen beispielsweise des
„Reallexikons zur deutschen Kunstgeschichte",
des „Lexikans zur christlichen lkonographie" oder
des traditionsreichen „Handbuches der Kunst-
denkmöler", kurz „Der Dehio" genannt, zu er-
möglichen. Der Fritz Thyssen-Stiftung ist in Zu-
sammenarbeit mit dem Prestel-Verlag, München,
die große Reihe zur wissenschaftlichen Erschlie-
ßung der europäischen Kunst des 19. Jahrhunderts
zu danken, und die Kress Foundation ediert in
hervorragender Weise ihre eigenen Sammlungs-
bestönde und kann diese Kataloge an die gra-
ßen Museen der Welt verschenken.
2. Eine besonders erfreuliche Art des guten
Kunstbuches gelingt einigen wenigen Firmen an-
läßlich ihrer Jubiläen oder zum Jahreswechsel.
Hervorragende Beispiele hierfür sind das Werk
von D. Leistikow über die „Haspitalbauten in
Europa aus zehn Jahrhunderten", ermöglicht
durch die Werke C. H. Boehringer Sohn in lngel-
heim, das Buch „Vom Wachs", herausgegeben
von den Farbwerken Hoechst, und die ausge-
zeichnet bebilderte Reihe mit mehrsprachigen
wissenschaftlich fundierten, trotzdem allgemein
verständlichen Texten „Kunst aus Österreich",
getragen von der Vöslauer Kammgarnfabrik.
Der Kunstkalender mit hervorragenden Repro-
duktionen und ebenso guten Texten als Weih-
nachtsgeschenk von Banken und Versicherungen
gehört längst zum guten Kunst-„Buch".
3. Große Bedeutung kommt einigen wenigen
Vereinen zu, die mit dern Ziel gegründet wur-
den, wissenschaftliche Kunstbücher herauszuge-
ben. Es sind dies in Deutschland der Deutsche
Verein für Kunstwissenschaft in Berlin, in der
Schweiz die Gesellschaft für schweizerische
Kunstgeschichte. Die Beiträge der Mitglieder
dieser Vereinigungen garantieren eine jährliche
Mindesteinnahme, und die Vereinsvorstände ge-
währleisten als Experten den wissenschaftlichen
Wert der Veröffentlichungen, so daB diese Ver-
eine zu ihren eigenen Einnahmen fallweise Zu-
schüsse von Stiftungen, Privatpersonen oder auch
der öffentlichen Hand erwirken können. Auch die
große Anzahl der historischen Zeitschriften muß
in diesem Zusammenhang erwähnt werden, da
die kunsthistorische Lokalforschung in diesen
Periodica bestens aufgehoben ist. - Ähnlich in
seiner Zielrichtung wie diese Vereine, nur in viel
größerem Rahmen, ist in Großbritannien die
Institution of Her Maiesty's Stationery Office
tätig. Sie ediert eine Fülle großer und kleiner
Veröffentlichungen der britischen Museen, die
sehr preisgünstig sein können, da dieser Heraus-
geber ohne Gewinn arbeitet.
Anmerkungen 4, 5
' M. Braun- onsdorf: The History of the handkerchief. Leigh-
an-Sea: Lewis 1967.
5 „Classici dell'Arte" bei Riuoli Editare in Mailand, z. B.
Buchbesprechungen
Paul Vogt: „Geschichte der deutschen Malerei im
20. Jahrhundert". 592 Seiten mit 68 Farbtafeln
und 315 einfarbigen Abb., Zeichnungen.
Künstlerverzeichnis und Bibliographien. Format
24 x 28 cm. Verlag M. DuMont-Schauberg, Köln
1972. DM 120.-.
Ob das Wagnis, die Geschichte der deutschen
Malerei des 20. Jahrhunderts im Jahre 1972 aus dem
Nahobiektiv des Zeitgenössischen und des
unmittelbar Vergangenen darzustellen, geglückt ist,
wird erst in einem halben Jahrhundert beurteilt
werden können. Die Kunst vor dem zweiten Welt-
krieg wird dabei wohl am gültigsten dargestellt
erscheinen. Die Auswahl der Zeitgenossen ist
naturgemäß subiektives Bekenntnis, persönliches
Erlebensresultat, eingeschränkt durch regionale und
besondere Aspekte des Verfassers. Sie sind dennoch
repräsentativ und gerade in der Subjektivität der
Auswahl faszinierend. Hervorragende Farb-
tafeln, eine ausgewählte Bibliographie, die den
Interessierten zu weiterem Studium anregt.
AMK-Prädikat: Handbuch, aktuell, populärwissen-
schaftlich. KR
Corpus Vitreorum Medii Aevi - Österreich, Band
ll, Niederösterreich, 1. Teil
Frodl-Kroft, Eva: Die mittelalterlichen Glasge-
mälde in Niederösterreich, 1. Teil: Albrechtsberg
bis Klosterneuburg.
Bibliographie und historische Dokumentation, be-
arbeitet von Erno Lifsches-Horth. Mit Beiträgen
von Walter Koch und Manfred Wehdorn. Im
Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Wien, Köln,
Graz. Quart. LX, 239 Seiten, XXl Tafeln (davon
8 farbig), 168 Bildseiten mit 940 Abb., zahlreiche
Textabbildungen. Leinen. 1972. ÖS 1200.-.
Als zweiter Band der österreichischen Reihe einer
großen internationalen Unternehmung, die unter
der Mitwirkung des internationalen Kunsthistoriker-
Komitees und mit finanzieller Förderung der UNESCO
den gesamten europäischen Bestand an mittelalter-
licher Glasmalerei erfassen soll. Die von Eva Frodl-
Kraft betreute gründliche topographisch gegliederte
Bestandsaufnahme der niederösterreichischen Glas-
gemölde von Albrechtsberg bis Kloslerneuburg ist mit
wissenschaftlicher Gründlichkeit durchgeführt
worden. Es ist nur zu hoffen, daß diese ungewöhn-
lich groß angelegte Reihe in dieser monumentalen
Form bis zum Ende durchgezogen werden kann.
Jede Scheibe ist ausführlich beschrieben und
abgebildet. Die Katalogtexte sind durch ausführliche
Beschreibungen der Erhaltung und Farbigkeit sowie
durch ikonographische Notizen erweitert. Die acht
Farbtafeln sind von hervorragender Qualität.
Quellen in extenso, Rekonstruktionszeichnungen mit
ganzen Verglasungen, ein Anhang über verschollene
Werke, ein ikonographisches und ein Sachregister
neben dem Personen- und Ortsverzeichnis runden
das Werk zu einer höchsten Ansprüchen
genügenden Leistung. Freilich ist auch der Aufwand
beträchtlich. Es ist kaum zu erhoffen, derartige
Aufwendungen für Bestandsaufnahmen auf anderen,
mindestens ebenso bedeutsamen Gebieten der
Kunstdenkmöler zu ermöglichen.
AMK-Prädikat: kunsttopographische Bestandsauf-
nahme, allen wissenschaftlichen Ansprüchen
entsprechend, höchste drucktechnische Qualität.
Kurt Rossacher
Werner Spies, Rudolf Hoflehner - Kriauer
Kreaturen. Verlag Anton Schroll 8. Co
Wien-München, 1971, 82 Seiten, öS 380.-.
Eine Bestandsaufnahme des graphischen Werkes
Rudolf Hoflehners. Der umfangreiche einleitende
Aufsatz van W. Spies geht von der Plastik des
Künstlers aus. Beschreibend und analysierend
versucht der Autor, Haflehners Abrücken von diesem
Schaffen zu ergründen. Auch die graphischen
Vorläufer der Radierungen und Lithographien
(s. S. 59 ff.)
C Unser Autor:
Dr. Elisabeth Rücker,
Direktor der Bibliothek des
Germanischen Notionalmuseums,
D-Nürnberg 85, Kartäusergasse l