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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 124 und 125)

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und Graveurakademie", wie sie auch genannt 
wurde. Eine der wichtigsten Aufgaben dieser 
Institution war die künstlerische Schulung und der 
Zeichenunterricht für die bürgerlichen Handwerker. 
Die günstigen Auswirkungen ließen nicht auf sich 
warten. Bald veränderten auch die Möbel ihr 
Aussehen - nicht nur durch den Stilwandel 
bedingt -, sondern indem sie ihre provinzielle 
Hausbackenheit zugunsten eleganterer Formen 
aufgaben. Kostbare exotische Hölzer wurden 
verwendet und, was das wichtigste war, auf eine 
exakte Ausführung wurde viel mehr Wert gelegt 
als bisher. Schließlich ging man auch hierzulande 
dazu über, die Möbel noch zusätzlich mit Bronze- 
Verzierungen auszustatten, was bisher nie 
geschehen war. 
Wien hatte den Anschluß an die für alle Fragen der 
Geschmackskultur tonangebende französische 
Hauptstadt gefunden. Diese Verbindung legte den 
Grund dazu, daß man von nun an bis weit in das 
I9. Jahrhundert van einem Wiener Möbelstil 
sprechen konnte, dessen eigenständige und höchst 
reizvolle Lösungen sich unschwer neben den 
Erzeugnissen anderer Metropolen behaupten 
konnten. 
Um eine Vorstellung von der Leistungsfähigkeit 
eines führenden Wiener Tischlerbetriebes iener Zeit 
zu geben, sollen hier einige Auszüge aus dem 
Verlassenschaftsinventar nach Meister Augustin 
Haunold folgen, der seit 1758 die Stelle eines 
Hoftischlers innehatte und 1805 starb. Die Werk- 
stätten seines Hauses in der Jägerzeile Nr. 17 
waren mit nicht weniger als 50 Hobelbänken 
eingerichtet. Außerdem standen ihm noch drei 
weitere Werkstätten zur Verfügung: eine in der 
Hofburg mit vier Hobelbönken, eine in Schönbrunn 
mit fünf und eine in Laxenburg mit vier Hobel- 
bönken. An fertigen Arbeiten waren neben einigen 
Schublad- und Tailettekösten auch 56 Mustersessel 
„von verschiedener Art" vorhanden - wohl eine 
sehr beachtliche Anzahl. Darüber hinaus hatte 
Haunold hunderte van Parkettafeln gelagert; solche 
aus massivem Eichen- oder Nußbaumholz, solche, 
die mit Nußbaum- oder Ahornhalz furniert und mit 
Eichenholz eingefaßt waren, und schließlich furnierte 
„Mustertafeln". Der Materialvorrat umfaßte eine 
reiche Auswahl aller iener Holzsorten, die damals 
bei Möbeln von Qualität zur Anwendung kamen: 
Kaiser-, Pernambuca-, Yukatan-, Fegetin-, Schlangen-, 
Veilchen-, Mahagani-, Rosen-, Oliven-, Lignum 
Sanctum-, Eben- und Sandelholz. Es kann kein 
Zweifel darüber bestehen, daß sich unter den 
Möbeln des kaiserlichen Hofes gewiß nicht wenige 
befinden, die aus Haunolds Werkstatt hervorge- 
gangen sind. Doch hat es die Forschung bisher 
nicht vermacht, das Werk dieses Wiener Meisters 
so zu erfassen, wie ihr das für seine Zeitgenossen 
Riesener in Paris und Roentgen in Neuwied schon 
längst gelungen ist. Franz Windisch-Graetz
	        
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