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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 127)

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Künste vorwiegend im Dienste der Kirche. Mit 
Beginn der Renaissance mußte die kirchliche 
Kunst ihre Vorherrschaft an die profane ab- 
geben. Nicht mehr die Kirchen und Klöster wa- 
ren die bevorzugten Aufgaben, sondern die 
Repräsentationsbauten, die Landhäuser, die Rat- 
häuser, die Türme, Stadttore und Bürgerhäuser 
traten an ihre Stelle. Sie übertrafen bei weitem 
die sakrale Baukunst, die nur durch wenige 
bescheidene Monumente bezeugt ist. Allein 
die Mausoleen und Grabmäler, die jetzt den 
habsburgischen Fürsten und den adeligen Her- 
ren in den Kirchen oder in deren Nähe errichtet 
wurden, bekundeten noch die Bindung an die 
Religion und den Einfluß der katholischen Kir- 
che. Der ganze Nachdruck des Kunstschaffens 
lag besonders in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- 
hunderts auf dem Profanbau. Hier wurde der 
größte Wert aber nicht nur auf die architektoni- 
schen Details des Außenbaues gelegt, sondern 
gleicherweise auch auf die Ausgestaltung des 
Inneren, auf die Höfe und Wohnräume. Diese 
erhielten eine Ausstattung und einen Hausrat, 
die den neuen Stiltendenzen, dem modernen 
„welschen" Geschmack, entsprachen. 
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Diese Aufträge wurden von den ansässigen 
Handwerkern ausgeführt, lockten aber auch 
viele fremde, süddeutsche und italienische 
Künstler und Handwerker in die Städte, die zu- 
meist als Hofbefreite keinem Zunftzwang unter- 
worfen waren. Den in den Zünften organisier- 
ten bürgerlichen Handwerkern erwuchs dadurch 
eine starke Konkurrenz. Dieser innerstädtische 
Wettbewerb aber bewirkte schließlich, daß das 
technische Können anstieg, daß eine Differenzie- 
rung und Spezialisierung eintrat, das Niveau der 
Leistungen merklich anstieg und höher als in den 
vorangegangenen Zeiten lag. Da alle künst- 
lerischen Zweige organisatorisch und wirtschaft- 
lich noch ganz dem Handwerk und seinen zünf- 
tigen Organisationen eingefügt woren und iede 
Ausbildung rein handwerksmößig vor sich ging, 
war die einwandfreie Qualität der Leistungen 
weitgehend gesichert. Das Anwachsen des Wohl- 
standes erweckte allseits das Bedürfnis, das Le- 
ben und seine Umwelt auch nach ästhetischen 
Gesichtspunkten zu gestalten. Die Durchdrin- 
gung aller Lebensgewohnheiten mit ästhetisdien 
Werten brachte eine einmalige Blüte des Kunst- 
handwerkes hervor. Innerhalb der Wohnkultur 
 
neigte man immer mehr dazu, die kostbr 
und teueren Materialien zu verwenden, wüns- 
man Procht- und .Prunkstücke, bei denen 
Schmückungszweck, die künstlerisch-dekoro 
Aussage, im Vordergrund stand. Nicht mehr 
dienende Funktion stand im Mittelpunkt, s 
dern die materielle und ästhetische Eigens 
tigkeit und Originalität, der künstlerische Sel 
zweck. Allein dieser machte die Bilder, Skul 
ren, Möbel, Textilien, die Arbeiten der Gold- 
Silberschmiede, die Waffen, keramische, gläse 
und schmiedeeisenen Erzeugnisse zu begeh 
Objekten, deren Besitz man erstrebte und 
deren Freude sich eine bisher unbekannte S 
melleidenschaft entwickelte. Die Wertschätz 
der künstlerischen und kunsthandwerklichen l 
duktion und die Konzentration auf ihre Eig 
werte brachten den Kunstliebhaber, den Ken 
Sammler und Händler hervor. Zum ersten 
traten diese Menschentypen, welche die Se 
bilitcit der Augen mit dem Künstler gemein 
hatten, ietzt in größerer Zahl auf. 
Aus dieser Situation entstanden nicht nur 
bürgerlichen „Kunststübleins", sondern auch 
fürstlichen Sammlungen, die Kunst- und Wuni
	        
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