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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 129)

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Rahls Entwürfen für den Vorhang zur tragischen 
Oper die Dominanz des Mittelbildes sowie das 
Fehlen des Bild und Ornament harmonisch 
verbindenden dekorativen Grundcharakters aus- 
zusetzen hatte. 
Laufberger erlangte nicht zuletzt durch seine 
Tätigkeit als Zeitschriftenillustrator - er zählte 
zu den prominentesten Mitarbeitern des „Figaro" 
- einen flüssigen und schmiegsamen zeichneri- 
schen Ausdruck. ln diesem besitzt die souveräne 
Zeichenkunst Gustav Klimts eine ihrer wesent- 
lichsten Voraussetzungen. Als Professor für figür- 
liches Zeichnen an der Wiener Kunstgewerbe- 
schule war Laufberger der Lehrer Franz von 
Matschs und der Brüder Klimt. 
Franz Dobyaschofskys Kartons für die Wand- 
und Deckenbilder des Haupttreppenhauses ver- 
treten einen spätromantischen Monumentalstil, 
der bereits die sich allgemein anbahnende Hin- 
wendung zu barocker Bewegtheit erkennen läßt. 
Das Deckenmittelbild mit der weiblichen Alle- 
gorie der „Anerkennung" kann als eines der 
frühesten neobarocken Werke innerhalb der 
Ringstraßenzone gelten. Der 1867 erst neun- 
undvierzigiährig verstorbene Künstler weist mit 
seinen für das Opernhaus geschaffenen Wer- 
ken deutlich auf die kommende Stilentwicklung 
voraus. 
Den mit Abstand größten Bestand an Opern- 
kartons verdanken wir dem nahezu unbekannten 
Rahl-Schüler Eduard Bitterlich. Er und Christian 
Griepenkerl, gleichfalls ein Schüler Carl Rahls, 
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übernahmen nach dem Ableben ihres Lehrers im 
Jahre 1865 die schwierige Aufgabe, die klein- 
farmatigen Olskizzen für die Deckenbilder des 
Zuschauerraumes und für den Vorhang zur tra- 
gischen Oper auszuführen. Während Griepen- 
kerl die Leinwandbilder zu malen hatte, be- 
stand Bitterlichs Anteil in der Ausarbeitung 
sämtlicher Bildkartans. Von den ursprünglich 34 
Kartons ist lediglich einer in Verlust geraten. 
Ein Blick auf die im Kupferstichkabinett der 
Akademie der bildenden Künste in Wien be- 
findlichen Farbentwürfe Carl Rahls macht deut- 
lich, was Bitterlich innerhalb kürzester Zeit - die 
Hauptarbeit fiel in das Jahr T865 - physisch und 
künstlerisch leistete. Aus den winzigen Farb- 
skizzen entstanden überwältigend schöne Kohle- 
zeichnungen von teilweise geradezu riesenhaften 
Ausmaßen. So mißt das Hauptbild des Vorhan- 
ges 2,62 x 3,l7 Meter! Bitterlich konnte nicht ein- 
fach die Entwürfe ins große Format übersetzen, 
dies war wegen ihres flüchtigen Charakters un- 
möglich. Seine Leistung bestand vor allem in 
der schöpferischen Interpretation der Skizzen. 
Bitterlich schuf mit den Kartons eine monumen- 
tale Gestoltwelt von packender Wirkung und 
weitgehender künstlerischer Eigenständigkeit. Es 
sind heroische Bilder von dramatischer Wucht 
und formaler Strenge, zu denen sich weder im 
Opernhaus noch sonstwo in der zeitgenössischen 
österreichischen Kunstszene Vergleichbares fin- 
den läßt. Der damals erst einunddreißigiährige 
Künstler erreichte unter dem Eindruck von Rahls 
Bdchler, Kdtl: Gemalte Theatervorhänge in usiiii 
iind Usterreich, München im. 
Bitterlicti, Rudolf: Ein Teil des Lebenswerkes Ediiisrd 
lichs, 1833-1872, iiriitsrdirsriiiisiiibs Misriiisirritst, wie! 
(Wien, Akademie der bildenden kiinstsl, 
Frimmel, Tlteodßr: Ferdinand Laufberger (gebot! 
16. Februar 1829, gestorben 0m 16. liili 1881), in: vi 
nis der Skizzen, Studien, Gemälde, REprOdUktlOm 
iaridisr diis dem Niibiiliisss VON Ferdinand ldiii 
Wien iaez, s. i-ii. 
Fröhlich, Erwin: Der Historierimaler Karl Josef 
(15. Dezember 1822 bis 19. Oktober 1905), iinvsrdii 
tes Mdniisirritst, Wien was (Wien, ridndsdirittsnsdi 
der Österreichischen Nationalbibliothek). 
Griepenkerl, Christian: Arbeitsiahrbucli 1855-188 
Auswahlvevzeichnis VON seinen Werken mit Preisen, 
öffentlichtes Manuskript, Wien 1881 twtsii, Akaden 
bildenden Künste). 
Grimschitz, BfUttD: Die ästerreichisdie 
Jühfltuttcletl, Wien im. 
Hentl, Friedrich Ritter VON: Das neue Hafapevnthe 
Wien, dessen Entstehung, äußere iind innere Gestd 
tlClttUng, Bestimmung . . ., unveröffentlichtes Mdri 
Wien 187D (Wien, Allgemeines vsrwisltiingsdrriiivt. 
Hoffmann, HGns-Cllrlstßplt-KTGUSE, wditsr-kiiiitsdilrr 
nar: Das Wiener Opernhaus (Die Wiener Ringstraße 
einer Epotlte, sd. Vllllt), wibsbddsn im. u 
Mddieru, Wolfgang: CGtl Misdtsrbs TOQQbUCliblütt 
Briefe, Regensburg-Rom um. _ 
Roessler, AfthUf: Karl eisiger, In: Schwarze rdiinsr 
KÜnStleriOtentartl, Wien-Leipzig 1922, s. 68-7l_. A, 
Schickh, Richard E. : Eduard v. Engerth. psitrdgbd 
BlOQrOpllle des Künstlers iind ssinss Kreises, Wie 
Sedlmayr, HUnS: vsrliist dbr Mitte. DIE bildende KU 
w. iind 20. Jahrhunderts bis Symptom und Symbol d 
Süllburg im. _ _ 
Trost, AlQlS: Mürltl V00 ssiiwirid und dds Wiener 
lndiis, lrt: JdltfbUClt der KUrßlltlStOVlSClten Sammlung 
0h. xisisisriidiisss, ad. 21, 1900, s. 112-116. 
ÄUSStellUngskOfOlOge: _ 4 
Maritz VDn Schwind - Entwürfe ZU seinen DEkOfütH 
der Wiener Oper, 37. Wechselausstellung der ostr 
sdien Glllefle, Wien 1955156. _ 
JUlJllÖIJmSGUSSlellUrlg loo idiirs Wiener Oper dir 
Wien 1969. , 
Die Kbrtbns iiir die Blldllüiätdlluttg des wisnsr on 
ses, Graphische Sümmlurtg Albsrtinn, wiiin 1973 i. 
lung 1mm in sdildß Grafenegg bsi Krems, N0). 
Zeichnung 
 
klassischer Monumentalkunst kometenhaf 
Höhepunkt seines Schaffens, aus dem ih 
wenige Jahre später - 1872 - der Tod riß. 
Im Gegensatz zu Engerths Orpheus-Zyklu: 
in den Varhongbildern die tragische "l 
dimension des Mythos vom thrakischen St 
seiner Liebe und dem unerbittlichen Scl 
ausgelotet. Mehr noch: der Betrachter 
vom mythischen Geschehen gewissermaße 
mittelbar betroffen - in der Hauptszene, 
Orpheus den Herrscher der Unterwelt u 
Rückgabe Eurydikes anfleht, erblickt er Ral 
die anderen Künstler, die während der l 
tung des Opernhauses verstarben. Der lit 
würdigen Tagwelt der Schöpfungen Eng 
Geigers und Laufbergers steht in den E 
des Vorhangs zur tragischen Oper unver 
und drohend das Schattenreich gegenüber. 
l Unser Autor: 
Dr. Werner Kitlitschka 
Bundesdenkmalamt 
Hafburg-Schweizerhof-Säulenstiege 
lOlO Wien
	        
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