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lgnaz Günther hat in München vor allem Roman
Anton Boos (1733-1810) sich stilistisch am Relief-
stil J. B. Straubs orientiert, wobei er diese Art
der Reliefgestaltung bis in die Anfänge des Ro-
kokoklassizismus fast unverändert beibehielt.
Dies ist zu erkennen, wenn man ein Relief van
R. A. Boos, „Heilung des Blinden" (114 x 60 cm),
einst am Korpus der Kanzel (1782) in der Mün-
chener Frauenkirche, mit den Wiener Straub-
reliefs vergleicht. Dies ist künstlergeschichtlich
insofern aufschlußreich, als der alte Bildhauer
(gest. 1784) die Entstehung eines solchen Werks
noch selbst miterlebt hat". Die Perfektion in der
technischen Durchführung dieses Reliefs, das von
R. A. Boas, dem Schüler bzw. dem späteren
Schwiegersohn des Künstlers, geschnitzt wurde,
kann iedoch keinesfalls darüber hinwegtöuschen,
daß die rund ein halbes Jahrhundert ölteren
Wiener Straub-Reliefs in der künstlerischen Erfin-
d ng den jüngeren Stücken bedeutend überlegen
sl
Zwischen der gerade damals in Wien besonders
im Flar stehenden Kunst des Reliefs einerseits
und dem charakteristischen Reliefstil Straubs
andererseits gibt es stilistisch keine Berührungs-
punkte. Der gleiche Sachverhalt ergibt sich, was
nicht überrascht, zwischen dem Stil der Wiener
Großplastik jener Zeit und dem der Skulpturen,
die Straub damals in Wien schuf: nachzuprüfen
bei den Figuren an der Kanzel in Laxenburg.
Der Straubsche Reliefzyklus kann es in der
Qualität überraschenderweise mit gattungsglei-
chen Werken aufnehmen, die der Wiener Prota-
gonist Georg Raphael Donner" schuf, wabei
freilich zu berücksichtigen ist, daß von diesem
so gut wie keine Halzreliefs bekannt sind. Aus
einem solchen Vergleich ergibt sich weiterhin,
daß bei Straub die Stilfixierung - auch auf dem
Gebiet des Reliefs - längst abgeschlossen war,
bevor er sich, auf der Wanderschaft, für einige
Jahre in Wien niederließ. Bei der sich anschlie-
ßend ergebenden Frage, welche Reliefs im
künstlerischen Werdegang Straubs als stiIbilden-
des Element vorausgesetzt werden müssen, ist
hier in erster Linie auf "n überaus reich ausge-
stattetes Chorgestühl mit einem umfangreichen
Reliefzyklus hinzuweisen, das der aus Uberlingen
stammende Bildhauer Georg Anton Machein
(1685-1739) "' für die ehemalige Prämanstraten-
serklasterkirche in Schussenried zwischen 1715
und 1718 angefertigt hat. Hier, d. h. in der
Kunstlandschoft Oberschwaben, liegen unserer
Ansicht nach die unmittelbaren Voraussetzungen
für die Reliefschnitzkunst des schwäbisch-bayeri-
schen Bildhauers J, B. Straub. Der von diesem
Meister gegen 1732 vollendete Reliefzyklus, der
in der vorliegenden Arbeit erstmals veröffent-
licht wird, gehört zweifellos zum Bedeutendsten,
was auf diesem Gebiet im vortheresionischen
Wien geschaffen wurde.
23 J. B. Straub, Chorgestühl, um 1755. Eichenholz,
Aufsatz in Weiß und Gold gefaßt. Schdftlarn,
ehem. Prämonstratenserklosterkirche
24 G. A. Machein, Chargestühl, Südseite, 1715-
1718. Nußbaum geschnitzt. Schussenried, ehem.
Prömanstratenserklosterkirche St. Magnus
c Unser Autor;
Dr. Gerhard P. Woeckel
Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Forschungsunternehmen
Q-München, Meiserstraße 10
Anmerkungen 8-10
' R. Jonen, Roman Anton Boos in: Münchner Jahrbuch der
bildenden Kunst, N. F., 1937130, Xll, S. 281 ff., bes. S. 296
mit Kat. m, s. 30a (Gegenstücke im Bayerischen Natio-
rlalmuseum in München] - Weinmüller Aukt. 146 v. 14.,
15. u. 16. 3. 1973, Kot-Nr. 1070 (Umschlag-Abo).
' Bei dem Versuch, DonnerrReIie s mit solchen von Straub
in Wien zu vergleichen, stößt man auf zeitliche Schwierig-
keiten, sind doch die Reliefs des Erstgenannten meist er-
heblich später entstanden. Die Donner-Reliefs
Kanzel im Dom zu Gurk wurden beispielsweise so
um lnom gegossen. Vgl. K. Blauensteiner,
Raphael Donner, Wien W44, s, 44 mit Nr. swz, s
den Abb. awz.
lnrliea xxlll, s. slsxsia (unter „Mclchus".) Vgl
o. Woeckel, Johann Joseph Christian von Riedllng
aberschwäbisrher Bildhauer des Rokoko, Lindau u
stanz 195a, s. 71a.