Heimanski-Ausstellung, Brünn 1973
Selbstporträt, was,
Tempera, 49 x 40 cm
Martin Heimansky
Vertikale, 1972
Metall, H 21a cm
Obiekt, 1972
Metall, 110 cm
Martin Heimanskv
Ein Prager Wotruba-Schüler
Die Wiener Schulung bei Professor Fritz Wotruba
gab Martin Heimansky einen grundsätzlichen
Impuls zu eindeutiger Zielsetzung, die von der
schrittweisen Abstraktion des realen, figuralen
Modells bis zu plastischen Schöpfungen führt, die
nur mehr sehr frei an das figurale Schema anklin-
gen. Etliche ältere Proben lassen noch die Unter-
ordnung unter den Einfluß Wotrubas deutlich er-
kennen, den wesentlichen Anteil bilden aber
Arbeiten, die bereits von ihm unabhängig sind.
Heimanskv ist ein Künstler von ausgesprochen
konstruktiver Einstellung; seine vertikalen Plastiken
sind aus starkwandigen Stahlrohren oder aus deren
Segmenten hergestellt und sind gewissermaßen
elementare Raumkompositianen, die nur locker mit
dem Kompositionsschema der menschlichen Figur
verbunden sind. Von österreichischen Künstlern,
welche auf diese oder iene Weise den Einfluß
Wotrubos durchgemacht haben, ist es das frühe
Schaffen Roland Goeschls, dem Heimansky wohl
noch am nächsten steht. Bei Heimanskv zeigt
aber die folgerichtig abstrahierte Bewegung die
Gestaltungen eines spiralenförmigen Aufwärts-
strebens. Wichtig für die Komposition der Plastiken
des Künstlers ist die formale Auswertung rinnen-
artiger Röhrensegmente, bei denen der ursprünglich
zylindrisch in sich geschlossene Raum in Wechsel-
wirkungen mit dem offenen, negativ begrenzten
Volumen tritt. Dadurch gelang es Heimanskv, die
verhältnismäßig beschränkten Kombinationsmöglich-
keiten bei Zusammensetzung der Segmente zu be-
reichern und die rhythmischen Qualitäten der
Komposition zu erweitern.
Heirmanskv gab seiner Brünner Ausstellung 1973
den Titel „Modelte" - möglicherweise wollte er
damit auf die Tatsache hinweisen, daß seine
Plastiken nach einem bestimmten Kompositions-
schema geschaffen sind, nach welchem sie in unter-
schiedlichen Dimensionen „realisiert" werden
könnten. Das ist eine Tendenz, die wir bei einer
Reihe von konstruktiv eingestellten Künstlern finden
können. Bei der traditionellen Präsentation im
geschlossenen Ausstellungsraume kann allerdings
iedweder Künstler es schwerlich vermeiden, daß
eben die gerade ausgestellten Varianten für
„detinitiv" erachtet werden oder - vom Standpunkt
des Autors gesehen - für optimal.
Zeichnungen halfen die Konzeption M. Heirmanskvs
etwas näher zu demonstrieren, denn sie zeigen die
Ausgangspunkte beim Schaffen Heimanskys in
Gestalt von Abstrahierungen konkreter Modelle
auf, setzen sich in bildhauerischen Kompositions-
studien fort, um schließlich zu gezeichneten Praiekten
der Eingliederung der Kompositionen des Künstlers
in Erscheinungen einer Art von Architekturen in die
natürliche Umwelt zu gelangen. Erst da wird die
Unabhängigkeit der Kompositionen von den wirk-
lichen Ausmaßen ganz offenkundig, und im Gegen-
satz hiezu erlangt die Bindung an den Kontext ihre
volle Wichtigkeit und Bedeutung, im gegebenen
Falle also die an das natürliche Exterieur.
Das verhältnismäßig späte Debüt stellte uns Martin
Heimanskv als ein eigenständiges Talent, ia als
den Schöpfer bereits reifer Kreationen vor. Die
Wanderiahre des Künstlers sind damit beendet. Nun
steht Heimanskv vor der meines Erachtens nach
vorderhand wichtigsten Entscheidung. Entweder
kann er, nolens volens, im Bereich der traditionellen
Plastik verharren, in welchem er mehr oder weniger
mit den Ausmaßen seiner Modelle laborieren kann.
Oder wird er sich von diesem traditionellen Gebiet
definitiv freimachen? Selbst vielleicht um den Preis
des endgültigen Verzichtes auf die dreidimensionale
Realisation? Und wird er sich auf zweidimensio-
nale Studien und Proiekte beschränken oder aber
auf räumliche Maquetten „ohne Maßstab"?
Beide Wege stehen ihm in der Gegenwartskunst
offen. Vielleicht gibt es noch eine weitere Lösung,
welche Heimanskv erst entdecken wird?
Jiri Valoch
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