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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 132)

Für den Kunstsammler 
 
Hans Frank 
Altwiener Fotografie im Geiste 
Waldmüllers (zur Wechselwirkung 
zwischen Malerei und Fotografie) 
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckten die 
Maler die Natur. Sie zogen mit der Staffelei hinaus 
in die Landschaft und bis ins Gebirge. Ähnlich 
erging es den Fotografen gegen Ende des 19. Jahr- 
hunderts. Dieser große Abstand hat seinen Grund 
darin, daß es vor der Trackenplatte noch mit 
großen Schwierigkeiten verbunden war, draußen in 
der Natur zu fotografieren. Erst als seit den 
achtziger Jahren die Trockenplatten zur Verfügung 
standen, konnte man ohne Trögerkolonne mit 
Kamera und Stativ in die Landschaft ziehen. 
Was war naheliegender, als daß die Amateurfoto- 
grafen an den Malern sich ein Vorbild nahmen, 
und hier gehörte zu den Bevorzuglen Waldmüller 
(1793-1865). Als Beispiel einige frühe Amateurauf- 
nahmen des Architekten Gustav Bamberger (1861 
bis 193er. 
Es ist ins Auge springend, wie diese Fotografien an 
Waldmüller erinnern. Personen im Landschaftsbild, 
„Die Staffage" schien den Fotografen noch iahr- 
zehntelang äußerst wichtig. Noch bis weit ins 
20. Jahrhundert glaubte ieder „ernste Amateur- 
fotograf", bei Landschaftsaufnahmen auf Staffage 
nicht verzichten zu können. Nun war es aber nur 
mehr Nachahmung. Die Londschaftsmoler hatten 
sich schon lange davon gelöst. Um wieder auf 
Bamberger zurückzukommen sei erwähnt, daß bei 
seinen Landschaftsgemälden aus der Anfangszeit 
des 20. Jahrhunderts menschenleere oder sparsam 
staffierte Fernsichten vorherrschten". 
Wie das einfache Volk nicht viel Unterschied zwi- 
schen dem Maler und dem Fotografen machte, 
mußte der in Salzburg als Portrötist und Genremaler 
bekannte Adolf Reich erleben. In einem bayrischen 
Bauerndorf malte er ein Genrebild, zu welchem 
ihm ein Bauernmädchen Modell stand. Die Dirn 
wunderte sich über das viele Modellgeld, welches er 
für dieses Bild ausgob, und meinte: „Sö hättn net 
Maler werdn solln, sondern Fotografer, da gang's 
viel gschwinderl" 
Besonders stark wirkte sich auf die Malerei das 
Aufkommen der Momentfotografie aus. Das be- 
kannteste Beispiel hiefür ist die zeichnerische Dar- 
stellung von Pferden in der Bewegung. 
Wie falsch es sein kann, sich zu sehr als Maler von 
der Fotografie beeinflussen zu lassen, zeigt das 
Bild des Bürgermeisters Felder im Wiener Rathaus. 
Als Canon (Johann Straschiripka) im Jahre 1875 
im Auftrag der Gemeinde Wien dieses Bild schuf, 
ließ er einen Fotografen kommen, um den auf dem 
Podest stehenden Felder in verschiedenen Stellun- 
gen zu fotografieren. Der Fotograf verwendete 
offensichtlich ein Objektiv von zu kurzer Brennweite, 
und Canon korrigierte den optischen Fehler nicht. 
Als das Bild ausgestellt wurde, bemerkte das 
Publikum, doß die vorgestreckte Hand zu groß ist. 
Eine Zeichnung nach diesem Bild im Kikeriki erinnert 
daran. In dem darunter gesetzten Zwiegespräch 
heißt es: „Große Hönd hat der Bürgermeister." Die 
Antwort darauf lautet: „Dafür sind sie aber sauber." 
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