Aktuelles Kunstgeschehen I Österreich
der Revolution, ihrer Zeit weit voraus, bis in die
späten zwanziger Jahre zu den modernsten
künstlerischen Gestaltern des frühen 20. Jahr-
hunderts zu zählen sind. Die Dokumentation zeigte
kühne Entwürfe sowie Abbildungen der ausgeführten
Obiekte. Ab 1922 an vielen Ausschreibungen
erfolgreich beteiligt, schuf Mielnikow auch den
Sarkophag für Lenin. Besondere Proiekte waren
eine Parkgarage über die Seine, der Columbus-
Turm für San Domingo und verschiedene
Ausstellungs- und Klubhäuser in der UdSSR. Durch
die Gleichschaltung in den dreißiger Jahren
unterdrückt, wurde sein Werk in Rußland erst ietzt
wieder ausstellungswürdig befunden. Es ist daher
besonders dankenswert, daß in Österreich dieser
Weggefährte Tatlins, Lissitzkys und Malevichs
vorgestellt wird.
(11.-30. 6. 1974) - (Abb. 15)
Galerie Krinzinger
Attersee
Immer neue surreale Kombinationen wirft der
Zeichner mit sehr viel Schwung und Ironie auf das
Papier. Der lockere Strich ist dem dichten gegen-
über meist überlegen und zeugt von Engagement.
Die Themen zeugen von der blühenden Phantasie
des Künstlers.
(13. 5.-8. 6. 1974).
Steiermark
Graz - Neue Galerie
Hannes Schwarz
39 Ulbilder und elf Zeichnungen des 1926 geborenen
Steirers, alle in den letzten Jahren entstanden,
bringen uns des Menschen Vereinsamung und
Anfälligkeit nahe. Ausschnitthafte Reduzierungen
der Figuren, die Hingeworfenheit in das Gestänge
von Krankenbetten, die lsoliertheit durch täglich
gebrauchten Hausrat, wie Tisch und Stuhl,
Gliedmaßen ohne Köpfe, alles wird vom über-
mächtigen Raum beherrscht. Die feinen Farb-
nuancierungen sind trotz Tönungen des Verfalls
sonderbar bestechend. Eine wichtige Ausstellung
mit starker Aussage, die auch in anderen Galerien
gezeigt werden sollte.
(7. 2.-3. 3. 1974) - (Abb. 16)
Hans Glauber
„Aus der mechanischen Stadt" - so der Titel der
Ausstellung - waren von dem 1933 in Bozen
geborenen Südtiroler 15 große „Bilder" und
14 Graphiken (Siebdrucke, Lithographien,
Offsetdrucke) zu sehen. Bei den Bildern handelte
es sich um Großfotos verschiedener Details von
technischen Geräten, die durch Solarisation
verfremdet wurden. Eine den Menschen
eliminierende Welt von architektonischen Maßen
tut sich auf. In den barocken Räumen des Palais
Eggenberg-Herberstein stoßen zwei Welten
aufeinander. Zeugnisse des Menschen und seines
Geistes. Wege, lrrwege?, Wegel
(15. 2.-10. 3. 1974) - (Abb. 17)
Josef Bauer
1934 in Oberösterreich geboren, beschäftigt sich seit
1965 mit plastischen Arbeiten und taktiler Poesie.
Die Obiekte sollen zum Denken anregen, was sie
auch sicher tun. Eugen Gomringer schreibt im
Geleitwort des Kataloges von einer der
Gruppierungen: „ihre individualitöt und formale
unterschiedlichkeit, ihre zugehörigkeit zu
verschiedenen herkünften (frau, baum : natur,
stuhl, K I hergestellt, konkretionen) erzeugen eine
hohe, aber nicht zu hohe spannung." Gomringer
ist eine Kapazität, er schließt das Begleitwort
mit „bauer ist hier ein anreger, den man ernst zu
nehmen gewillt ist." Wer ist man, konkret?
(9. 31.-31. 3. 1974) - (Abb. 18)
Styrian artline
Unter diesem Namen hat Günter Waldorf eine
Gruppe gegründet, die, wie er in einem
„mini-MANlFEST" schreibt, zeitkritisch, engagiert
und durch Humor und lronie gekennzeichnete
40
Aussagen machen soll. Diese Aussagen finden wir
bei Erhard Göttlicher, verdünnt auch noch bei
Waldorf selbst, bei G. P. Hoffmann, H. Fritz und
der lnge Strobl scheinen Humor und Ironie nur mehr
zu tröpfeln.
(21. 13.-13. 4. 1974) - (Abb. 19)
Kapfenberg-Volksheim
Schmuck aus Stahl
Die Präsentation war das Ergebnis eines
Symposions, das durch die Initiative des in Wien
lebenden Peter Skubic in verschiedenen Betrieben
des VUEST-Alpine-Konzerns abgehalten wurde.
Es wird hier eine von Böhler und Kaptenberg
angebahnte Zusammenarbeit von Industrie und
Künstlern fortgesetzt, die auch eine starke
volksbildende Zielsetzung hat und die zum größten
Teil auf das Kunstverständnis und die echte
Kunstbegeisterung Direktor Dr. A. Mikeschs
zurückzuführen ist. Achtzehn Künstler zeigten, daß
als Schmuck nicht nur Gold, Silber und andere
als Edelmetalle bezeichnete Materialien in Frage
kommen, sondern daß beim Schmuck die Gestaltung,
das Künstlerische, Präzise, die Form maßgebend
ist. Bei den meisten gezeigten Arbeiten waren,
vielleicht durch die Kühle des Materials bestimmt,
fast technische oder funktionelle Formen zu
verzeichnen. Die Künstler kamen aus den
Niederlanden, der CSSR, aus der Schweiz, aus
Deutschland und Österreich, ia sogar ein Australier
nahm an der Veranstaltung teil. Die Schau wird
noch in Wien, Linz, Ternitz, in Nürnberg und
Pforzheim zu sehen sein.
(11.-19. 5. 1974) - (Abb. 20)
Oberösterreich
Linz - Neue Galerie
Valentin Oman
Der 1935 geborene Kärntner Maler und Graphiker
zeigte Zeichnungen, Radierungen und Siebdrucke.
Die oft nur angerissenen Themen, die hinge-
strichelten Figuren, aber auch Lineomente von
Landschaften zeugen von einer großen Spannung.
Die Dynamik unseres Zeitalters steckt da drinnen,
aber auch immer wieder die Frage nach dem
ontologischen Grund. Im Gewirr von Bilderschriften
wird uns die Massengesellschaft bewußt.
(9. 5.-29. 5. 1974) - (Abb. 21)
Fritz von Herzmanovsky-Orlando
Eine ausgezeichnete humorige, die Beherrschung
des Striches dokumentierende, gut zusammen-
gestellte Schau, sie wurde von Innsbruck
übernommen. Siehe Heft Nr. 133.
(6. 6.-6. 7. 1974)
Nino Tommasini
Der 1970 verstorbene Trevisaner kam sehr spät
zur Malerei. Es blieben ihm nur mehr 15 Lebensiahre,
und es ist erstaunlich, was er in diesen Jahren
schuf. Stille und ferne Entrücktheit spiegeln diese
Ulbilder in den hellen Farben der norditalienischen
Sonne.
(6. 6.-6. 7. 1974) - (Abb. 22)
Niederösterreich
Wiener Neustadt - Galerie 9
Ödön von Horvath
Die Dokumentationsstelle für neuere österreichische
Literatur stellte die von Dr. Hans F. Prokop
zusammengestellten Obiekte zur Verfügung. Es
handelte sich um persönliche Erinnerungsstücke des
Dichters, Fotografien, Theaterprogramme der
Erstaufführungen seiner Stücke und Szenenbilder.
Eine verdienstvolle Ausstellung, van der wir
wünschten, daß sie auch in den Galerien anderer
großen Städte Österreichs gezeigt wird, um damit
einen im Ausland längst anerkannten großen
Künstler auch in seiner Heimat im Bewußtsein (ener
Menschen, von denen und für die er geschrieben
hatte, zu verwurzeln.
(8. 7.-6l. B. 1974) - (Abb. 23)
Herbert Boeckl 1894-1966
Zeichnungen und Aquarelle des großen österreichi-
schen Meisters. Wenn auch wegen des kleinen
Raumes begrenzt, doch eine verdienstvolle Schau.
(10. 5.-4. 6. 1974)
Perchtoldsdorf - Galerie Romanum
Leopold Sels
Der in Klosterneuburg lebende Belgier, Jahrgang
1944, stellte Graphiken, Plastiken und handbemalte
Kleider aus. Phantastisch und poetisch mit hohem
ästhetischem Gehalt.
(5.-25. 6. 1974)
Zwettl - Galerie im Stüberl
Ernestine Rotter-Peters
Holzschnitte, die eine starke Aussage haben. Oft
die Struktur des Materials im Druck mitverwendend,
sind diese herben Blätter doch auch von einer
seltsamen Melodie erfüllt.
(16. a-e. 7. 1974) - (Abb. 24)
Alois Vogel