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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 136 und 137)

Blattgold und Blattsilber sind mit einem Anlege- 
mittel, das aller Wahrscheinlichkeit aus Anlege- 
öl und pflanzlich-tierischem Leim besteht, ange- 
schossen. Dieses Gemisch verursachte starke Riß- 
bildung bei Blattgold und Blattsilber sowie in 
Papier und Gewebe eine starke Bräunung, die 
im Extremfall bis zur völligen Perforation führte 
(Abb. 15, 20). Der Versuch, dieses sehr hydrophile 
Anlegemittel mit Wasser herauszulösen, brachte 
ein relativ gutes Ergebnis. 
Durch brutales Abreißen des auf Holz festgeno- 
gelten Entwurfs wurde eine Unzahl häßlidwer 
Löcher in Papier und Gewebe verursacht (Abb. 
21). An mehreren Stellen durchstießen harte, 
spitze oder kantige Gegenstände den Entwurf 
(Abb. 22). Kleinere Löcher, die durch Wurm- 
fraß (Abb. 19), mechanische Beschädigung und 
Nägel (Abb. 21) entstanden waren, füllte ich 
mit in der Farbe des Papiers getäntem Pa- 
pierkitt. Größere Fehlstellen ergänzte ich durdt 
Ansetzen passender Papierstücke. Feuchtigkeit 
begünstigte die Oxydation der Eisennägel und 
führte zu starken Rostflecken in Papier und Ge- 
webe. Diese Flecken ließen sich mit stark ver- 
dünnter Salzsäure (etwa 10 bis 15 Prozent) aus 
dem Papier herauslösen, doch mußte im An- 
schluß sofort gewässert werden. 
Für die Trägerplatte hatte man ursprünglich zum 
Großteil Föhrenbretter zusammengenagelt, de- 
ren Harzfluß Gewebe und Papier durchtränkte 
und als brauner Fleck an der Oberfläche des 
Entwurfs zu sehen war. Dieses Harz stellte eine 
feste Verbindung von Holz, Gewebe und Papier 
her. Um den Entwurf von der Platte abnehmen 
zu können, mußte ich zuerst diese Harzverbin- 
dung mit einem Gemisch von Terpentin und 
Alkohol (1:1) lösen. 
Die Einwirkung von starkem Licht und der hohe 
Anteil an Holzschliff im Packpapier führten im 
Lauf der Zeit zu einer starken Bräunung, die 
noch von der Rückseite her durch das rohe Holz 
der Trägerplatte verstärkt wurde. 
Heute ist eine ganze Reihe guter und wirksamer 
Bleichverfahren bekannt und erprobt. Doch ver- 
zichtete ich auf eine Bleichung des Papiers, weil 
sich eine solche bei der Größe der einzelnen 
Teile (200x120 cm) und im Hinblick auf den 
schlechten Zustand der Farbe sehr schwierig, ia 
fast unmöglich gestalten würde. Von der Ergän- 
zung der Farben und des Blattmetalls nahm ich 
bewußt Abstand, da der Originalentwurf Klimts 
trotz aller Alterungssdiäden mit allen Notizen 
und Ausführungshinweisen so gut wie möglich 
erhalten werden sollte. 
Beim Ablösen der einzelnen Teile des Entwurfs 
kam an den umgeschlagenen Rändern eine ganze 
Reihe bisher völlig unbekannter Notizen, die 
sich auf die Ausführung einzelner Details be- 
ziehen, zum Vorschein. Überdies wurde durch 
die alte Montierung manchmal auch ein Rand- 
streifen des Entwurfs verdeckt, wodurdw das ur- 
sprüngliche Format verkleinert und der nahtlose 
Zusammenstoß der einzelnen Entwurfsteile ver- 
hindert wurde. Für die neue Montierung waren 
die von Klimt selbst eingezeichneten Abgren- 
zungslinien maßgeblich, die von ihm auch mehr- 
mals als „richtigeswMaß, falsches Maß" oder 
kurz „richtig - falsch" näher definiert wurden. 
Die Teile des Entwurfs faltete ich in der Verti- 
kalen genau an der Maßlinie. Um eine Ein- 
heitlichkeit in der Höhe zu gewährleisten, war 
es aber notwendig, manchmal über die horizon- 
talen Maßlinien hinauszugehen, da die Höhen 
der einzelnen Teile durch die Unterschiedlichkeit 
des Papiers variierten. 
Ich mußte aus diesen und anderen Gründen 
eine besondere Halterungstechnik entwickeln, die 
es jederzeit erlaubt, die Notizen auf den um- 
geschlagenen Rändern zu sehen, ohne vorher 
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Nägel, Klammern und dergleichen herauszu- 
ziehen oder Klebstreifen abzulösen. Welches 
Material sollte nun für die neue Halterung ge- 
nammen werden? Holz schied aufgrund seiner 
schädlichen Einflüsse auf Papier und Farbe aus. 
Spanplatten, die in der Hauptsache aus Holz 
bestehen, kamen ebenfalls nicht in Betracht. Wie 
sich aus den durchgeführten Tests ergab, wird 
bei diesen Platten nicht nur der schädigende 
Einfluß des Holzes wirksam, sondern auch der 
undefinierbare, beißend rieduende Anteil des 
Bindemittels. Papier bräunte bei Alterungsver- 
suchen im Wärmeschrank viel rascher, wenn 
diese Spanplatten als Träger benützt wurden. 
Tests mit altem Fichten- und Tannenholz zeigten 
bei gleicher Prüfzeit und gleicher Temperatur 
viel weniger Bräunung im Papier. Platten, be- 
stehend aus glasfaserverstärkten Polyester- oder 
Epoxydharzen, konnten neben einer Reihe ande- 
rer Gründe wegen ihrer leichten Verformbar- 
keit bei dünnem Querschnitt nicht überzeugen. 
Bei all diesen Testversuchen zeigte eloxiertes 
Aluminium vorn Typ Al 99,3 halbhart keine Ver- 
ünderung des Papiers. Aluminium hat auch, wenn 
es dünn ist, eine völlig plane Oberfläche und 
genügend statischen Halt. Dieses Material hat 
sich für meinen Zweck ausgezeichnet bewährt, 
und ich bin davon überzeugt, daß es in vielen 
restauratorischen Bereichen verwendet werden 
könnte. Meines Wissens stellen die Montierung 
des Stoclet-Entwurfs mit Aluminium und meine 
Methode der nagel- und klebstofffreien Halte- 
rung ein absolutes Novum dar. 
Für die vier bereits montierten Teile des Ent- 
wurfs schenkte die Firma Vereinigte Metall- 
werke Ranshofen-Berndorf AG die Aluminium- 
platten des oben genannten Typs dankenswer- 
terweise dem Museum. 
Der Aufbau der Halterung gliedert sich folgen- 
dermaßen (Abb. 24): 
a) Grundplatte (Abb. 25 und 27) 
b) lsolierschicht von holzfreiem Japanpapier 
c) Entwurf und Verschnürung 
d) Trägerplatte (Abb. 26) 
e) Entwurf 
f) Verglasung mit Perspex-Acrylglasplatten 
g) Spannfeder (Abb. 27) 
h) Haltebacken (Abb. 27) 
i) Winkelprofil zur Verstärkung der Grundplatte 
(Abb. 25) 
k) Winkelprofil zum Festhalten der Perspexver- 
glasung 
Bei Grund- und Trägerplatte verzichtete ich auf 
den maßgeredwten Zuschnitt der Normplatten 
mittels Schlagschere. Grund dafür war der Um- 
stand, daß beim Schneiden mit der Schlagschere 
das Metall an der Schnittkante deformiert wird 
und infolge der Pressung leicht zur Wellenbil- 
dung neigt. Das Zuschneiden mit der Stichsäge 
war für mich wesentlich zeitraubender, iedoch 
hatte ich die Gewähr, völlig plane Aluminium- 
platten zu erhalten. 
Für Grund- und Trägerplatte erwies sich eine 
Stärke von 3 mrn als völlig ausreichend. Zu dünne 
Platten würden sich bei dem Format von 200 x 120 
cm zu leicht verformen. Zu starke Platten hin- 
gegen erhöhen das Gewicht. Mit einem Winkel- 
profil (30x30x3 mm) verstärkte ich die Grund- 
platte an den Kanten. Zur Befestigung aller 
Einzelteile verwendete ich eloxierte Aluminium- 
schrauben und vernickelte Messingschrauben 
(M 5 mit versenktem Kopf). Um die Haltebacken 
der Trägerplatte an der Rückseite der Grund- 
platte mittels Stahlfedern zu fixieren, war es 
nötig, dementsprechende Ausnehmungen an der 
Grundplatte zu machen (Abb. 25). Die Träger- 
platte (Abb. 26) fertigte ich in Länge und Breite 
um 6 mm kleiner als die Grundplatte, damit der 
Haltewinkel (Abb. 24 k) nicht am Papier des Ent- 
wurfs scheuern kann. Durch die eingebau 
lierschicht von holzfreiem Japanpapier (Ab 
wird ieder Kontakt des Entwurfs mit dem 
vermieden. Auch klimatisdte Schwankung: 
denen das Metall naturgemäß ein andere 
halten als das Papier zeigt, sollen durch d 
panpapier ausgeglichen werden. Ein Loch 
in Grund- und Trägerplatte (Abb. 26) so: 
ausreichende Belüftung von der Rückseit 
Befestigung des auf Landkartenmollino ka 
ten Entwurfes ließ ich den Mollino in 
Breite von 5 cm über das Maß des Er 
stehen. Durch diesen Saum führt eine A: 
schnüru-ng, die ein Verrutschen des Entwu 
Transporten und sonstiger Bewegung verh 
Diese Verschnürung (Abb. 26) hat dur: 
Stärke des Garns die zusätzliche Aufgabe, 
Abstand zwischen Grund- und Trägerplc 
schaffen. Der so entstandene Zwischenraur 
als eine Art Luftreservoir, um durch die 
rierte Trägerplatte Luft an die Rücksei 
Entwurfs abzugeben. Grund- und Träge 
wurden mit Stahlfedern, die ich aus Bar 
(25x1,5 mm) schmiedete, verbunden. Sie 
die Aufgabe, unter einem bestimmten, l 
nent wirkenden Druck die beiden Plotten : 
menzuhalten und harte Stöße bei Trans 
abzutedern. Als Schutz gegen die Oxy 
wurde die Oberfläche der Stahlfedern v 
rnet. Eingeschoben werden die Federn in 
dafür vorgesehenen Schlitz an den Haltel 
(Abb. 24, 27), die durch ihre Konstrukti: 
Herausrutschen der Feder verhindern. Z:. 
glasung verwendete ich 5 mm starke P1 
Acrylglasplatten vom Typ VE von ICI, L 
welche einen absoluten UV-Schutz gewäh: 
(Abb. 24). Mit einem Winkelprofil (46x7x 
werden diese Perspexplatten festgehalten 
24 k). 
Die umgeschlagenen Teile des Entwurfs si 
meiner Methode der Halterung iederzeit 
weniger Handgriffe zugänglidw. Die K0 
tion der Halterung dient nicht nur als Ral 
sondern stellt auch einen wertvollen Schu 
Schäden, die beim Ein- und Auspacken 
wieder durch die Reibung des Packmaterir 
standen sind, können nun verhindert werd: 
Für Transportzwecke wurden große Sp: 
sten mit filzgepolsterten Einschubleisten 
fertigt, in welche die einzelnen Teile oh: 
liches Packmaterial eingeschoben werde 
Aufbewahrung dient dieselbe Kiste, nu 
hier ein mit vielen Löchern versehener 
verwendet. 
Meine Zielsetzungen bei der Restoiurieru 
Klimt-Entwurfes waren: die Sicherung de 
Bestandes und eine zweckentsprechende 
rung. Mittel und Methoden der Durchf 
wurden der Problemstellung entspreche: 
wählt. 
Dieses fragile Kunstwerk kann damit 
sichertem Zustand der Wertschätzung kil 
Generationen überantwortet werden. 
[.1 Unser Autor: 
Akad. Oberrestaurator Ludwig Neustifter, 
Österreichisches Museum für angewandte 
Lehrbeauftragter an der Hodtschule 
Akademie der bildenden Künste 
1010 Wien, Stubenring 5
	        
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