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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 136 und 137)

I Aktuelles Kunstgeschehen I Österreich 
Wien 
Galerie Schottenring 
Hannes Haslecker. Ludwig Merwart 
Österreichs bildende Kunst wird im allgemeinen zu 
eng und einseitig gesehen. Ein Fixieren auf wenige 
Gruppen, populäre Namen und Stilrichtungen 
erweist sich dabei ebenso als Fehler wie ein falsches 
strukturelles Einengen, das schon längst nicht 
mehr den Gegebenheiten entspricht und die 
insgesamt feststellbare Dynamik der künstlerischen 
Gesamtentwicklung leugnet. 
Die beiden Künstler, die von der Galerie 
Schottenring der Ersten österreichischen Spar-Casse 
zum Auftakt der Saison 74l75 vorgestellt wurden, 
vertreten weder die modische noch die sonderlich 
gefragte Seite der Plastik und Malerei in unserem 
Land. Beide gelten auch bis zu einem gewissen 
Grad als Außenseiter. Sie zählen zur Generation 
über Fünfzig und können auf eine durch Haltung 
sich auszeichnende Geradlinigkeit und logische 
Fortentwicklung ihres Schaffens verweisen, um 
die sie nicht wenige ihrer prominenten Alters- 
genossen beneiden müßten. Die künstlerischen 
Steigerungen 'der letzten Jahre lassen es zu, daß 
man das Werk beider zumindest der vergleichbaren 
Spitze in Österreich eingliedert. Die Basis einer 
sinnvollen Vergleichbarkeit der gezeigten neuen 
Kollektionen wird durch das beiden Künstlern 
gemeinsame Bemühen um formale Reduktion, 
Ausgewogenheit und Materialadäquanz unter- 
strichen. Hasleckers Steine fungieren gleichsam als 
Ruhepole inmitten einer hektischen Umwelt. 
Sie sind Aufrufe zur Stille, haptisch und ästhetisch 
anspruchsvoll, überlegt gegliedert und bei aller 
Ausgewogenheit spannungsreich akzentuiert. 
Abstraktion steht hier für Wesentliches und 
Wesenhaftes, getragen durch die sensible Balance 
von Ahnung und Aussprechen. 
Ebenso wie der Oberösterreicher ist auch der 
Wiener Merwart ein Künstler der Stille, Ordnung 
und einer deutlich hervortretenden Harmonie. 
Sein geometrisch bestimmter Bildkosmos ist das 
Resultat einer überaus konsequenten Entwicklung, 
die, ausgehend vom Tachismus, über ein vergleichs- 
weise beruhigtes lnformel zur Abstraktion im 
Sinne des Konstruktivismus gelangte. Merwart 
unterstreicht innerhalb formaler Ordnungsprinzipien 
seine außerordentliche malerische Sensibilität. 
In seinen mit Hilfe von nahezu unbeschränkt 
variierbaren Elementplatten gedruckten Eisen- 
ätzungen treffen schöpferisches Vermögen und 
beherrschtes Handwerk kongenial aufeinander. 
(2. 10.-16. n. 19741- (Abb. 1,2) 
Museum des 20. Jahrhunderts 
Franz Ringel 
Seit längerem geplant, wurde die umfassende und 
beeindruckende Persanalausstellung des 1940 
geborenen Grazers nunmehr mit voller Berechtigung 
verwirklicht. Was der vormals den „Wirklichkeiten" 
angehörende Künstler zeigte, war durch die Bank 
qualifätsvoll ausgewählt und auch im Verhältnis 
von großen zu kleineren und mittleren Formaten 
auf echte Steigerungen im Gesamtzusammenhang 
der Schau bedacht. Rein künstlerisch gesehen, lößt 
sich den existentiellen Gleichnissen dieses hart 
und offen agierenden Expressionisten auch von 
seiten der Interpretation nichts Neues hinzufügen. 
Was er zeigt, ist nun einmal nur eine Seite, 
nur eine Variante der Aufdeckung menschlicher 
Zustände und Ängste. Ringel stellt den Menschen 
als sexuelles Monster dar, als gleichsam unschuldig 
Schuldigen seiner ebenso zum „Normalen" wie 
zur „Perversion" neigenden Begierden und 
körperlichen Abhängigkeiten. So extrem auch für 
viele die schockierende Offenheit des Künstlers sein 
mag, sie ist wahr und berechtigt. Die Eigenwilligkeit 
und Kraft der bildnerischen Umsetzung gehen 
mit dem Anliegen konform und sichern Ringel 
seinen Stellenwert. Ob Ringel aus seiner 
gegenwärtigen Position heraus allerdings tragfähige 
Aspekte einer echten Aussageerweiterung (und 
Weiterentwicklung) gewinnen kann, sdneint iedoch 
zumindest momentan fraglich. 
(August-September 1974) - (Abb. 3) 
66 
Galerie Brandstätter 
Wolfgang Herzig 
Ulbilder, Gouachen und einige Zeichnungen aus 
den Jahren 1972 bis 1974 präsentierte die neuerdings 
sehr aktive Galerie. Ihr programmatischer 
Schwerpunkt liegt - erfreulicherweise - bei der 
iungen österreichischen Kunst, wobei man 
gegenstondsarientierte Maler und Graphiker 
bevorzugt. In penibler Malweise, mit Sinn für 
Humor und - erträglichem - Sarkasmus entwirft 
Herzig Szenen des heutigen Alltags. Er holt sidi 
seine Anregungen aus der nächsten Umgebung, 
aus der Gegend des Naschmarkts, dem Espresso 
„Girardi" und dem Gänsehäufel. Verglichen mit 
dem harten Analytiker Ringel, bleiben die 
Ambitionen seines Kollegen freilich eher amüsante 
Oberflächenschilderungen. 
(15. 10.-11. 11. 1974) - (Abb. 4) 
Galerie am Graben 
Schmuck aus Stahl 
Nach Kapfenberg, Nürnberg (Albrecht-Dürer- 
Gesellschaft) und Linz (Neue Galerie] landete die 
von Peter Skubic mit beträchtlichem Einsatz 
organisierte Wanderausstellung nunmehr in der 
attraktiven Wiener Galerie am Graben. Die 
Schau konfrantierte mit annähernd achtzig Beispielen 
aus Stahl und Edelstahl, den Ergebnissen eines 
Sympasions, das von Böhler, VUEST-Alpine und 
Sdioeller-Bleckmann, den führenden österreichischen 
Konzernen der stahlerzeugenden und werarbeiten- 
den Industrie, gesponsert wurde. 17 Designer aus 
sechs Nationen nahmen daran teil. Einer der 
wichtigsten Aspekte der Veranstaltung lag in der 
angestrebten Strukturerweiterung und infrage- 
stellung des Begriffes (und der bisherigen Resultate) 
„Schmuck". Die dem Experiment offenen Ergebnisse 
hinterließen einen befriedigenden Gesamteindruck. 
Sie stammten von den Holländern Emmy van 
Leersum und Giis Bakker, Anton Cepka (CSSR), 
Otto Künzli und Cornelia Rating (BRD), Helge 
Larsen (AUS), Elisabeth Räthlisberger (CH) und 
den Österreichern Brigitte Haubenhofer, Fritz 
Maierhofer, Gert Mosettig, Werner Schmeiser, 
Sepp Schmälzer, Peter Skubic, Leonhard Stramitz, 
Josef Symon sowie Waltrud und Arthur Viehböck. 
(23. 9.-12. 10. 1974) - (Abb. 5) 
Stadtmuseum Linz 
„lmage Linz" 
In einer begrüßenswerten und richtig durchdachten 
Aktion setzte sich der Kiwanis-Club der 
oberästerreichischen Landeshauptstadt diesmal für 
ein künstlerisches Anliegen ein. Der von ihm 
ausgeschriebene Wettbewerb „lmage Linz" hatte - 
bei Preisen von insgesamt 60.000 Schilling - eine 
Einreichung von 214 Exponaten von 111 Künstlern 
aus nahezu allen österreichischen Bundesländern 
zur Folge. Die überregionale Jury (sie traf auch 
die Auswahl der rund B0 Arbeiten für die 
Ausstellung) vergab die Preise an Franz Zadrazil 
(1. Preis zu 25.000 Schilling). Herbert Friedl (2. Preis 
zu 15.000 Schilling), Hans Werner Jascha (3. Preis 
zu 10.000 Schilling) und (vier gleichdotierte Preise 
zu (e 2500 Schilling) Wolfgang Denk, Peter Sengl, 
Johannes Wanke und Gerhard Weigl. In Anbetracht 
der engen thematischen Ausrichtung des 
Wettbewerbes darf das Ergebnis in seiner Spitze 
als überraschend gut bewertet werden. Dies gilt 
auch hinsichtlich der Werke einiger nicht mit 
Preisen ausgezeichneter Künstler, unter ihnen Meina 
Schellander und Bertram Castell. 
(OktoberlNovembor 1974) - (Abb. 6-9). Peter Baum 
Salzburg 
Museumspavillon 
Herbert Boeckl 
In der vom Kulturamt der Stadt Salzburg 
veranstalteten Ausstellung wurde eine Auswahl von 
Boeckls Zeichnungen und Aquarellen gezeigt, 
die dann auch in Graz und Eisenstadt zu sehen sein 
wird. Hofrat Koschatzky hat in seiner Eröffnungs- 
ansprache darauf hingewiesen, daß es zwar 
Ablehnung aus Intoleranz und Unwissenheit 
woanders auch zur Genüge gäbe, „das Schlimmste 
aber ist die Gleichgültigkeit". Beispiel dafür 
möge der große Gobelin sein, den Boeckl auf 
Anregung Holzmeisters für das neue Salzburger 
Festspielhaus geschaffen hatte und der in einem 
dunklen kleinen Gang der Stunde seiner 
entsprechenden Anbringung horrt. (Abb. 10) 
Galerie Welz und Museum Carolino 
Augusteum 
Giacomo Manzü 
Nach den Präsentationen der Werke Manzüs bei 
Welz in den Jahren 1954,1955,1953, 1959,1960 
und 1966 braucht man den „Hausitaliener der 
Salzburger" - so erst iüngst ein österreichisches 
Boulevardmagazin - hier wohl nicht mehr 
vorzustellen. Über Manzüs Tänzerinnen und 
Kardinäle, über seine Darstellungen glutvollen, 
sinnlichen Lebens wie über die Meditationen über 
das Jenseitige und die letzten Dinge des Seins, 
über sie mögen mißverstehende Fortschrittsfanatiker 
von erotischen Gefälligkeiten sprechen oder von 
katholischem Kitsch. Diese Vertreter eines 
schönheitstrunkenen Menschengeschlechts werden 
wohl bleibendes Zeugnis sein von einem 
arbeitsreichen Bildhauerleben. Ob man dies aber 
von Manzüs kunstgewerblichen Arbeiten - wie dem 
kleinen silbernen Sesselchen - auch sagen wird, 
bleibe dahingestellt. (Abb. 11) 
Galerie Pointner 
Franco Fonatti 
Die durch den Salzburger Architekten Alfred Pointner 
gegründete Ateliergalerie in der Nonntaler 
Hauptstraße 20 wird ihr Schwergewicht auf den 
Ausdrucksformen zeitgenössischer europäischer 
Architekten haben. Für den 32iährigen Architekten 
Franco Fonatti ist bauen heute nicht bauen mit 
dem Gedankengut van gestern, für ihn ist bauen 
heute bauen für die Zukunft. Man kann Fonattis 
Städteproiekte als gebaute Landschaft im wahrsten 
Sinne des Wortes bezeichnen. Als ge-baute 
Landschaft also, nidit als ver-baute. Gewiß steht 
Fonatti in der Tradition italienischer Architektur- 
visionen, auch seine Phantastik bleibt formulierbar, 
denkbar, klar. Für ihn sind, wie er selbst mitteilt, 
organische Wachstumsvorgänge, wie manche 
Vorgänge im Knochenbau, Ausgangspunkte 
grundsätzlicher Überlegungen. 
Kunstverein 
Traditionsgemäß veranstalten auch heuer die 
Internationale Sommerakademie für bildende Kunst 
und der Salzburger Kunstverein Ausstellungen von 
Werken iener Künstler, die 1974 zum ersten Male 
in Meisterklassen dieser Akademie unterrichteten. 
Francesco Somaini, 1926 in Lomazzo (Como) 
geboren, ist sich längst darüber im klaren, daß 
Bildhauerei und Architektur durch wechselseitige 
Beziehungen miteinander verbunden und nicht als 
einzelne „Kunstgattungen" getrennt aufzufassen 
sind. Somaini bewies mit den in dieser Ausstellung 
gezeigten Werken wie auch mit seinem 1972 
erschienenen Buch „Urgenza nella citta" (Verlag 
Mazzotto, Mailand), daß die historische wie soziale 
Institution der Stadt nicht verfallen ist, daß die 
Stadt ein historisches Größenverhältnis bewahrt, 
wobei die Anteilnahme der Künstler nicht nur 
möglich, sondern dringend und notwendig ist. 
Das Interesse des 1924 in Trbovlie geborenen Malers 
Joie Ciuha galt sdton früh der Byzantinistik und 
den Kulturen des Ostens, auch buddhistischer Kunst 
und den indianischen Zivilisationen in Südamerika. 
Diese Vorliebe verbindet sich in Ciuha mit der 
Phantastik seiner Träume, mit Farben von großer 
und satter Schönheit; seine „lkonen" aus Costada 
und Surrealismus durchsetzen unsere Wirklichkeit 
mit eigenwilligen Visionen. Franz Wagner 
Maximilian von Mexiko 
Ausstellung auf Burg Hardegg - 
Mai bis November 1974 
Johann Carl Fürst Khevenhüller-Metsch (1839-1905) 
hat in seinen Tagebüchern wertvolle Aufzeichnungen 
über seinen Dienst beim österreichischen
	        
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