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Auftraggebers unter Clemens IX. vollendet war-
den. Berninis Plan besteht aus einem zur Achse
der Kirche quergelagerten „Pseudooval", das
heißt einem fast elliptischen Hof, der im Grund-
riß aus zwei sich tangential berührenden Krei-
sen besteht, in deren Berührungspunkt der Obe-
lisk zu stehen kommt, den Fontana in die Haupt-
ochse stellte. Der Platz ist von vier Säulenreihen
umschlossen und durch einen trapezförmigen
Zwischenplatz mit der Fassade verbunden.
Der majestätische, wahrhaft imperiale Platz
ähnelt aber merkwüdigerweise mit seinen Säu-
len weitgehend dem römischen Kaiserforum von
Gerasa im vorderen Asien, das unter Marc
Aurel am äußersten Rande einer östlichen Pro-
vinz errichtet worden war. Ob es hier einen tat-
sächlichen Zusammenhang gegeben hat, lößt
sich leider nicht nachweisen; bei der emsigen
Suche nach kaiserzeitlichen Vorbildern läge aber
die Vermutung nahe.
Zur gleichen Zeit, nämlich von der 2. Hälfte des
16. bis zur 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts ent-
stand in Rom eine Reihe weiterer monumentaler
Kirchengebäude, wie San Andrea della Valle,
San lgnazia, San Carlo al Corso, San Carlo ai
Cattinari, die Chiesa Nova und andere, alle
der gleichen Konzeption unterworfen. Stets sol-
len römische gewölbte Säle mit einem Kuppel-
raum kombiniert werden und damit römisch-
kaiserzeitliche Architektur konsequent fortge-
führt werden. Nicht kirchliche Bauideen der vor-
ausgegangenen Jahrhunderte waren maßgebend
für die neue Form, sondern die profanen impe-
rialen Räume der Kaiser.
Im 16. und 17. Jahrhundert war in Rom eine
Architektur entstanden, die mit ihrem Glanz und
ihrer Großartigkeit weit über die Ewige Stadt
hinausstrahlte. Sie konnte sich überall dort durch-
setzen, wo imperiale Ideen bestimmend waren
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und das römische kaiserliche Prinzip zur Nach-
ahmung auffarderte. So entstanden in Spanien
unter Karl V. und besonders Philipp ll. Aus-
wirkungen der römischen Manifestation, zum
Beispiel im Bau des Escorial, in dem Kloster und
Residenz vereinigt wurden mit einer Kirche im
Zentrum, in der Tonnen- und Kuppelbau ineinan-
der übergehen. Dieser Bau fand mehr als hundert
Jahre später unter Karl VI. in Österreich reiche
Nachfolge in den barocken Neubauten der Stifte
St. Florian, Kremsmünster, Melk, Göttweig und
Klosterneuburg, für dessen Errichtung als Kla-
ster-Residenz der Kaiser persönlich im Jahre
1730 den Auftrag erteilte.
Weitere Nachfolge sollte, wenigstens der Ab-
sicht nach, in Paris unter Ludwig XIV. entstehen,
der sich von Bernini Pläne für den Neubau
des Louvre erstellen ließ. Ausgeführt aber wur-
den diese Pläne nie. Auch Kirchen, wie etwa
Soufflots Pantheon in Paris, das 1755 entwor-
fen worden war, reichen an die römischen Bau-
ten nicht annähernd heran.
Berni-nis Pläne dienten etwas später in modi-
fizierter Weise Fischer von Erlach als Vorbild.
Einmal für den Entwurf von Schönbrunn für
Leopold I. und später für den Entwurf eines
Lustschlosses für Friedrich I. von Preußen.
Entscheidend für Wiens Aufstieg zu einer impe-
rialen „römischen" Stadt war der Sieg über die
Türken gewesen. Mit der großen Schlacht auf
dem Kahlenberg im Jahre 1683 und dem glück-
lichen Entsatz der Stadt war die Türkengefahr
van Europa für immer gebannt worden. Zur Re-
präsentation dessen entstand in der Zeit um
1700 in Wien eine emsige Bautätigkeit, die die
Stadt im Sinne des römischen Hochbarock fast
völlig neu ordnete. Die von den Türken weit-
gehend zerstörten Vorstädte außerhalb der Mau-
ern wurden neu errichtet und eine Reihe von
Adelspalästen als Variationen über das rön
Thema der Villa suburbana in Angriff g:
men. Hervarragendstes Beispiel dafür ist l
brandts Belvedere für den Prinzen Eugen. E
war aber auch der Adel bemüht, innerhal
Mauern neue Stadtpaläste zu erbauen,
System auf den bürgerlichen, sehr groß
angelegten Wohnhausbau ausstrahlte.
Den Beginn nahm diese neue Boutätigke
ienen beiden Palästen, die der römische l
tekt Martinelli für den Fürsten Liechtensteir
schen 1690 und 1710 errichtete. Ihren Höhe
aber erreichte sie durch die kaiserlichen
werke, mit deren Planung zuerst Johann
hard Fischer von Erlach, ein Bernini-Schüle
14 Jahre lang in Rom gearbeitet hatte, t:
tragt wurde. Fischers erster Plan für Wier
der Entwurf für das kaiserliche Schloß S
brunn aus dem Jahre 1690, der leider nicl
Ausführung gekommen war. Über Be
Louvre-Entwürfe hinaus war Fischers Pi
weiterhin ins Großartige gesteigert und a
präsentatives Gebäude kaiserlicher ldee
Funktion gedacht. Bezeichnenderweise stell
scher in diesem Entwurf zu seiten des H
einganges zwei römische Triumphsäulen,
ldee, die später an der Karlskirche tatsä
zur Ausführung kam.
„Über Einraten des Kaisers", wie Fischer
schreibt, erstellte er einen wesentlich einf
ren zweiten Entwurf. Auch dieser liegt n
weit beschränkter Weise dem heutigen Ba
grunde.
Fischers großzügigen Plänen für die Neug
tung der Hofburg erging es ebenso. Die
handlungen zogen sich allzu lange hin, u
kamen schließlich nur der Bibliothekstrak
ein Stallgebäude zur Ausführung. Letzter
durch seine Lage weit der Hofburg gege