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Volltext: Alte und Moderne Kunst XX (1975 / Heft 140)

A Künstlerprofile 
  
„Homa onimolis") 197a. Kugelschrei- 
ber, Temvera, FilzstiftfMillimeterpa- 
prer, 43x61 cm 
2 „Heine unlmclls", im. Collage, 
BleistiftlKartan, 42,Bx6'l cm 
3 „Homa animalis", 1973. Tempera, 
riiman, KugelschreiberlMillimeterpu- 
pler, 43x6lcm 
4 „Herr Neureich fährt am Sonntag 
ausf, 1974. Kugelschreiber, Temveral 
Mrlllmeterpapier, 43x61 cm 
5 Bernhard Hollemann 
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Bernhard Hollemann 
Hollemann ist, wie viele andere begabte Künstler, 
in entscheidenden Jahren seines Lebens in eine 
Umgebung gekommen, die ihn nicht mehr losließ 
und auf seine Entwicklung Einfluß ausübte. Er 
wurde in BorsumfHildesheim geboren, studierte 
auf der Wiener Akademie bei Professor Andersen 
und war ein eifriger Besucher Herbert Boeckls. 
Zeichenunterricht vor dem Aktmodell, dem in die 
Wiener Kunstgeschichte eingegangenen „Abendakt" 
Hollemann wohnt in Baden, ist österreichischer 
Staatsbürger und mit einer Badnerin verheiratet. 
Von der Schule Andersen ist in seinen ietzigen 
Arbeiten nicht viel zu bemerken. Das Können, das 
er sich bei Boeckl erworben hat, kommt ihm aber 
gerade bei der stark graphischen Arbeitsweise, 
der er ietzt nachgeht, außerordentlich zustatten. 
Wir können sehr bald eine persönliche Note in 
Hollemanns Arbeiten finden, die sich gerade in 
den letzten drei oder vier Jahren zu einem 
ausgeprägten eigenen Kanon entwickelte. Öfters 
wurden seine Arbeiten als engagiert und gesell- 
schaftskritisch apostrophiert. Sicher ist die Wirkung 
seiner Blätter auf den Beschauer auch eine solche, 
der Künstler selbst hat sie iedach nicht dahin 
orientiert. Er hält fest. Wie die vorzeitlichen Maler 
der Eiszeithöhlen die Erscheinungen ihrer Umgebung 
auf die Hohlenwand zeichneten, aus ähnlichen 
Voraussetzungen, so will es uns scheinen, zeichnet 
Hollemann die Erscheinungen unserer Welt auf 
ein Festhalten, gleich einem Bannen, einem Zauber. 
Das scheint nun auch zu einer ähnlichen Technik 
geführt zu haben: Festhalten mit dem großen, 
das Charakteristische erfassenden Strich. Erst später 
kommt die Farbe dazu, und diese wird flächig 
aufgetragen und ist selbst wieder Träger eines 
Festzuhaltenden. Durch die Farben werden 
Zusammenhänge mit nicht sichtbaren Wirklich- 
keiten, etwa Eigenschaften, hergestellt. 
Auch die Breite der Schilderung bei Hollemann 
scheint uns mit iener urzeitlicher Maler 
verwandt. Und doch ist unser Künstler ganz in 
unserer Zeit verankert. Wir finden bei ihm vor 
allem Probleme, Aufschwünge und Verirrungen 
unseres Jahrhunderts in seinen Bildserien. In einer 
großen Folge beschäftigt er sich mit der Raumfahrt 
und mit allem, was damit zusammenhängt. 
Beängstigende Bilder des Homo technicus 
erscheinen vor uns. Aus dieser sehr technisch 
orientierten Periode stammt vielleicht auch die 
Verwendung von Millimeterpopier. Er selbst sah 
in dieser Rasterung des Grundes ein verbindendes 
Element seiner isolierten Figurenwelt. Später 
übernimmt diese Funktion oft die Farbe. 
Eine folgende Serie zeigt: „Herr Neureich fährt am 
Sonntag aus". Auch hier sind alpdruckartig die 
Zwänge aufgezeigt, denen ein Mensch verfällt, 
dessen moralisches Potential mit ienem der 
technischen Gegebenheiten nicht Schritt gehalten 
hat. In filmstreifenortig nebeneinandergereihten 
Umrahmungen werden Wunschbilder oder Variatio- 
nen von Möglichkeiten an den Rand des 
Geschehens, hier des Bildes, gezeichnet. Eine 
Technik, die er in seiner umfangreichen nächsten 
Serie „Homa animalis" verstärkt anwendet. Das 
Thema ist vielschichtig behandelt, wie io die 
meisten Bilder Hallemanns mehrere Ebenen haben. 
Hier ist einerseits das Tierische im Menschen, aber 
andererseits auch eine gewisse mythologische 
Überlieferung, Metamorphosen und Symbolik, 
zuordnender Vergleich und Pröformation gezeigt. 
Der Phantasie ist in diesen Blättern keine Grenze 
gesetzt, und sie zeigt immer neue Zusammenhänge 
auf. Von der Rasterung des Grundes kommend, 
über Bildchenfolgen, Ubermalungen, Vergitterungen 
durch Quer- oder Wellenlinien werden immer wieder 
Verschleierung und Entschleierung, Moskierung und 
Entemoskierung gezeigt. Die Farbe, Teilbereichen 
vorbehalten, ist leuchtend und voll Kraft. 
Hollemann ließ seine Arbeit reifen. Doch nun setzt 
er uns die Zeichen der Zeit an die Wand. Es sieht 
fast so aus, als würden sie viele verstehen. Zu 
wünschen wäre es. Alois Vogel
	        
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