Notizen
Aachen - Neue Galerie
Neben den laufenden Aktivitäten der in der Neuen
Galerie gepflegten verwandten künstlerischen
Disziplinen wie Musik, Literatur, Film u. a. war
vom 7. 6. bis 6. 7. 1975 mit Wolfgang Petrick ein
iunger, ebenso gefeierter wie arg umstrittener
Berliner Künstler zu Gast. Sein kritischer Realismus
ist von Pissoir-Kritzeleien ebenso bestimmt wie
von George Grosz, schließt die daumiereske
Karikatur mit ein wie die Pop-art.
Höhepunkt des Aachener Ausstellungssommers war
bis vor kurzem eine Roy-Lichtenstein-AusstelIung.
Zwar der Traum eines ieden Ausstellers, frägt man
sich ernstlich, was diesen Mann so groß macht,
der - einer der Hauptvertreter der Pop-Szene - im
strengsten Sinne eigentlich ein Kopist und
Gebrauchsgraphiker dem Stil nach ist, schafft er
doch nach Vorlagen von Comic strips. Der in
Highlands ParklUSA lebende und von der
New Yorker Leo Castelli Gallery vertretene Künstler
gilt als der prösumtive Nachfolger des Schöpfers
der ready-mades, Marcel Duchamp. Auch er liebt
var allem in seinen Zeichnungen diese
Zweideutigkeiten, verliert diese iedoch in seiner
Malerei, weil diese die achtunggebietende Größe
von Kunstwerken hat. Mit 15 Gemälden, 150 Hand-
zeichnungen und fast der gesamten Druckgraphik
der Sammlung LudwiglKöln und Aachen gab man
eine informative Werksüberschau dieses sonder-
baren Amerikaners auf seinem speziellen
„American way" of Art. 12. 7.-14. 9. 1975.
Brighton - Aus dem Borough Council
Ein "nteressonte Gründung hat man in dem
berühmten englischen Seebad Brighton vor, wo man
eine Vereinigung unter dem Titel „The Decorative
Arts Society 1890-1940" ins Leben ruft. Rund um
den von Georg IV. gestifteten, stark indisch
inspirierten „Royal PaviIion", die Art Gallery und
das Museum sollen die Aktivitäten dieser Society,
wie Ausstellungen, Lesungen und Besichtigungen,
abrollen. Zielsetzung der neugegründeten Societv
ist die Wiedererweckung des Interesses und die
Erforschung dekorativer Kunst in Europa, Amerika
und Großbritannien von 1890-1940. Der Begriff
„Decorative Arts" ist im weitesten Sinn gemeint,
denn er schließt die Bereiche Architektur, lnterieur
und lndustrial Design, Mode und Textil, Theater,
Ballett, Filmdesign und die graphischen Künste ein.
Alle sechs Monate sollen Newsletters die Mitglieder
in allen Einzelheiten vom Fortgang der Arbeiten,
Aktivitäten und dem anfallenden relevanten
Material unterrichten. Ebenfalls ist ein Jahres-
bulletin vorgesehen. Interessant in diesem
Zusammenhang ist die ieweils zeitenmäßige
Eingrenzung, die von vor der Jahrhundertwende
(1900) und dem Jugendstil bis zu den Anfängen
des zweiten Weltkrieges (1940) reicht.
Cambridge - Walter Weer
„Pictures an Water" zeigte der iunge österreichische
Künstler Walter Weer in der hiesigen Clare Hall.
Typisch englischer Rahmen: aus den U-förmig
gläsernen Ausstellungsräumen der Blick auf frisches
Grün und einen Teich, den Innenhof des College.
Reger Publikumszuspruch bei der Vernissage,
stark vertreten die studentische Jugend der
verschiedenen Departements der Royal Academy
of Arts. Anregende Discussions and Disputs in
cool-temperierter British-Atmosphäre. Weer, der
Naturwissenschaft an der Universität Wien studierte
und Jahre danach die Meisterklasse für Malerei
an der Wiener Hochschule für angewandte Kunst
absolvierte, stand von Anfang an in einem
besonders innigen Verhältnis zur Natur. Für ihn ist
der Mensch - und er selber in störkstem Maße -
nidit Maß aller Dinge. Besonders die Ambivalenz
des Elementes Wasser nötigt ihm immer wieder ab,
sich künstlerisch damit auseinanderzusetzen.
Das ewig fluktuierende, reflektierende und
fluoreszierende Urelement steht in Auseinander-
setzung mit dem Menschen, ist Ausdruck der
Bewältigung eigener seelischer Climax. Seine
Bilder können als unauffällig attributiert werden,
42
sind kleinen Formats, ohne aggressive Farben und
scharfe Konturen und ausgewogen gebaut.
ChikagolWien - Vier Amerikaner in Wien
Mit der Baruch-Gallery zusammen präsentierte die
Galerie Schwarzer im Mai vier bedeutende
amerikanische Künstler der Gegenwart. Mary Gehr,
eine der bekanntesten Künstlerinnen der USA,
Dean Meeker, Prof. an der Wisconsin University,
Gabor Peterdi, Prof. an der Yale University
(45 Preise und Auszeichnungen), und Andrew Stasik,
Direktor des berühmten „Pratt Graphics Center,
New York City". Mit etwa 40 Radierungen und
Lithographien gelang eine orientierende Übersicht
über das gegenwärtige amerikanische Kunstschaffen.
DüsseldorflDuisburg - N. Kricke und
K. L. Schmalz
Der bekannte deutsche Bildhauer Norbert Kricke
stellte von Ende Juni bis Ende August in Düsseldorf
und Duisburg gleichzeitig aus. Sowohl in der
Düsseldorfer Kunsthalle wie auch im Wilhelm-
Lehmbruck-Museum der Stadt Duisburg zeigte man
seine Skulpturen und Zeichnungen. Zur gleichen
Zeit veranstaltete der Kunstverein für die
Rheinlande und Westfalen die Ausstellung
K. L. Schmalz, energetische Obiekte, Zeichnungen,
Proiekte, 1967-1975.
FrankfurtlM. - China-Porzellan
Das Museum für Kunsthandwerk veranstaltete eine
Ausstellung von Chinesischem Porzellan der
Sammlung A. Warnecke, Hamburg. Schauplatz war
vom 22. 2.-6. 4. 1975 das nahe dem Römerberg
gelegene Karmeliterkloster.
Köln - Ausstellungssommer 1975
Kein angemessenerer Rahmen für die vom 30. 4. bis
27. 7. 1975 laufende Ausstellung „Monumenta
Annonis - Köln und Siegburg. Weltbild und Kunst
im hohen Mittelalter" als die rheinische Basilika
des 12. Jahrhunderts, das heutige Schnütgen-
Museum. Über 20 Mediävisten aus dem geistlichen
und weltlichen Kreis von Bonner, Düsseldorfer
und Kölner Historikern und Kunsthistorikern
erarbeiteten das reiche Spektrum um den durch
seine fünf Kirchengründungen in die Geschichte
eingegangenen Erzbischof, den hl. Anno. Das
Weltbild des 11. und 12. Jahrhunderts wurde hier
aus etwa 150 Cimelien und seltenen Kostbarkeiten
entrollt, und diese gaben dem Publikum im Verein
mit einer staatlichen Anzahl weithin berühmter
Literatur- und Kunstzeugnisse vertiefte Einsicht
in die Vielschichtigkeit der historischen, stadt-
politischen,theologischen, Iiteratur- und
kunstwissenschaftlichen Aspekte der Epoche vor
Ausbruch des lnvestiturstreites, der großen
Auseinandersetzung von Kaiser und Papst.
KunstgewerbemuseumlOverslolzenhaus,
18. 4. 1975-Jänner 1976
„Weißes Gold und bunte Seiden" nennt sich eine
Ausstellung, die Porzellan und Seidengewebe aus
den eigenen Sammlungen zeigt. In dazu
erscheinenden wissenschaftlichen Katalogen des
Kölner Kunstgewerbemuseums wird einerseits der
Gesamtbestand figuralen Porzellans durch
bedeutende Künstler, wie Kirchner, Kaendler,
Bustelli und Melchior bis zu Scheurich, Barlach
und Gies, dokumentiert. Anderseits ermöglichen
nahezu 1200 Seidengewebe des 13.-18. Jahrhunderts
eine nahezu lückenlose Dokumentation der
Kunst der Seidenweber des Abendlandes.
Gleichfalls im Overstolzenhaus bedankt sidi das
Kunstgewerbemuseum für die hochherzige Stiftung
der Sammlung Gertrud und Dr. Karl Funke-Kaiser .
mit einer Schau von Glas und Keramik vom
Historismus bis zur Gegenwart. Mehr als
1000 Obiekte dieses Legates veranschaulichen
die Komplexe der Glaskunst und Keramik.
11. 6.42. 10. 1975. Wissenschaftlicher Katalog liegt
vor. Baukunst-Galerie lrene Gerling. Vom 7. 7. bis
13. 9. 1975 war hier der Österreicher Stephan Pral
mit Skulpturen, Handzeichnungen und Druckgraphik
zu Gast, im Doppel mit Klaus Fußmann, der
Ölbilder, Gouachen, Druckgraphik zeigte.
Nässiö - Internationales Keramiksympasion
Vorn 2. 6.-8. 7. 1975 lief auf dem in den Smälands
gelegenen Rittergut Rödienäs aus dem 17. Jahr-
hundert das diesiährige Keramiksymposion ab.
Vertreten waren Dänemark, die DDR, Finnland,
Polen, Schweden, Ungarn, die BRD und Österreich.
Ein dichtes Programm sah Studien in schwedischen
Kunstschulen, keramischen Industrien und Glas-
fabriken vor, Vorlesungen und die gemeinsame
künstlerische Ausgestaltung der in Nössiö
befindlichen Brinellschule. Aus Österreich kamen
Kurt Spurey und Franz Josef Altenburg.
New York - Aus dem Austrian Institut
1964 trat der „Austrian Crafts Council", die öster-
reichische Sektion des der UNESCO angehörenden
„World Crafts Council", Sitz New York, die
Nachfolge des Wiener Werkbundes an. Seine
Gründer: Kurt Ohnsorg, der frühverstorbene
Keramiker, Praf. Dr. Wilhelm Mrazek, Direktor
des Österreichischen Museums für angewandte
Kunst, und Hans Harald Rath, Inhaber der
Fa. Lobmeyr. Den Bemühungen, dem schöpferischen
Kunsthandwerk Österreichs der Gegenwart neue
Impulse, neue kreative und existenzielle Möglich-
keiten zu schaffen, soll ein langfristiges Programm
Rechnung tragen. Eine der Aktivitäten van
internationaler Bedeutung hierin ist die Ausstellung
des erwiesenermaßen auf beachtlichem Niveau
stehenden schöpferischen Kunsthandwerks der
österreichischen Avantgarde in New York, die
heuer im Frühiahr stattfand. Erstmals eine Spitzen-
gruppe auf dem bekannt harten New Yorker Baden.
Erstmals nach 1945 überhaupt eine Präsentation
in den USA, die dank der Initiatoren eine würdige
und erfolgreiche war.
Regensburg - Aus der Ostdeutschen Galerie
Mit einer Gedenkausstellung ehrte man hier einen
der Mitbegründer der „Dresdener Sezession",
Constantin von Mischke-Collande, der mit Otto Dix,
Oskar Kokoschka u. a. 1919 diese mit ins Leben rief.
Sein Werk, anfänglich expressionistisch ausge-
richtet, war eine eigenständige Synthese gewisser
zeitgenössischer Strömungen. Verfemt im
Dritten Reich und seines Werkes zum überwiegenden
Teil in dieser Ära verlustig, fand der schlesische
Künstler anfangs der fünfziger Jahre in Nürnberg
zu einem allerdings nur mehr kurzen neuen Anfang.
Strasboura - Denkmalschutziahr 1975
Höhepunkt des langsam zu Ende gehenden „Jahres
des Denkmalschutzes 1975" wird der vom Europarat
breit angelegte Kongreß in Amsterdam vom
21.-25. 10. 1975 sein, bei dem von den zu
erwarteten über 1000 Delegierten aus 25 euro-
päischen Ländern die Annahme einer „Europäischen
Deklaration" erfolgen wird. Im Zuge der bereits
anläßlich des Denkmalschutziahres erfolgten
Kongresse und Symposien in Zürich, Edinburgh,
Bologna und Krems soll Amsterdam den
feierlichen und hoffentlich echten Nutzen bringen,
Reports über Erhaltung und Ausbau des
Denkmalschutzes im Zusammenhang mit urbaner
und regionaler Planung, Verantwortlichkeit von
lokalen Bevollmächtigten und Bürgern, soziale
Probleme der integrierten ergänzenden Erhaltung,
Gesetzgebung und Administration, finanzielle,
technische und praktische Mittel und Möglichkeiten
der Restaurierung. Unter dem Titel „Future of the
Architectural Heritage in the Year 2000" sollen
auf einer Round Table zu ergreifende Maßnahmen
und die anhängenden Probleme des Denkmal-
schutzes in den kommenden Jahren diskutiert
werden. Einen besonders festlichen Rahmen wird
dieser Kongreß erhalten, da Amsterdam zur Zeit
im Zeichen der Feierlichkeiten onläßlich der
700-Jahr-Feier seiner Gründung stehen wird.
Im Riiksmuseum wird eine spezielle Schau einge-
richtet werden, die die sogenannten „pilot proiects"
aus dem Programm der EAHY, die in zwölf
europäischen Ländern laufen, zum Gegenstand hat.