DUIRUTIHIIEUM
KUNSTABTEILUNG, WIEN, l., DOROTHEERGASSE 11,
Tel. 52 3129
611. Kunstauktion
16.,17.,18. und 19. März 1976,
14 Uhr
Gemälde, Graphik,
Jugendstil, Skulpturen, antikes Mobiliar,
Antiquitäten, Asiatika,
Waffen.
Besichtigung:
11., 12., 13. und 15. lVlärz 1976
v0n1O bis18 Uhr
S0nntag.14. lVlärz, von 9 bis13 Uhr
Die Auflösung fand am Freitag, dem 28. November
1930, in Berlin statt. Also fast auf den Tag genau
vor 45 Jahren!
Diese Bestände befanden sich in dem weiträumigen
Wiener Palais, das sich der Sammler E. Miller von
Aichholz für seine Kunstschötze errichtet hatte und
später von Camillo Castiglioni mit der Einrichtung
erworben wurde. Auf dem Platz dieses Palais in
der Prinz-EugemStraße, das durch Kriegsein-
wirkung schwer beschädigt wurde, befindet sich
heute das Gebäude der Wiener Arbeiterkammer.
Da die Sammlung Miller von Aichholz vorwiegend
auf die italienische Renaissance eingestellt war,
lag das Schwergewicht der vorliegenden Sammlung,
was das Kunstgewerbe betrifft, auf den italienischen
Nußholzmöbeln der Renaissance und auch des
I7. Jahrhunderts, soweit die Barockzeit noch in
der Konstruktion und den Grundformen der
Tische, Sitzmöbel, Truhen und Schrankmöbel an der
Tradition des I6. Jahrhunderts festgehalten hat.
Es war ein seltenes Ereignis - nachdem Amerika
den greifbaren Bestand alter Möbel aus Italien
mehr und mehr aufgesogen hatte -, daß eine so
vielseitige Sammlung gut erhaltener Möbel dieser
Art auf den Markt gelangte. Namentlich über-
raschte die beträchtliche Zahl vielbegehrter Tische
aus massivem Nußholz, unter denen die
verschiedenen Typen der monumentalen Langtische
sowohl in reicher wie in einfacher Ausführung,
und der runden oder ochteckigen Tische mit
verschiedenartigen Lösungen des zentralen
Unterbaues vertreten waren. Sehr bemerkenswert
war unter den letzteren der wahrscheinlich
ligurische Tisch, dessen Fuß und Deckplatte aus
einem Quadrat in eine Rundplatte zu verwandeln
sind.
Von großem Interesse waren die Truhen vorwiegend
schlichter Art, beginnend mit einem gotischen
Obiekt des I5. Jahrhunderts aus Norditalien,
dessen Schauseiten mit geschnitzten Maßwerkrosen
verziert waren. Dann gab es eine lombardische
Truhe mit mittelalterlicher Holzmosaikverzierung,
deren Gegenstück sich im Kaiser-Friedrich-Museum
befindet. Hervorzuheben wären noch zwei
Truhenfüllungen aus Verona mit großartiger
heraldischer Schnitzerei.
Die monumentale Gestaltung der italienischen
Sitzmöbel wird durch die vornehme Florentiner
Cassapanca der Hochrenaissance, die Bank von
1560 mit dem eingelegten Wappen der Chigi und
durch die beiden dreiseitigen Bänke eines
mittelalterlichen Chorgestühles der Frührenaissance
veranschaulicht.
Der italienischen Kunst vom I3. bis zum 17. Jahr-
hundert gehört auch die große Mehrzahl der
Skulpturen aus Stein, Bronze, Stukko, Terrakotta an.
Die bedeutenden Kleinbronzen beurteilte der
Kunsthistoriker Dr. Leo Planiscig im folgenden.
Von den fünfzig zur Versteigerung gelangten
Bronzestatuetten fallen besonders auf: die
Branzegruppe„Herkules und Anthaeus", Höhe 47cm,
von Giovanni da Bologna (im Bronze-Katalog
Castiglioni Nr. 80) sowie eine weitere Gruppe des
gleichen Meisters „Herkules und der Kentaur
Nessus", Höhe 40 cm. Ein in der Kunstgesdtichte
mehrfach gewürdigtes Werk, das ursprünglich aus
der Sammlung Huldschinsky stammt (Katalog-
Nr. 80, Tafel 60, vgl._Bade, Bronzestatuetten,
Tafel 189. Planiscig), Katalog der Bronzen imWiener
Kunsthistorischen Museum Nr. 261.
Bedeutend war auch der Bestand an Textilien,
Wandteppichen aus Florenz, Gobelins mit dem
Tode Leonardo da Vincis und mit der Geschichte
Coriolan nach Gemälden von Menageot aus den
Jahren 1781 und 1789, aus der Manufacture
Rayal in Paris.
Zahlreiche Maioliken (Derutaschüssel, Nürnberger
Preuningkrug], die Goldschmiedearbeiten aus der
Toskana, mit Emailverzierung und französische
75