MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 144)

noch wertvallere Bestände: die von Alfred Kremer 
in Weilheim, das Museuinlydia Bayer in Würz- 
burg", in München bei Eugen Roth, DT. Rath- 
Wölfle und Karl Praebst, in Bamberg bei Mei- 
senbach und in Basel bei Engelmann. Dieser zu- 
sammengetragene Reichtum aller Sammlungen 
wäre tragendes Fundament für die längst anste- 
hende manographische Behandlung der Gat- 
tung Spitzenbild mit Aufstellung eines Typen- 
katalogs, Chronologie von Formen und Varian- 
ten und regionalen Sanderheiten. ln die bis 
heute nur schwer zu beantwortende Frage nach 
lokalen Herstellungszentren wäre dadurch eben- 
falls Licht zu bringen, denn die paar bekannten 
Werkstätten bei den Schwestern van Reutberg 
bei Bad Tölz, von Altenhahenau und Salzburg, 
Maria Loreto und die Ursulinen von Landshut- 
Seligenthal gehören nicht zu den bedeutendsten. 
In diesem Zusammenhang müßte auch das Phä- 
nomen Spitzenbild nach seiner genealogischen 
Herkunft abgefragt werden, denn die frühesten 
Erzeugnisse sind im Orient nachweisbar". Die 
Schnittkunst fand früh Pflege besonders in Per- 
sien und der Türkei. Dort fanden die geometri- 
schen Ornamente, die floralen Motive und kalli- 
graphischen Schriften als Zierde von Buchein- 
bänden Verwendung. Als schließlich seit dem 
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Artemis. 
16. Jahrhundert in Konstantinopel eine eigene 
Zunft der Papierschnitzer bezeugt ist, sind auch 
frühe Schnittbilder in Alben gesammelt bekannt. 
Über den Balkon und über Venedig dürfte der 
Weg des östlichen Schnittbildes nach Europa 
verlaufen, und vielleicht spielen dabei die Tür- 
keneinfälle gar keine so unbedeutende Rolle. 
Abschließend noch ein Blick auf das Miniatur- 
medaillon und seine ikonographische Breite, die 
von Genre- und Schäferszenen, Freundschafts- 
bildchen, über Embleme bis hin zu Heiligen- 
darstellungen reicht, doch bildet das Heiligen- 
thema dabei den Hauptanteil. Des Heiligen 
Brustbild wird dabei bevorzugt, seltener wer- 
den ganze Szenen dargestellt, wie z. B. der 
Drachenstich des heiligen Georg, Vision des 
heiligen Dominikus, die Heilige Familie als 
Trinitas terrestris, Maria als die lmmaculata 
oder als Pastrix Bona im Ganzbild. Neben 
Aposteln sind Heilige der Barackzeit bevorzugt: 
Johann Nepomuk, Franz Xaver, lgnatius von 
10 
10 Pergamentspitzenbild mit dem seltenen Bene- 
diktiner-Heiligen Livinus (Fest: 12. Nov.). Vor- 
herrschende Asparagus- und Volutenmotive. 
1754. Format: H 290 x B 202 mm. 
11 Nadelstichspitzenbild mit St. Franzesca Romano 
in Rokokokartusche von 1777. Muster will Tüll- 
spitzen der Rokokozeit vortäuschen. Format; 
H 156x B105 mm. 
12 Hl. Brigitta im Sgitzenbild von 1778 für Abt 
Magnus Klein (176 1783) von Göttweig. Voluten- 
und Asparagusmotive, in den Zwickeln Negativ- 
schnitt und volkstümliche Bemalung. Format: 
H 323 x B 221 mm. 
Sämtliche aufgeführten Abbildun en entstammen 
dem Graphisc en Kabinett des tiftes Göttweig. 
Aufnahmen sämtlich vom Autor. 
"rrdii Dr. did Bdyer, Direktorin des Spitlltugmuäeumä 
der stddt Nürnberg, werden ebenfalls wertvolle Hinweise 
verdankt. 
1' Herr Dr, Edmund iddnert, British Mdsedtn lNDlUFdl 
Histary), London, berücksichtigt besonders den entwick- 
lungsgeschichtlichen Aspekt. 
"Werner-Konrad Jaggi, Die Pergamentspitzenbilder mit 
Darstellungen des hl. iddntiiis vdn Muri: unsere Heimat, 
Jsahwreäschritt der Hist. Gesellschaft Freiamt 40 (1966), 
. - 7. 
11 Werner-Konrad Jaggi, Die Per amentspitzenbilder der 
Zisterzienserabtei Wettingen: ad ener Neuiahrsbiötter so 
1955i, s. 37-41. 
H d der Kiinterstieti des David Herrliberger rnit der Dar- 
stellun eines Pfarreirisatzes in der Kirche Maur; Werner- 
KOnrCl Jagii, Ein Pergamentschnittbild vom Ptarreinsutz 
in Hombrec tikon im. Züricher Tdsetienbiisti dttt dds 
Jahr 1967, Zürich 1966, s. 77-114. _ 
"Aiissteiidngsirdtdidg ardntiiseties Kabinett Stift Göltweig, 
Barocke Spitzenbilder, d. d. 0., Nr, s VON 1725. 
"Eiitdsän ROth, ZUM steten Angedenken, d. a. 0., Abb. 
ßAiissteiiiin skatalog Graphisches Kabinett stitt Göttweig, 
d. d. o., . 46-7, Nr. a7 von im. 
Anmerkungen 18-25 
Y 
Unser Autor: 
P. Dr. Gregor Martin Lechner OSB 
Bibliothekar, Archivar und Kustos 
der Kunstsammlungen Göttweig 
A-35H Stift Göttweig, N0, Post Furth 
Layola, Rosalia, Theresia von Avila unc 
als Nährvater. Hinzu kommen beliebte N 
patrane wie Antonius, Augustinus, Micha 
rothea, Katharina, Cäcilia, Brigitta und l 
retha. Lokale Gnadenbilder wie die Trii 
Sonntagsberg oder Lokalheilige und selte 
densheilige helfen gelegentlich Male 
Schneider lokalisieren, die Sonntagsberg 
nitöt für Stift Seitenstetten, der hl. Leontii 
Muri", das Gnadenbild van Maria Einsi 
zusammen mit Nikolaus von Flüe für Ein: 
ldda von Toggenburg für Fischingen, dei 
derbischof Altmann von Passau für G1 
und das Lareto-Kindl mit St. Erentrud fE 
burg. Gelegentlich ist sogar die dafi 
wendete Stichvorlage" nach einem G 
eines bekannten Meisters noch durchzi 
oder ein festgelegter Gnadenbildtypus i 
Mariazellerin in einer dortigen Werksta 
die Pieta des Willem Key" im Nochsti 
Carl Gustav Amling in der Krumpperschei 
gestaltung mit dem Taubenpaar. 
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, dem 
lichen Jahrhundert des Spitzenbildes, ka 
nochmals zu vereinfachenden Herstelli 
rianten, zum bequemen und nicht so 
benden Ersatz des echten Spitzenbildes, 2 
 
druckten. Die Spitze wird in Leimfarb 
Farbpapier gedruckt, was vergleichbar 
kungen erzielt". Eine weitere Variante 
Spitzenschablane, bestehend aus versc 
sten Spitzenabföllen in variablen Kam 
nen, die, auf Papier gelegt, nur die ' 
unberührt gelassenen Teile einer Ein' 
preisgibt. Das Ergebnis ist ein unplastisc 
pierbild an Stelle eines Spitzenbilde 
Flachheit, die mittels aufgeklebter Faliei 
habener Prägung wettgemacht werder 
Diese erstmals neu aufkommenden Behi 
niken sind zwar nur wenig belegbar, 
kurzer Dauer, doch unbehalfener Ersatz 
zunehmend wegfallende Spitzenbildprc 
in den vielen Klctsterwerkstätten nach di 
phinischen Klosterreform in Österreich t 
Sökularisation von 1803. Van ietzt an dt 
das maschinell gestanzte Papierspitzenk 
Technik des Schneidens lebt abgeänder 
im profanen Scherenschnitt des Empire.
	        
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