ll Der ottonische Bau der Stadtpfarrkirche
in Zell am See
Hofrat Pagitz ist auch Zusammen mit Franz Fuhr-
mann, Ordinarius für österreichische Kunstgeschichte
an der Universität Salzburg, und mit Fritz Massleit-
ner, Kustos für Archäologie am Salzburger Museum
Carolino Augusteum, eine einwandfreie Interpreta-
tion iener Grabungsergebnisse zu danken, die an-
läßlich der im Dezember 1975 abgeschlossenen Re-
staurierung der Stadtpfarrkirche zum hl. Hippolyth
in Zell am See unter dem dortigen Fußboden ge-
macht wurdenÄ
Ist auch die Restaurierung innerhalb der Mauern
der Pfarrkirche und also hier auch die Grabung ab-
geschlossen, sa sind die Forschungen über die ehe-
malige Doppelkirchenanlage und vor allem über die
ortsnamengebende „cella" des B. Jahrhunderts im
ehemaligen „Bisanzio" noch keineswegs zu Ende ge-
führt. Außerhalb der Pfarrkirche - neben dieser
stand dicht benachbart bis 1729 bzw. 1770 eine Ma-
rienkirche - werden die Grabungen in diesem Jahr
weitergeführt werden (worüber zu gegebenem Zeit-
punkt ebenfalls in dieser Zeitschrift berichtet wer-
den wird).
Durch den Grabungsbefund ist exakt nachgewiesen,
daß der Bau I an der Stelle der heutigen Zeller
Pfarrkirche ein langgestreckter Apsidensaal (rund
8x32 m) mit Krypta und löngsgerichtelen Annex-
röumen war; diese Annexröume schlossen ebenfalls
mit Ostapsiden.
Erzbischof Odalbert (923-935] wählte Zell während
der unsicheren Jahre zwischen der Niederlage des
bayerischen Heerbannes bei Preßburg (907) und der
siegreichen Schlacht auf dem Lechfeld (955) als Zu-
fluchtsstötte im Gebirge aus, die offenbar auch
Odalberts Nachfolger beibehielten. Daß an einem
solchen Ort eine dem Erzbischof von Salzburg wür-
dige Kirche vorausgesetzl werden kann, bedarf
eigentlich keiner weiteren Begründung. (Wichtig
bleibt die Weiterverwendung der Krypta durch den
stauferzeitlichen Bau, eine turmlose dreischiffige
Pfeilerbasilika des an diesem Ort vor 1129 und bis
1216 existierenden Augustinerchorherrenstiftes.)
Fuhrmann macht darauf aufmerksam, daß man an
diesem Bautypus, mit dem sich neben anderen Louis
Grodecki", Walter Baeckelmannt und Hans Sedl-
mayrs auseinandergesetzt haben, zwei Hauptvarian-
ten streng unterscheiden sollte; und zwar ienen mit
quergerichteten und ienen mit längsgerichteten An-
nexen, die auf ieden Fall niedriger als der Haupt-
raum sind.
Selbst wenn den ausstehenden Grabungen nach
„cella" und Marienkirche kein Erfolg beschieden sein
sollte, wird allein durch die Erforschung dieses
ottonischen Kirchenbaues die Stadtpfarrkirche von
Zell am See zu einem grundsätzlich wichtigen Bau-
werk der Kunstgeschichte Österreichs.
3 Ausschnitt aus einer alten Ansicht von Zell am
See [Salzburger Landesarchiv) mit der Darstel-
lung der großen Überschwemmung von 1737.
Neben der Pfarrkirche zum hl. Hippolyth (mit
der Rundapsis) die alte Marienkirche
4 Grundriß der Stadtpfarrkirche Zell am See.
Bau l, vorromanisch, 9.-10_ Jahrhundert
5 Stadtpfarrkirche Zell am See- Krypta mit auf-
gehendem ottonischem Mauerwerk
Anmerkungen 2-5 _
lAusführlidie Grabungs-, Freilegungs- und Restaurierungs-
berichte sind in der durch das Stadtpfarramt Zell am Sao
zu beziehenden Festschrift [Preis S 100.-) enthalten.
1 Louis Grodecki, Uarchiteclure ottonienne, Paris 1958.
'Walter Baeckelmann, Grundformen im frühkarolingisdten
Kirchenbau des östlichen Frankenreidies, in: Wallraf-
Richartz-Jahrbuch, 1B, 1956, S. 27-69.
SHans Sedlrnayr, Mailand und die „croisillans bas", in:
Festschrift für Eduardo Arslan, Mailand, 1966, S. 113-128.
Ü Unser Autor:
Franz Wagner
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