I Aktuelles Kunstgeschehen l Österreich
Galerie Academia
Heinrich Heuer
Die gezeigten rund dreißig graphischen Blätter -
Gouachen, Radierungen und Mischterhniken -
erweisen van neuem das hohe bildnerische
Vermögen Heuers wie seine handwerkliche Brillanz.
Die organischen Strukturen und der Umgang mit
Reflexionen aus Traum und Unbewußtem zeigten
Heuer, wie schon in der Ausstellung seiner Werke
am gleichen Ort vor zwei Jahren, von seiner besten
Seite - als konsequent und unermüdlich arbeitenden
Künstler.
(Oktober 1975)
Franz Wagner
Tirol
Innsbruck
Galerie im Taxispalais
Selbstporträt als Selbstdarstellung
Im Katalog, der, wie fast immer bei konzeptioneller
Kunst, Beitrag und Bestandteil der Ausstellung ist,
wird im Zusammenhang mit dem Selbstporträt von
privatem Exhibitionismus gesprochen, der in der
aktuellen Kunst problematisch geworden sei.
Während aber gerade in den großen Selbstporträts
der Vergangenheit Exemplarisches und damit auch
gesellschaftsbildende Konzeptionen ausgesprochen
wurden, scheinen uns viele Fotoporträts dieses
Zyklus sehr individuell und oft auch noch Ausdruck
psychopathologischer Züge zu sein. Echte Versuche
der Darstellungen ihres Seins scheinen uns iene der
Friedl Bandy, des Agnetti, Gerz, Oberhuber,
Parmiggiani und Salva zu sein.
(14. 10.-5. 11. 1975) - (Abb. 10-12)
Steiermark
Neue Galerie
Graz
Werke der X. internationalen
Malerwochen 1975
42 sehr unterschiedliche Exponate von zwölf
Künstlern aus Italien, Jugoslawien, Ungarn und
Österreich. Kanstruktivismus und Neuer Realismus
beherrschten die Schau. Allein Emilia Tadini schlug
zum Dadaismus und Loize Logar zur Pop-art aus.
Als besonders begabten Vertreter des Realismus
kann man den in Usterreiah lebenden Ungarn
Stefan J. Gyurko ansprechen. Eine andere Art von
Realismus vergegenwärtigt Franz Motschnig,
unmittelbarer, kräftiger, härter und plastischer. Ist
der eine mehr vom Gedanklichen, so der andere
mehr vom optisch Geschauten beeinflußt. Ganz
aus dem Zusammenhang des üblichen Ausstellungs-
schemas fiel Günter Lierschof mit seinen
„Gesprächen mit einem Baumstrunk".
(7.-19. 10. 1975) - (Abb. 13, 14)
Markus Raetz
59 Exponate, Zeichnungen, Aquarelle, Radierungen.
Raetz wird als einer iener Schweizer Maler
bezeichnet, die international am anerkanntesten
sind. Bei den ausgestellten Obiekten handelt es sich
meistens um stenogrammartige Notierungen sehr
persönlicher Art. Freilich ist bei einigen Blättern ein
sehr starkes graphisches Gestaltungsmoment zu
erkennen, meistens liegt aber der Schwerpunkt im
spielerischen und ist etwa mit den Zeichnungen
Dostajewskis auf seinen handschriftlichen
Manuskripten vergleichbar.
(24. 10.-30. 11. 1975) - (Abb. 15)
Urs Lüthi
Arbeiten 1970-1975: zehn Fotos und sechs Offset-
Iithographien. Lüthi zeigt Lüthi. Bewußte
Selbstdarstellung des Menschen. Wie in vielen
anderen Kunstsparten, so scheinen sich auch hier die
Grenzen zwischen den Disziplinen zu verwischen
und das Schauspielerisdie und Darstellende zu
vereinigen bzw. im Schaustellerischen zu münden.
(24. 10.-80. 11. 1975) - (Abb. 16, 17)
Rudolf Spahn
13 Olbilder und 96 Zeichnungen und Aquarelle.
Siebzig Jahre ist dieser Maler geworden, dann
starb er und hinterließ allein etwa 2000 Blätter
40
seines zeichnerischen Werkes. Er war gegen
Selbstreklame, in unserer Zeit also auf verlorenem
Pasten, noch dazu, da er nicht die ieweils
obligaten Madeströmungen mitmachte. Seine
Olbilder bewiesen Malqualitöten, die vom
Expressionismus herkommen, auch surreale Züge
finden wir. Bei den Graphiken arbeitete er oft mit
einer einzigen zusammenhängenden Linie einen
halben Kärperumriß heraus.
(5. 12. 1975-11. 1. 1976) - (Abb. 18)
Wettbewerbsausstellung
152 eingereichte Arbeiten von sehr verschiedener
Qualität und Ausführung. Der Kunstpreis des Landes
Steiermark wurde Bernhard Müller für sein
Dispersionsbild „itika luslal" zugesprochen. Den
Förderungspreis des Bundesministeriums für
Unterricht bekam Egon Waltl für das große
Temperabild „MAN SETZT MIR GRENZEN" und
ienen der Gesellschaft der Freunde der Neuen Galerie
Unthink Faktor für eine dreiteilige Fatomontage.
Die Ulbilder „die irdische und die himmlische liebe"
von Ferdinand Penker und „flucht in die
anonymität" von Friedridw Ertl wurden zum Ankauf
empfohlen.
(16. 12. 1975-11. 1. 1976) - (Abb. 19)
Oberösterreich
Linz
Neue Galerie
Ernst Haas
Nachkriegsreportage des bekannten Fotografen.
Hervorragende Bilder und Zeitdokumente. Eine
Schau, die gerade zum dreißigsten Bestehen der
Republik zu zeigen sehr wichtig war. „Die Fotos
gliedern sich in mehrere Gruppen: Ruinen, wartende
Frauen und Heimkehrer, Flüchtlinge und
Obdachlose, Menschen auf der Straße und
Menschen, die ihren Hunger stillen." Bilder, die die
heutige Generation nur von fernen Gegenden, etwa
Vietnam, zu sehen gewohnt ist, Bilder, die ihr
vielleicht zu denken geben.
(23. 10.-15. 11. 1975) -(Abb, 20, 21, 22)
Club der Begegnung
Herbert Pasiecznyk
Bilder verschiedener realistisch gemalter
Gegenstände in einem isolierten Raum. Ganz banale
Dinge bekommen einen fast magischen Charakter
und scheinen Träger eines ihnen fremden Sinnes zu
sein. Die verhaltene Farbgebung tut nach das lhre
dazu. Der Einfluß der Surrealisten kann nicht
verleugnet werden. Mit dem Wiener Phantastischen
Realismus haben diese Bilder allerdings nichts zu tun.
(5. 11.-5. 12. 1975)
Niederösterreich
Perchtoldsdorf - Galerie Romanum
Rudolf Kriebaum
Es ist eine phantastisdie Welt, die uns dieser Maler,
Autodidakt, und doch schon mit vielen
Ausstellungen weit über Österreichs Grenzen
bekannt, hier zeigte. Er arbeitet in einer
Mischtechnik (Fede eichnung, Spritzverfahren),
aber auch sehr präzise Radierungen kommen aus
seiner Werkstatt. Die gezeigten Graphiken
erinnern an Querschnitte seltsamer Organismen, an
Materungen floraler Gebilde, an Mikrostrukturen.
Der Phantasie wird hier auch ein weiter Spielraum
im Weltall zugewiesen, wo sich Zukunftswelten und
-wesen gruppieren.
(1. 10.-28. 10. 1975) - (Abb. 23)
Mistelbach - Galerie Weinviertel
Kurt Ammann
18 große Aquarelle und etwa ebensoviele
Radierungen. Die Aquarelle entstammen drei
Zyklen. Da gab es Landschaftsstrukturen, dann die
Gruppe der Zeichen, man denkt bei ihnen an
ostasiatische Tuschearbeiten, und schließlich die
Gruppe der kosmischen Ereignisse. Letzteres Thema
schneidet Ammann auch immer wieder in seinen
sehr sauber gearbeiteten Radierungen an. Es ist
erfreulich, daß auch saldte qualitätsvalle Arbeiten,
die für das Publikum einer kleinen Stadt (einem
Publikum, das nicht mitten im zeitgenössischen
Kulturbetrieb steht) vielfach neue Formen zeigten,
großes Interesse und auch Käufer fanden.
(24. 10.-28. 11. 1975) - (Abb. 24)
Alois Vogel
Dissertation über Michael Wutky
Frau Brigitte Kuhn, Marktgraben 1, 6020 Innsbruck,
arbeitet an einer Dissertation über das Werk des
Landschaftsmalers Michael Wutky (1739 Krems -
1822 Wien) und bittet, über Gemälde und
Zeichnungen im Privatbesitz Nachricht an sie zu
geben.
Salzburg, Residenzgalerie
Vom 1. März bis zum 30. April 1976 werden in
einer Sonderausstellung der Salzburger Residenz-
galerie über 100 ausgewählte Blätter aus dem
graphischen Werk von Oskar Kokoschka gezeigt
werden. w