. Österreichisches Museum für angewandte Kunst
William Blake
Poet - Printer - Prophet
Ausstellung illuminierter Bücher
gemeinsam mit dem British Council,
arrangiert vom William Blake Trust
Altes Haus, Eitelbergersaal + Galerie
Wien 1, Stubenring 5
7. 5.-7. 6. 1976
London, 1757. In Soho wird ein auf weite Strecken
hin unbeachtet agierender und in Vergessenheit
geratener Künstler, William Blake, geboren,
dem heute erst einigermaßen richtige Einschätzung
widerfährt. Vorerst war ihm die „Karriere" eines
Kupferstechers bestimmt. Nach sieben Lehriahren,
gesellschaftlich „inferior", drohte ihm ein Leben
lang die reproduzierende Beschäftigung mit Werken
von Künstlern. Mag sein, daß einerseits diese
Aussichtslosigkeit und anderseits die schon früh
okkulte Veranlagung und extrem-visionäre lntro-
vertiertheit seine prophetische und missionarische
Natur anspornte, sich Höherem zuzuwenden.
Milton, Böhme, auch Paracelsus wiesen alsbald
auch dem iungen Blake den eigenen Weg. Als
frühromantischer Dichter, aber auch als Maler
erfuhr er Anerkennung. Eher im Obskuren aber
verlief sein Schaffen auf dem buchkünstlerischen
Sektor, das er mit entdeckerischer Hingabe betrieb.
William Blakes illuminierte Bücher - das
interessante Thema und Gegenstand der Exhibition
- entstanden mittels eines Verfahrens, bei dem
Text und Zeichnung, auf einer Druckplatte vereint,
völlig neue Möglichkeiten eröffneten. Nach
anfänglichem Experimentieren erlangte Blakes
Methode, Bücher zu illuminieren, mit den „Songs
of lnnocence" erste Reife. Diese auf das Kind
abgestimmte Gedichtefalge hat Christus als
zentrales Thema. Denn, so folgerte der Künstler,
das von der Welt noch unverdorbene Kind sah
in Christus die einzig wahre Existenz. lm nächsten
Werk, den „Songs of lnnocence and Experience",
scheint - beeinflußt durch das London des
18. Jahrhunderts, das er als Brutstätte alles
Korrupten und Atheistischen empfand - der Tenor
seiner Lyrik verzweifelter, was sich auch in der
Düsternis und Schwere der Illumination nieder-
schlägt. In den Bildern zum „Baok of Thel" ist
ein Mädchen, noch in „Unschuld", Sinnbild für
Blakes Zentralthema seiner Vorstellung von
Unschuld und Erfahrung. Blake zelebriert hier quasi
die Idee vom „9uten" Sündenfall. Mit dem Buch
„Marriage of Heaven and Hell" hinwiederum
versuchte Blake, von der Französischen Revolution
enthusiasmiert, deren Aufflammen historisch und
theologisch zu untermauern.
Den absoluten Gipfel seines buchkünstlerischen
Schaffens erreichte Blake Ende 1800 und danach
mit seinen prophetischen Büchern und Blättern.
Die Ausstellung zeigte hier in geradezu unschätzbar
vorzüglichen Faksimiles „America, a prophecy",
1793, dann „The Vision of the Daughter of Albion",
1793l94, weiters „The Book of Urizen" 1794, das
gewaltige „Jerusalem"-Epos, das Blake über den
langen Zeitraum von 1804 bis 1820 geschaffen hat,
und schließlich „Miltan, a Poem", 1804. Diese
prophetischen, illuminierten Bücher waren es auch,
die William Blake zum Exzentriker stempelten.
Sie gelangten in nur wenigen Exemplaren aus
seiner eigenen Presse an die Öffentlichkeit.
Erst die Erschließung eines größeren Publikums-
kreises durch gute Faksimiles ein Jahrhundert
später und die verdienstvolle Tätigkeit des 1949
in England gegründeten „William Blake Trust"
im 20. Jahrhundert, der mittlerweile 14 Bücher
Blakes unter der Ägide der Trianon Press in
hervarragendster Weise faksimilieren konnte,
sichern dem Werk Blakes auf dem Gebiet der
Buchkunst die dauernde gebührende Würdigung.
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„moderne" Mensch des 20. Jahrhunderts der
reichen Bildthematik dieses britannischen
rebellischen Kritikers und Visionärs willig in die
phantastisch-verschlungene Mystik einer Vorvor-
iahrhundertwende folgte. Bedauernd mußte man
einen unbebilderten Faltprospekt anstatt eines
Kataloges dem Publikum - diesen allerdings
kostenlos - zur Hand geben. Aber auch
Großbritannien kann nicht umhin, sparen zu müssen.
(Abb. 1-4)
Franz Schuster l 1892-1972
Ausstellung der Hochschule
für angewandte Kunst, Wien
Neues Haus, Parterresäle
Wien 1, Stubenring 5
11.6.-31.7.1976
Auch der Mensch Zeigt trotz gleicher
Anordnung der Grundformen von Augen
und Ohren, von Nase und Mund und
den Farmen der Kärperglieder einen
erlebnis- und abwechslungsreichen Ein-
druck auf den Betrachter. Dies in sinn-
voller Art bei der Gestaltung der Um-
welt zu beachten, ist Voraussetzung
einer daseinswürdigen Ordnung in den
einzelnen Bereichen und eine Hilfe ge-
gen Chaos und Verwirrung, die nicht
nur die äußere Erscheinung verdirbt,
sondern auch das leibliche, seelische
und geistige Verhalten der Menschen
bedroht. Franz Schuster
Der Architekt Franz Schuster war von früh an der
Hochschule, vormals der Kunstgewerbeschule,
verbunden. Hier bekam er sein Rüstzeug für ein
reicherfülltes Architektenleben mit, hier lernte und
lehrte er. Nicht allzubekannt im weiteren
internationalen Bereich, war er doch eine
Ausnahmeerscheinung, die sa gar nicht nach
äußerem Ruhm strebte mit gigantisch-spektakulären
Proiekten. Frau Bundesministerin für Wissenschaft
und Forschung Dr. Hertha Firnberg „zählt ihn zu
iener Generation österreid1ischer Architekten,
die vor der Aufgabe gestanden sind, auf die
veränderten sozialen, wirtschaftlichen und
politischen Verhältnisse unseres Jahrhunderts neue
ästhetische und architektonische Antworten zu
finden". - Schuster war ein Architekt ahne Pathos,
iedodi voll leidenschaftlicher Hinwendung zum
Menschen. Für ihn baute er, und er, der Mensch,
bestimmte sein reiches Architektenleben. Schuster,
der Architekt mit der Geste des „Sich-Offnens".
Einem Gestus, den er in seiner Architektur
ausdrückte. So löste er die Strenge des Vierecks,
versetzte die Baulinie in Kurven, fand über bauliche
Verhaltenheit zum Organisch-Nützlichen. Nicht die
ästhetische Struktur, sondern die Struktur der
Bedürfnisse prägte sein Architektenbewußtsein.
Daraus auch leitete er seine Prinzipien des Bauens
ab. Tessenow als Lehrer stand ihm näher als
Josef Hoffmann. Tessenow war es, der Schuster,
seinen Schüler und späteren Mitarbeiter, mit den
neuen Intentionen der Gartenstadt und des
Siedlungsbaues „infizierte", der damals, in noch
verkehrsärmeren Zeiten also schon, das periphere,
flache „lm-Grünen-Wohnen" als gesünder erkannte,
was mittlerweile längst zur Flucht aus der
betanernen Urbanität in die Zweitwahnung aufs
Land ausartete. Franz Schuster hat früh schon
„seinen Stil" gefunden. Dies markiert uns Mag.
Arch. Herbert Sommer, der lange Jahre neben und
mit ihm gewirkt hat. Wie sehr Schuster um stets
ganzheitliche Lösungen bemüht war, bewies er
bereits 1930 in Frankfurt, wo er nach Hellerouer
und Wiener Jahren seit 1727 lehrte und wirkte.
Wie sehr ihn beim Bauen die sozialen Aspekte
bestimmten, ia geradezu bedrängten, bewies er
mit der hier von ihm erbauten Friedrich-Ebert-
Siedlung. Noch vor deren Fertigstellung leitete er
eine Aktion der Wohnberatung und beriet auch
den letzten Mieter in Fragen der Wahnungsein-
richtung, deren Beschaffung, aber auch in der
Umarbeitung alten Mobiliars zum wiederver-
Verantwartlichkeit, die über die Maßen hoch war
und die Beispiel machen sollte. Nicht weil wir hier
den alle aufwühlenden so tiefen „Fall" der
Wiener Reichsbrücke hereinzerren wollen,
bei dem ein ebensolches Übermaß an Un-Verant-
wartlichkeit zur Katastrophe eines Architekturwerke:
führte, dem schon bei Errichtung Konstruktions-
mängel, ganz gravierende, wie es scheint,
angelastet wurden und nun zutage traten.
Hier müßte unverzüglich ein Umdenken einsetzen,
müßten die Verantwortlichkeiten gewachsenen und
berufenen Architekten überantwortet werden.
Politiker sind hier nur sekundär am Platze. Nicht
immer auch muß es mangelnde Betonqualität,
schlampige Kontrollen oder gar keine sein, sondern
mitunter auch mangelnde Bereitschaft einzelner in
der Arbeitskette vom Schreibtisch herab bis zum
letzten Betonmischer daran zu denken, welch
ungeheure Verantwortung auch das scheinbar
„kleinste" Glied für Mensch und Zukunft zu tragen
hat. Und hier sind wir wieder bei Schuster, der
aus diesem Wissen heraus das Optimalste in
seinem Architekturwerk für gerade gut genug hielt.
Weil er an den Menschen dachte und sich nicht
abstrakt-imaginativen schönen Architekturen
hingab, die nun einmal auf eines ieden Architekten
innerem Zeichenblatt stehen. Schuster verzichtete
eben auf die bestechenden, dynamisch-kühnen
Fassaden und sonstigen Panoramenwirkungen
zugunsten des schlichten Zweckbaues. Bauliches
Außen war funktionelle Umkleidung des rationellst
nutzbaren Innern. Akribisch rang er dem zu
erstellenden einzelnen Wohngeviert das Maximum
an Verwendungsvielfalt für den Bewohner ab.
Er konzipierte aus dem Wissen um die
Problematik des erträglichen, gesunden Zusammen-
seins von Gemeinschaft und Familie heraus und
wuchs zum leidenschaftlichen Verfechter und
Aktivator der erwähnten Siedlungs- und Garten-
stadtbewegung heran. Schuster verlieh seinen
Ansichten und ldeen in zahlreichen Publikationen
Ausdruck, propagierte neue Gesichtspunkte des
Sehens. Mit dem Opel-Bad in Wiesbaden beispiels-
weise hat Schuster in diesem Bereich ein
Standardwerk geschaffen. Auf südseitigen Wein-
bergterrassen entwickelte er nach klarem,
funktionellem Konzept eine Anlage von zeitloser
Schlichtheit in bis ins Heute wirkender schöner
Formensprache. Und das 1932.
Mit der Rückkehr Franz Schusters nach Wien in
krisenreichster Zeit, 1936, eröffnete sich auch seine
bedeutsamste Aufgabe. Er trat die Nachfolge von
Josef Hoffmann an der Meisterklasse für
Architektur an der Kunstgewerbeschule Wien an.
Von 1937 bis 1963 konnte er in Leben und Schaffen
vorbildlich und van Natur aus „geborener"
Lehrer einer Generation von Schülern verstehen
und diese zu Architekten heranbilden. Er trennte
sich schwer von ihnen und seinem Lehramt
und absolvierte zwei „allerletzte" Ehreniahre.
Einer Ausstellung, die einen Architekten würdigen
soll, sind naturgemäß Grenzen gesetzt. Besonders
wenn es sich um eine so vielschichtige Persönlichkeit
wie Schuster handelt. Doch auch aus den dem
klaren Ausstellungskonzept zugrunde liegenden
Plänen, Rissen, Bildern und Modellen, eigen-
händigen Zeichnungen und Grafiken, aufge-
schlagenen Zeitschriftenbeiträgen und Publikationen
sowie Schiilerarbeiten konnte selbst der Unein-
geweihte dieses reiche Architektenleben erspüren.
Gerade auch im Ausstellungsleben war es so,
daß Franz Schuster die Trennwand van Künstler
und Publikum niederriß. Konkret in der vom
Kulturamt der Stadt Wien veranstalteten
Festwochenausstellung 1957 hier im Österreichischen
Museum für angewandte Kunst. Jedermann sollte
hautnah dem sichtbaren Entstehen des künstlerischen
Werkes beiwohnen, das obskure Atelierdunkel