IAktueIIes Kunstgeschehen l Österreich
(ener stehen zu wollen, die - nun schon seit dem
Beginn unseres Jahrhunderts - versuchen, von
ienen herkömmlichen Elementen loszukommen, die
der historischen Kunst als Nährboden gedient
hatten. (2. 3.-27. 3. 1977)
Galerie Academia
Konrad Oberländer
Der 1938 in Ungarn geborene und seit 1960 in
Augsburg lebende Autodidakt vermittelt, wie
Markus Valazza im Katalogvarwort schrieb,
„nicht nur eine bis ins Detail ausgeführte Topo-
graphie einer von Menschen fast unberührten
Natur, sondern auch iene verloren geglaubte
,Stimmung' von besinnlicher Ruhe, Stille und Ein-
samkeit, die noch vor Jahrhunderten Einsiedler
und Mönche auf ihren Wanderungen begleitet
haben mag". (10. 2.-1. 3. 1977) - (Abb. 13)
Hans Staudacher
Werner Hofmann hat den 55iährigen Kärntner als
Künstler charakterisiert, „der im Leben die Fülle
und nicht die Regel sieht". So ist es auch nicht
eindeutig, Staudacher etwa auf ein „lyrisches
lntormel" festzulegen. Seine explosiven Arbeiten
mit ihrem unerschöpflichen koloristischen Reichtum
beeindruckten viele Besucher. (3.-27. 3. 1977) -
(Abb. 14)
Galerie Welz
Yoshi Takahashi _
Während gleichzeitig in den Erdgeschoßräumen
der Galerie Farbholzschnitte des „klassisd1en"
Utagawa Kuniyashi zu sehen waren, waren im
ersten Stock Arbeiten des 1943 in Tokio geborenen
und seit 10 Jahren im Salzburgischen lebenden
Yoshi Takahashi zu sehen. (Siehe dazu Seite 42
in Heft 122 dieser Zeitschrift.) (9. 2.-6. 3. 1977)
Markus Valazza
Vallazzas Arbeiten wurden in dieser Zeitschrift
schon mehrfach besprochen. Nun hat er als Thema
seiner virtuosen Variationen Pinocchio, den hölzer-
nen Bengel aus dem italienischen Märchen, der
nicht vernünftig und nicht erwachsen werden will,
gewählt und hat damit einen erneuten Beweis
seiner hervorragenden Zeichenkunst geliefert.
(7. 3.-3. 4. 1977) - (Abb. 15)
Franz Wagner
Tirol
lnnsbrucklGalerie Krinzinger
Turi Werkner
Der mit dem Preis der Stadt lnnsbruck ausgezeich-
nete Tiroler Künstler, der hauptsöchlich in London
lebt, zeigte absolute Graphik, die anscheinend
hauptsächlich von reinen Impulsen getragen wird.
Was im kleinen Format noch interessant und
anschaulich sein kann, wird in gebotenen Riesen-
formen langweilig, vielleicht auch ein wenig
manieriert. (26. 11.-18. 12. 1976) - (Abb. 16)
InnsbruckfDogana-Kongreßhaus
Lois Egg
Von dem lnnsbrucker Bühnenbildner waren Skizzen,
Modellentwürfe, Bühnendekorationen zu sehen.
Fern ieder extremen Art, sind diese Arbeiten eine
Möglichkeit „Abstraktion und barocken lllusianis-
mus" zu vereinen (Dr. M. Hromotka). Daß bei der
Fülle der Entwürfe auch manches ins Hübsche und
Gefällige umschlug, mit Notenzeilen unzureichende
symbolische Tupfen gesetzt werden, kann, um nur
ein Beispiel nennen, nicht die Leistung der
schlichten und vorbildlichen Lösungen bei der
Gestaltung der Ausstattung eines Bildes wie jenes
zu Horvaths „Der iüngste Tag" tilgen. Eine Fülle
von Arbeiten von Qualität. (26. 11.-15. 12. 1976)
Oberösterreich
LinzlNeue Galerie
Reimo S. Wukounig
Der Künstler wurde 1943 in Klagenfurt geboren.
Er besuchte die Kunstgewerbeschule und die
Akademie in Wien. Innerhalb der letzten Jahre
40
entwickelte er sich zu einem der eigenständigsten
Maler unseres Landes, der einen zeitnahen,
unter die Haut gehenden Realismus vertritt. lm
Rahmen der Ausstellung ist auch der Zyklus
„Zöglinge" zu sehen, mit dem Wukounig Osterreich
auf der letzten Biennale von Venedig vertrat.
(2. 12. 1976-22. 1. 1977) - (Abb. 17)
Peter Sengl
Die fast 100 Blätter in Mischtechnik und Bilder
(1970-1976) des 1945 in der Steiermark geborenen
Künstlers zeugen van dessen großem Phantasie-
reichtum. Mit unglaublichem Witz und oft bis
ins Absurde gesteigert, erfindet Sengl immer neue
Wesen, die, sucht man einen Vergleich, zwischen
Herzmanovsky-Orlando und dem Maler Attersee
angesiedelt sind, letzteren aber an Tiefgang über-
holen. Sengl hat, bei aller Grausamkeit und allen
Zwängen in seinen Bildern, Humor. Er macht
sich über unser Leben Gedanken, sieht und zeigt
die Übel, übersteigert und verzerrt sie ins Groteske,
so daß wieder eine Befreiung daraus erwächst.
(27. 1.-26. 2. 1977) - (Abb. 1B)
LinzlStadtmuseum - Nordica
Klemens Brosch
Der 1894 geborene und 1926 freiwillig aus dem
Leben geschiedene Linzer war ein von seiner
graphischen Gestaltungsweise Besessener. in einer
der Neuen Sachlichkeit verwandten Art drückte er
doch mehr und oft Hintergründiges, (a Surreales
aus. Es ist einzigartig, mit welcher fotografischen
Schärfe und Exaktheit, bei der Wahl von unge-
wähnlichen Perspektiven, die Erfassung der realen
Sicht einzig mit dem Graphitstift bei diesem Künst-
ler gegeben ist Die Ausstellung umfaßte nur
Werke, die sich im Besitz des Stadtmuseums Linz
befinden. (16. 12. 1976-9. 1. 1977) - (Abb. 19)
Steiermark
GrazlKulturhaus
Franz Xaver Messerschmidt:
Grimassenköpfe und Florentina
Pakosta: Gesichtsbildungen
Die Pakosta stellte schon vor Jahren in Wien, in
der Galerie auf der Stubenbastei, Graphiken aus,
die das menschliche Gesicht zum Thema hatten,
und schon in dieser Ausstellung waren viele der
Gesichter zur Grimasse verzerrt. Bereits damals
wurde der Vergleich mit dem berühmten Plastiker
des ausgehenden 1B. Jahrhunderts gezogen. Hier
gelang nun tatsädilich eine Gegenüberstellung der
beiden CZuvres, wobei gesagt werden muß, daß
die Pakosta sich schon vor der Konfrontation mit
Messerschmidt mit diesem Thema beschäftigte.
Sie holt bei ihren Radierungen immer wieder aufs
neue aus dem Dunkel des Grundes das menschliche
Antlitz, das oft bis zur Fratze verzerrt ist und in
dem dann das Abgründige im Menschen zum
Ausdruck kommt. Der Ausschnitt, die Beschränkung,
die Einschränkung der Freiheit, das sind nur einige
Anmerkungen, die beim Betrachten dieser Blätter
gegenwärtig werden. Auch von Messerschmidt
war eine Anzahl einmalig treffend gestalteter
Köpfe zu sehen, die leider sonst nur in Depots
verstauben. (13. 1.-5. 2. 1977) - (Abb. 20)
Niederösterreich
St. PöltenlStadtmuseum
Fellerer - Hietz - Hollemann
Die drei Niederästerreicher arbeiten sehr unter-
schiedlich, und gerade das, so scheint es uns, machte
den Reiz dieser Ausstellung aus. Fellerer, der
Jüngste, zeigte 23 Graphiken, die man einem irani-
schen Realismus zuordnen könnte. Auf sauber
abgegrenzte Flächen wird mit feinen Linien
eine absurde Situation gezeichnet, die aber mit
satirischen Formulierungen zur Wirklichkeit Bezug
nimmt. Hietz stellte 14 kleinere Plastiken, Messing,
Aluminium und Chromnickelstahl, aus. Es geht ihm
hier, wie ia auch bei seinen Steinskulpturen, immer
um ein Aufbrechen, Uffnen eines Kernes, um
einen Wachstumsprozeß. Hollemann war mit 16
Blättern vertreten. Ein erfreulich informativer
Querschnitt durch das durch Zeitkritik geprägte
Werk, das wir in diesen Heften schon äfters
besprochen haben. Eine gutgebaute Ausstellung,
die das Institut zu weiteren ähnlichen Unterneh-
mungen anspornen sollte. (7.-30. 1. 1977) -
(Abb. 21)
Schloß Schallaburg
Das Wiener bürgerliche Zeughaus
Rüstungen und Waffen aus fünf Jahrhunderten
sind hier vereint, etwa dreitausend Obiekte.
Viele von diesen werden das erstemal öffentlich
gezeigt. Dr. Günther Dürigl vom Historischen
Museum der Stadt Wien, der diese Ausstellung
mit großer Sorgfalt und viel Fachkenntnis organi-
sierte, läßt den Betrachter die Obiekte als Zeug-
nisse der Geschichte Wiens erleben. Die ausge-
stellten Waffen geben nicht nur van der leidvollen
Tatsache menschenmordenden Geschehens Kunde,
sie bezeugen auch ein großartiges kunsthandwerk-
liches, (a überwältigendes künstlerisches Gestalten.
Besonders wertvoll und einmalig sind die spätgo-
fischen beinahe mannshohen Setztartschen, Schilde,
die in der Art spätgotischer Tafelmalereien ausge-
stattet sind; der Bestand des Wiener Historischen
Museums ist sowohl an Qualität als auch an
Quantität hierin auf der ganzen Welt führend.
Ein aus Mailand stammender Raßharnisch,
der um 1450 angefertigt wurde, gilt als das älteste
italienische Roßzeug eines schwer gepanzerten
Ritters. An Rüstungen sind weiters die von Koloman
Helmschmid um 1522 in Augsburg für Ferdinand l.
hergestellte und der mit reichen Galdätzungen ver-
sehene Harnisch für Kaiser Rudolf ll. besonders
zu nennen. Eine eigene wichtige Gruppe bilden
die Waffen, die durch die verschiedenen Türken-
kriege in das Wiener Zeughaus gelangt sind, wobei
man bei diesen, auf Grund der Ausstellung oft zu
ganz neuen Erkenntnissen und Datierungen ge-
kommen ist. Die Schau, die auf Einladung des
Landes Niederösterreich vom Museum der Stadt
Wien durchgeführt wird, findet in den Räumlich-
keiten des Schlosses ein ideales Ambiente, das sich
nach Passieren des Tores im Terrakottahof steigert
und zu den Schauräumen führt. (14. 5-30. 10. 1977) -
(Abb. 22)
Burgenland
EisenstadllLandesgalerie im Schloß Esterhäzy
Anton Watzl
Der Linzer Graphiker hatte Zeichnungen zu Henry
Millers Big Sur und Porträts bekannter Persönlich-
keiten aus aller Welt gezeigt. Es war eine sehr
umfangreiche Schau, der auch ein sehr aufwendiger
Katalog mit farbigen Wiedergaben beigegeben
war. Sind die Zeichnungen zu Miller von einer dem
Text adäquaten lmpulsivität, so finden wir bei
den Porträts ein einmaliges Eingehen auf den
Charakter des Dargestellten. Das macht sich sowohl
in der Konsistenz des Striches als auch in der
Strenge oder Gelöstheit der Linien bemerkbar.
(10. 12. 1976-23. 1. 1977) - (Abb. 23)
Wil Frenken
Umgebungsdrucke nennt der in Breitenbrunn in
einem alten Haus wohnende, arbeitende und auch
immer wieder andere kreative Menschen um sich
scharende Frenken eine Serie seiner Arbeiten.
Es sind dies Abdrucke gewöhnlicher Dinge
seiner Alltagswelt, eines Stuhles etwa. Diese „ganz
gewöhnlichen Dinge" werden durch ihren Abklatsch,
viel mehr als durch den täglichen Gebrauch,
dem Betrachter in einer ganz neuen Weise ein-
dringlich in das Bewußtsein gerückt. Auch ihre
Mehrdimensianolität wird auf diese Weise durch
die Abdrücke der verschiedensten Seiten bekundet.
Immer wieder erleben wir bei Frenken auf dem
Umweg über das Denken den Prozeß des
archaischen Zeugnisgebens, der dann oft ins
Magische umzukippen scheint. (2. 2.-6. 3. 1977)
(Abb 24l Alois Vogel
Berichtigung von Heft 150. A
Siegfried Strasser stellte im Wiener Künstlerhaus und nicht
in der Galerie Spectrum aus.