MAK

Volltext: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts : ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung, Band 1: Charakteristik und Entwicklung der Stadt, Ingenieurbauten

Die Straßenbahnen. 
137 
staltung des Oberbaues und der übrigen bautechnischen Einrichtungen Hand in Hand geht, 
kann eine Beschreibung der jetzigen Anlage entfallen. 
Die Bahn wurde im Jahre 1886 dem Betriebe übergeben. Es wird beabsichtigt, sie nach 
Einführung des elektrischen Betriebes an das städtische Straßenbahnnetz anzuschließen. Heute 
ist dieselbe für den städtischen Personenverkehr von keiner nennenswerten Bedeutung. 
4. Die Linien der Dampftramway-Gesellschaft, vormals Krauß & Comp. 
Diese zwei Netze bestehen aus der Dampfstraßenbahn von Hietzing über Perchtolds- 
dorf nach Mödling mit dem Seitenflügel nach Ober-St. Veit und aus der Linie: Augarten 
brücke—Floridsdorf—Stammersdorf—Groß-Enzersdorf. Die im Oktober 1883 eröffnete Dampf 
straßenbahn von Hietzing nach Perchtoldsdorf ist die erste mit Dampf betriebene Straßenbahn 
in Österreich; deren technische Einrichtungen bieten heute nach zwanzigjährigem Betriebe 
naturgemäß nichts Bemerkenswertes. Durch den Bau der Wientallinie der Stadtbahn mußte 
seinerzeit ein Teil dieser Dampftramway eingelöst werden, und beginnt heute das südliche 
Netz in der Nähe der Haltestelle Hietzing der Stadtbahn. Die Hauptlinie benützt die Lainzer- 
straße. Die eingleisige Bahn liegt neben dem Fahrdamm auf eigenem Streifen entlang dem 
Fußwege. Dieser Streifen ist 2'5 m breit und durch Bordsteine vom Fahrdamm getrennt. Die 
äußere Schiene nähert sich dem Bürgersteig bis auf 58 cm. Die Bahn ist normalspurig und 
hat Ausweichen von etwa 50 m Länge. Der Oberbau besteht aus 100 mm hohen Vignol- 
Schienen, welche 60 mm Fußbreite und 40 mm Kopfdicke haben. Diese Schienen ruhen auf 
eisernen Langschwellen. Spurhalter dienen zur Festhaltung der Spurbreite. Wo die künstliche 
Sicherung der Spurrille geboten erschien, ist dieselbe durch aufgeschraubte Flacheisen herge 
stellt. Auf den südlichen Linien ist außer diesem Oberbau auch Hartwich-Oberbau in Anwen 
dung gekommen. Die Bahn kreuzt die Wiener Verbindungsbahn in der Höhe der Gleise. 
Diese Kreuzung ist so angeordnet, daß die Straßenbahnwagen über die Schienen der Voll 
bahn quer auf dem Spurkranz wegrollen, während das Gleis der Vollbahn ununterbrochen 
durchgeht. 
Die vollständig ummantelten Lokomotiven nach der Bauart von Krauß & Comp, haben 
ein Leergewicht von 18.000 kg, die Maschinen haben drei gekuppelte Achsen mit zusammen 
L6m Radstand. Die Lokomotiven haben Vakuumbremsen. Die Signale werden mittels einer 
Glocke gegeben. Die Wagen haben bei 32 Sitzplätzen und 8 Stehplätzen Radstände von 2 m 
und ein Gewicht von 4000 kg. Durch eine Mittelwand werden einzelne Personenwagen in 
Abteilungen erster und zweiter Klasse geschieden. Die Breite der Wagen beträgt 2 4 m. 
Da diese Dampfstraßenbahnen wie auch die nördlichen Linien nach dem Lokalbahngesetz 
konzessioniert wurden, sind dieselben den Bestimmungen der Lokomotivbahnen unterworfen, 
daher haben die Dampftramways eigene Aufnahmsgebäude erhalten. 
Die nördliche Linie vom Donaukanale nach Floridsdorf durchfährt teils auf eigenem Bahn 
körper, teils im Bereiche der städtischen Straßen den II. und XX. Gemeindebezirk, übersetzt 
mittels der Kaiser Franz Josefs-Brücke die Donau und erreicht unmittelbar nach Benützung 
dieses Bauwerkes am totgelegten Donauarm die Stadtgrenze. Bemerkenswert ist die geringe 
Breite der benützten Straßenbrücke, welche nur 7 m beträgt bei einer Gesamtlänge des Brücken 
baues von 850 m. 
Der Oberbau besteht innerhalb der gepflasterten Straßen aus Hartwich-Schienen von 
190 mm Höhe mit angenietetem Spurwinkel. Der laufende Meter Gleis aus Martinstahl wiegt 
105 kg; auf den geschotterten Teilstrecken ist ebenfalls ein eiserner Oberbau in Anwendung 
gekommen, und zwar aus Vignol-Schienen von 100 mm Höhe und einem Gewicht von 23'23 kg 
für den Meter Schiene mit eisernen Querschwellen. 
Diese Dampfstraßenbahnen dienen nur in sehr bescheidenem Maße dem Personen 
verkehre von einem Bezirke zum anderen. Sie sind lediglich Verbindungslinien zwischen den 
in der näheren und weiteren Umgebung von Wien sich rasch entwickelnden Ortschaften. 
Literaturnachweis. 
Die städtischen Elektrizitätswerke und die Anlagen der elektrischen Straßenbahnen in Wien. Bearbeitet vom Stadtbauamt. 
Wien 1903. 
Die elektrische Straßenbahn nach Kagran. Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines. 1898. 
Dampftramway nach Floridsdorf. Mitteilungen des Vereines für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens. Wien 1897. 
Geschichte der Eisenbahnen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Wien 1898. 
Juli 1904. 
Paul Liez.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.