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Als eine Polemik gegen Duchamp beginnt, was
Raoul Hausmann 1967 über den „Kopf" von
1921 schrieb. Hier wird Dada-Geist in einer
sympathisch autonomen, innerlich freien Weise
offenbar.
„Was, Mona Lisa?" fragt Hausmann. „lch sah
ieden Tag in den Schaufenstern Puppen aus Pa-
piermache, und ich sah, daß sie schön waren.
Ich sagte mir: einen Gegenstand nehmen und
seinen Namen darunter setzen (was, wie man
weiß, sowohl Marcel Duchamp als später auch
Andy Warhol taten, d. Verf.) ist zu einfach,
man muß trotz allem eine Idee haben. Schon
seit langem hatte ich entdeckt, daß die Leute
keinen Charakter haben und daß ihr Gesicht
nur ein vom Friseur gemachtes Bild ist. Warum
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also nicht einen von einem einfachen naiven
Geist hergestellten Kopf nehmen, an dem die
Friseurlehrlinge das Perückenmachen üben. Nur
die Idee! Ich wollte den Geist unserer Zeit
enthüllen, den Geist eines ieden in rudimentärem
Zustand... Ein Alltagsmensch hatte nur die
Fähigkeiten, die der Zufall ihm auf den Schädel
geklebt hatte, äußerlich, das Hirn war leer. Ich
nahm also einen schönen Halzkapf und polierte
ihn lange mit Sandpapier. Ich krönte ihn mit
einem ausziehbaren Feldbecher. Hinten brachte
ich eine schöne Geldbörse an. Ich nahm ein
kleines Schmuckkästchen und setzte es an die
Stelle des rechten Ohrs. Ich fügte innen noch
eine Druckwalze hinzu und einen Pfeifenstiel.
Jetzt zur linken Seite. Ach ia, ich hatte Lust, das
Material zu wechseln. Ich setzte auf ein hE
nes Lineal ein Stück Bronze von einem
und veralteten Fotoapparat und sah mir
an. Ach, nun brauche ich noch diese k
weiße Kappe mit der Ziffer 22, denn nati
hatte der Geist unserer Zeit nur numer
Bedeutung. So steht er da noch heute
seinen Schrauben in den Schläfen und e
Stück Zentimeter an der Stirn: Denn er
der Beschränkung zeigt sich der Meister. I
nicht lieb?" (Hausmann, zit. Kot. 3150).
Die eigentümlich präzise, heitere Grazie vor
Wieners Stil kommt auch in dem Porträt Co
Felixmüllers, eines Malers und Zeichners
„Neuen Sachlichkeit", zum Ausdruck (Abb. 1I