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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 154 und 155)

Buchbesprechungen 
 
Karl M. Swoboda, Geschichte der bildenden 
Kunst in acht Bänden, Die Epoche der Romanik, 
Textfassung unter Mitarbeit von Maria Buchs- 
baum und Gustav Künstler lll. Verlag Anton 
Schroll, Wien 1976. Die Gotik von 1150 bis 1300. 
Verlag Anton Schroll, Wien 1977. 
Dem im Herbst 1976 erschienenen ersten Band von 
Karl M. Swobodas Geschichte der bildenden Kunst 
folgte im heurigen Herbst der zweite. Insgesamt soll 
die Reihe acht Bände umfassen; erschienen sind 
„Die Epoche der Romanik" und „Die Gotik von 
1150 bis 1300". Grundlage dieser umfassenden Kunst- 
geschichte sind Karl M. Swobodas Vorlesungen an 
der Wiener Universität, und zwar einerseits die 
schriftlichen Aufzeichnungen Swobodas für seine 
Vorlesungen, andererseits die Mitschriften von 
Hörern während der Vorlesungen. Dr. Gustav 
Künstler, ein Freund Karl M. Swobadas, besorgte 
bis zu seinem Tod höchst intensiv die Arbeit am 
Manuskript, unterstützt von Dr. Maria Buchsbaum, 
einer Schülerin Professor Swobodas. Die Gliederung 
der achtbändigen Reihe folgt der von Swaboda 
selbst vorgenommenen Abgrenzung seiner 
Einzelvorlesungen durch acht Semester hindurch. 
Es ist dem Verlag nicht genug zu danken, daß es 
ihm gelungen ist, diesen so wertvollen Vorlesungs- 
zvklus in gedruckter und damit bleibender Form 
herauszubringen. Gerade zu einer Zeit, da an den 
Universitäten die Übersichtsvorlesungen immer 
seltener werden, immer mehr den Spezialver- 
Iesungen weichen, wird Swobodas zusam- 
menfassende Kunstgeschichte iedem Studenten eine 
äußerst wertvolle Hilfe und Grundlage bieten. 
Denienigen aber, die Swobodas Vorlesungen noch 
selbst hören konnten, wird das Werk eine wertvolle 
Erinnerung und Gedächtnisstütze sein. Bezüglich 
der Gestaltung der Bände ist es dem Verlag in 
hervorragender Weise gelungen, den Vorlesungs- 
charakter in einem gut lesbaren Buch zu erhalten. 
Es wird iedem Kapitel die Angabe der wichtigen 
und von Swobada benützten Literatur vorangestellt- 
am Ende eines ieclen Bandes ergänzt durch die von 
Maria Buchsbaum zusammengestellte neuere 
Literatur -, dem folgt der in Spalten gesetzte Text, 
in den Grundrißzeichnungen, Modellzeichnungen 
oder Abbildung des ieweils besprochenen Objekts 
mit einbezogen sind, so daß der Vorlesung ver- 
gleichbar Text und Bild zugleich vor dem Studieren- 
den abrollen. Die Darstellung Swobodas führt im 
Selbstverständnis der Kunstgeschichte als Geistes- 
geschichte die Tradition der Wiener kunsthistorischen 
Schule fort. Das einzelne Kunstwerk wird in groß- 
räumigen Zusammenhängen betrachtet, ohne ihm 
aber seine eigenständige Gültigkeit zu nehmen. 
Als Mitglied des Instituts für österreichische 
Geschichtsforschung hielt Swoboda die Bindung der 
Kunstgeschichte an die Geschichte aufrecht und 
versuchte daher, die ieweiligen stilistischen Ent- 
wicklungen in ihrer historischen Umgebung und Vor- 
aussetzung zu begründen. 
Obgleich ieder der beiden bisher erschienenen 
Bände von Swobodas Kunstgeschichte eigenständig 
und in sich abgeschlossen ist, steigert er doch die 
Erwartung nach dem Vorliegen von Swobodas 
Gesamtdarstellung der abendländischen Kunst. 
Hanna Egger 
Oleg Grabar, Die Entstehung der islamischen 
Kunst. DuMant-Dokumente: Köln 1977, 80 
302 S., 131 Abb., Register und Karte. 
Die Entstehung einer Kunst zu beschreiben ist 
a priori ein großes Wagnis. Denn iede Kunst - auch 
die islamische - schöpft aus ienen unnennbaren 
Geistessträmen, welche den Menschen in seiner 
Stunde erlassen und antreiben, in seinen Werken 
eine bestimmte Aussage zu machen. Auf die meta- 
physischen Grundlagen einzugehen, verzichtet 
Grabar. Das Thema wäre wohl zu schwierig und 
setzte eine eindeutige Definition von „Kunst" 
überhaupt voraus. 
Der Spezialist für die frühe Kunst des Islam geht 
sichere Wege. Er spürt den Kriterien des 
„lslomischen" mit den methodischen Mitteln der 
heutigen Wissenschaft nach, versucht, sie logisah 
zu erfassen, zu belegen und auf dem Niveau, das 
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man Studenten zumutet, darzulegen. Er zieht 
religiöse Überlieferungen in Betracht, indem er 
einschlägige Stellen aus dem Koran und den 
„Hadith" zitiert, um bestimmte Phänomene'zu 
erklären. Natürlich erstredct sich seine Untersuchung 
audi auf das berühmte „Bilderverbot", das Um 
und Auf vieler Überlegungen. Die Diskussion dar- 
über hält die Gelehrten seit vielen Jahrzehnten 
wach. 
Auf der Suche nach der „Entstehung" führt uns 
Grabar in die Zeit der „Dschahiliiia", der heid- 
nisd1en Vorzeit, und zu den frühen Denkmälern 
des Islam. Er erkennt, daß „islamische Kunst" nicht 
nur zu einer bestimmten Zeit entstand. Der Islam 
hat Einflüsse und Anregungen aus Ägypten, Iran, 
Byzanz und, wie wir aus der Ornamentik wissen, 
auch aus Zentralasien und China aufgenommen und 
willig verarbeitet. Ein solcher Vorgang der Auf- 
nahme geschah aber nicht nur einmal in der Ver- 
gangenheit, sondern er vollzieht sich auch heute 
noch und ietzt. Anregungen werden verarbeitet, 
umgeprägt, mit den Kriterien des „typisch Islami- 
schen" versehen und gelangen dann als - relativ - 
Neues zu eigener Aussage. Der Prozeß ist von 
berufener Seite geschildert und dargestellt worden. 
Hierin konnte Grabar der gewiesenen Richtung 
folgen. Was der Autor hinzufügt, ist die außer- 
ordentliche Geistesschärfe und Logik, das reiche 
Wissen um die Quellen, die der Leser gerne zur 
Kenntnis nimmt. Dennoch hätte man gerne auch 
eine eingehendere Interpretation der Mentalität des 
Menschen gewünscht. Denn die bestimmenden 
Kriterien der Kunst ergeben sich aus der Gedanken- 
welt des Künstlers, seiner Art, zu sehen, wahr- 
zunehmen, das innere Gesicht wirken zu lassen und 
das Geschaute seinem Maßstab gemäß zum 
Ausdruck bringen zu können. - Grabar sei Dank 
für die viele Mühe, die er dem Thema gewidmet hat! 
Er ist ein Sucher und Winker über den Ozean. 
W. Hein 
Werner Schade: Die Malerfamilie Cranach, 
Verlag Anton Schroll, Wien - München 1977. 
Der 400. Geburtstag Lucas Cranachs gab Anlaß zur 
Herausgabe des umfassenden Werkes von Werner 
Schade. Ursprünglich im VEB-Verlag Dresden er- 
schienen, besorgte der Verlag Schroll eine zweite 
Auflage für den westlichen deutschsprachigen Raum. 
Der Autor beschäftigt sich seit langem mit den 
Problemen der Cranach-Forschung und ist heute 
einer der führenden Kenner Lucas Cranachs und 
seiner Zeit. Durch seine zahlreichen Vorarbeiten 
war er berufen wie kein anderer, die große, um- 
fassende Cranach-Monographie zu verfassen, die 
in bester Weise gelang. Einer Darstellung Cranachs 
des Älteren, in der Biographisches und kunst- 
historisd1e Beurteilung ausgewogen ineinander ver- 
flochten werden, folgt eine eingehende Betrachtung 
auch des Werkes des iüngeren Cranach. Der Bildteil, 
der 90 Farbtafeln und rund 400 Abbildungen umfaßt, 
ist wahl ausgewogen und gut gewählt. Ein um- 
fassender Anmerkungsapparat und ein ausführliohes 
Literaturverzeichnis sind von großer wissenschaft- 
licher Bedeutung, vor allem aber zeichnet das 
Quellenverzeichnis das Buch als in höchstem Maße 
fundiert gearbeitet aus. 
Werner Schades Cranach-Werk wird iedem an der 
Cranach-Forschung beteiligten Kollegen ein unent- 
behrliches Handbuch sein, zugleich ist es aber auch 
von Text und Bild her dem kunstinteressierten Laien, 
den Sammlern und Graphikfreunden ein inter- 
essantes und anregendes Buch. Hanna Egger 
Joseph Binder, ein Gestalter seiner Umwelt, 
Aufzeichnungen 
Verlag Anton Schroll 81 Co., 
Wien-München 1976, 144 Seiten 
Das sohän gestaltete Buch wurde vom Uster- 
reichischen Museum für angewandte Kunst in Wien 
herausgegeben. Die sehr lebendige und den Lebens- 
lauf des Künstlers umfassende Zusammenstellung 
besorgte seine Witwe Carlo Binder. In dem Vorwort 
kommt Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek auf die 
entscheidende Rolle zu sprechen, die den „Seces- 
sionisten" im kulturellen Leben und der Entwicklung 
der schöpferisch tätigen Menschen, die sich in den 
schweren Jahren zwischen den Kriegen durchsetzen 
konnten, beikommt. Er weist darauf hin, daß Binder 
viel von ienem Schwung, den die ganze Generation 
um die Jahrhundertwende zum Aufbruch 
bewegte, in den USA weitergeben konnte. In der 
folgenden Einleitung schildert George Gyuk seine 
Begegnung mit dem Künstler, vor allem den 
Eindruck, den die ersten Plakate Bind. "s, die er 
zwischen 1924 und 1926 in Wien sah, auf ihn 
gemocht hatten. 
Es folgt eine in 1B Kapiteln gegliederte Aufzeich- 
nung, die von der Joseph Binder Collection, 
New York, zusammengestellt wurde und die sehr 
ausführlich Binders Lebensweg von seinem ersten 
Hervortreten als Werbegrafiker über die 
verschiedenen Lehraufträge bis hin zu seiner 
New Yorker Zeit beschreibt, eine Aufzeichnung, die 
Freunde, Berichte und auch den Künstler selbst oft 
zu Worte kommen läßt und uns schließlich mit 
wenigen Worten über die freie Malerei Binders, 
über die Stille und „sakrale Feierlichkeit" 
(W. Mrazek], die dieser eigen ist, entläßt. Der 
Lebensweg des Künstlers ist auf das engste mit 
dem Werdegang der Kunst der ersten Hälfte 
unseres Jahrhunderts verbunden, und so spiegelt 
sich in diesen Zeilen auch ein wesentliches Stück 
Kulturgeschichte dieser Zeit. Sehr viele bekannte 
und für die bildende Kunst späterer Zeiten sehr 
wichtige Männer und Frauen werden auf diesen 
Seiten genannt. Wir begegnen Malern, Bildhauern 
und vor allem immer wieder Architekten von 
Weltruhm. Es geht aber auch eindeutig aus diesen 
Zeilen hervor, daß Binder neben einer sehr großen 
Begabung, die er von Anbeginn mitbrachte, 
immensen Fleiß entwickelte, daß er neben dem 
starken Formgefühl, das ihn solche wesentliche 
Schöpfungen wie den Meinl-Mohren, das 
Semperit-S, den Bensdorp-Schriftzug, die Arabia- 
Kennmarke finden ließ, ein unermüdlicher 
Arbeiter war. 
Die vielen Farbwiedergaben der einst Schule 
machenden Plakate, die Wiedergaben von Schwarz- 
weißgrafiken aus Binders Hand und zuletzt die 
farbigen Wiedergaben seiner Bilder nonobiektiver 
Art geben einen sehr informativen, reichhaltigen 
Einblick in das Schaffen eines Künstlers, dessen 
Werke, denken wir nur wieder an den Meinl- 
Mohren, iedem, noch den an der Kunst uninter- 
essiertesten Menschen, bekannt geworden sind 
und dessen Name doch mehr in unserem 
Bewußtsein verankert sein sollte, als er es ist. 
Alois Vogel 
Federico von Berzeviczy-Pallavicini, Die k. k. 
Hofzuckerbäckerei Demel, Molden-Edition, 
Wien - München - Zürich 1976. 
Ganz abgesehen von alledem, was mit dem Namen 
Demel verbunden ist, und was für viele den Reiz 
dieses Buches, das 1a auch die Geschichte der 
k. k. Hafzuckerbäckerei erzählt, ausmachen wird, 
ist es vor allem die hinreißende graphische Gestal- 
tung durch Federico Berzeviczy-Pallavicini, die eine 
Besprechung an diesem Ort nicht nur rechtfertigt, 
sondern fordert. Federico Berzeviczy-Pallavicini ist 
in mehrfacher Weise mit den Geschichten des Hauses 
Demel verbunden. Er war Eigentümer des Demel 
gewesen, was aber viel wichtiger ist: er war der 
Gestalter einfallsreichster und teuerster Auslagen 
gewesen (sie werden in dem Buch in prachtvollen 
Farbaufnahmen wiedergegeben]. Er entwarf Bon- 
bannieren und Kartanagen, Wickelpapiere und auch 
die phantasievollsten Zuckerbäckereien. 
Sein verspieltes dekoratives Empfinden fand 
unzählige Gestaltungsmöglichkeiten, alle getragen 
von seiner persönlichen Note - einer Mischung aus 
Noblesse, Charme und humorvoller, leiser Ironie. 
In Berzeviczys Zeichnungen und Entwürfen lebt die 
dekorative, verspielte Spätform der Wiener Werk- 
stätte weiter. Er war an der Wiener Kunstgewerbe- 
schule Schüler Eduard Wimmers gewesen, der von 
1907 bis 1932 führender Mitarbeiter der „WW" 
gewesen ist. Bis 1965, bis zum Verkauf, lebte diese 
Wiener kunstgewerbliche Tradition im Demel weiter. 
Ein Teil von ihr wird durch das Buch erhalten und 
weitertradiert werden. Hanna Egger
	        
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