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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 154 und 155)

. Österreichisches Museum für angewandte Kunst 
 
Blickpunkte 
In den Wiener Museen bereitet man sich auf die 
Herbst- und Wintersaison vor. Dabei natürlicher- 
weise großer Wechsel des Publikums, aus Statistiken 
herauszulesen. Im Sommer mehr ausländisches, 
in den sogenannten „dunklen" Monaten mehr 
inländisches. Je nach Institut die Variablität der 
Aktivitäten nach erstellten Johresprogrammen. Das 
Österreichische Museum mit dichtem Veranstaltungs- 
kalender, mehr zeitgenössischen Künstlern vorbe- 
halten, hot das ganze Jahr „Saison". 
Außenstellen des Museums: Man geht in die Winter- 
pause. Ende Oktober, nach Ausstellungssdiluß, 
bereitet man sich auf die kommende Saison vor. 
Im Stammhaus: Porzellanausstellung mit Objekten 
der Pariser Firma Samson weiterhin. Neu eröffnet 
eine Ausstellung der Bibliothek und Kunstblätter- 
sammlung: „Drei Städte Europas - gesehen von 
Marianne von Werther"Neduten der Städte Rom, 
Wien und London. Im Säulenhof (bis 20. November 
1977) der Metallplastiker Gerhardt Moswitzer mit 
seinem Ensemble „Der König und sein Spiel". 
Vom „Tag der offenen Tür" an „Neuerwerbungen" 
präsent: eine größere Gruppe von Möbeln des 
Jugendstils, Kleinplastiken aus Metall von Künstlern 
der Gegenwart. 
„Reisende" Ausstellung, die Kollektion von (apa- 
nischen Farbholzschnitten aus der Kunstblätter- 
sammlung des Museums (bis Februar 1978), in Japan 
unterwegs. Kuriosum: im klassischen Lande des 
Holzschnittes eine Ausstellung „ästerreichischer" 
Blätter. Japan selber verfügt über solche von 
iapanischen Künstlern nicht mehr. Besonders ge- 
glückte Aktion im Kulturaustausch zwischen Oster- 
reich und Japan. 
Bei Drucklegung Adaptierung einer Ausstellung 
von Raum- und Wandtextilien. Magda Eliäd Paszthy, 
ungarische Textilkünstlerin, kreiert eine neue Ent- 
wicklung der traditionsreichen Kunstgattung mit 
Obiekten aus Hanf, Jute, Sisal. Aspekt: „Der große 
Sprung in den Raum". Paszthy löst sich aus dem 
zweidimensionalen Bereich in die dritte Dimension. 
Großproiekt in Richtung SteinlKrems: Beteiligung 
der Ostasiatischen Sammlung des Museums auf 
der großen Ausstellung 197B „4000 Jahre Ost- 
asiatische Kunst". Dr. Herbert Fux, Sammlungsleiter, 
erstellt den umfangreichen Katalog. Anteil des 
Usterreichischen Museums für angewandte Kunst, 
eingeschlossen die Sammlung A. Exner, 600 bis 
700 Obiekte als tragender Hauptteil der nieder- 
österreichischen Veranstaltung. Weitere Obiekte 
hierzu aus den Sammlungen des Völkerkunde- 
museums, Wien, sowie der Sammlung Walter Exnerl 
Bad Wildungen, BRD. 
Eduard Bäumer - Ausstellung in memoriam 
Bei Redaktiansschluß Vorbereitung zur großen Aus- 
stellung im Gedenken an den Maler Eduard Bäumer. 
Verdienter Lehrer an der Hochschule für ange- 
wandte Kunst in Wien von 1948 bis 1963. 300 Werke, 
Malerei und Graphik, werden umfassend sein male- 
risches Schaffen darlegen. Bäumer ist in München 
am 21. Jänner 1977, nach Besuch der Kandinsky- 
Ausstellung, Opfer eines Verkehrsunfalles geworden. 
Gemeinsam mit Angelica Bäumer, der Tochter des 
Künstlers, wird das Museum dem Künstler eine 
würdige Repräsentation einrichten. Die Galerie Welz, 
Salzburg, hat dankenswerterweise eine reich aus- 
gestattete Publikation, als Buch und Katalog, ediert. 
Seminare 
Parzellanseminare „Meißener Marken": Seminar IV 
ab Dezember 1977, beginnend am 4., 6. und 
7. Dezember 1977, ab dann ieweils an drei Wochen- 
tagen ab 17.30 Uhr. Anmeldungen hiezu werden in 
der Reihenfolge ihres Einlongens berücksichtigt. 
Fotoseminare „Einführung in die experimentelle 
Fotografie": bis 21. November 1977 allgemeine 
Seminarezum Thema für fotografisch Fortgeschrittene 
an iedem Freitag. Ab 21. November 1977 zwei 
weitere Seminare für KunsterzieherlAnfänger und 
Fortgeschrittene. Jeweils an Montagen für Fort- 
geschrittene, an Dienstagen für Anfänger um 
16 Uhr. Die allgemeinen Seminare (s. o.) laufen 
weiterhin an Freitagen, 15 Uhr, für jedermann 
zugänglich. L n, 
86 
Zwischen Industrie und Kunst 
Ausstellung der Textilabteilung 
der staatlichen Akademie der 
bildenden Künste Stuttgart - 
Studierende und Absolventen der 
Klasse Prof. Leo Wollner 
Altes und Neues Haus 
Säulenhof und Parterresaal 
Wien 1, Stubenring 5 
22. 6.-31. 7. 1978 
Zum leider nicht allzu stark frequentierten Ort der 
Begegnung künstlerischer Jugend Westdeutsdi- 
lands und Österreichs wurde das Museum in diesem 
Sommer mit der Ausstellung „Zwischen Industrie 
und Kunst". Einstmals hieß das Haus Österreichi- 
sches Museum für Kunst und Industrie. Ob die Titel- 
findung vor hundert Jahren, sicher wohl überlegt, 
heutigen Realitäten nioht Vorgriff? Wir vermerken 
hier auch den Essay in Heft 152 der Zeitschrift mit 
dem Untertitel „Aspekte einer industriellen Kunst". 
Kunst und Industrie sind auf Zukunft gesehen nidit 
voneinander zu trennen. Heute weniger denn ie. 
Der Wiener Leo Wollner, Professor und Leiter der 
Textilabteilung an der Stuttgarter Akademie - 
neben Hoflehner, Hrdlrcka unser Mann in Stuttgart-, 
brachte ein klares Konzept der Präsentation der 
Ausstellung mit. Räumlich vom Säulenhof in den 
Parterresaal des Neuen Hauses kommunizierend, 
überraschte er mit einer Menge neuer gestalterischer 
Einfälle. Zum Teil werden von der Ikonen-Schau 
stehengebliebene Wände im Säulenhof neu formiert 
und mit der festen Architektur einfach verbunden. 
Eine lockere Kimono-Demonstration stelzte zentral 
in der Säulenhofmitte unter flatterndem Bänder- 
tall. Textilbahnen mit Namen der Designer drüber 
her. - Demonstration des Designs im Design. 
Von den Arbeiten her leicht herauslesbor die Prin- 
zipien einer methodischen Erziehung eines Studenten 
der angewandten Kunst. Nichts und niemand ver- 
ändert heute stärker durch seine eben angewandte 
Kunst die Umwelt des Menschen wie der Designer. 
Ganz gleich in welohem Teilbereich. Meist universal 
ausgebildet und ausgerichtet, hat der Designer 
stärksten Anteil an der unmittelbaren, der Intim- 
sphäre des Mensdien, ist er in der Lage, diese, 
ästhetisch und funktionell, entsprechend optimal 
zu formen. 
Die Heranbildung von Kunststudenten ist allerorten 
annähernd gleich. Grundstudium von der Natur, 
dem Menschen, dem Tier. Vorerst einfache Etüden 
in Strich und Aquarell, weiters Erfassen und 
Erkennen der großen Form, der organischen und 
strukturellen Grundgesetzlichkeiten solcher. 
Abwandeln und Hinüberwechseln von der natür- 
lichen Form über Studien zu Stil, Ornament, generell 
zur freien Form. Einige Beispiele der Stuttgarter, 
in gutem Kontrast, stellen dies unter Beweis. Man 
stellt die starke leitende Hand eines einfühlenden 
Lehrers, der Individualität entwickeln läßt, fest. 
Leo Wollner, Schüler von Professor Wimmer- 
Wisgrill, Mitarbeiter Josef Hoffmanns, wurde 1957, 
also vor genau 20 Jahren, beauftragt, die Textil- 
abteilung an der Stuttgarter Akademie zu über- 
nehmen. Ihm gelang überzeugend, die vom Krieg 
schwer mitgenommene Abteilung zu reformieren 
und aufzubauen. Van Beginn an auf Prax nähe aus, 
stellte er ein denkbar gutes Wechselverhaltnis zur 
Industrie her, die als potentieller Auftraggeber dem 
Designer von heute alle Möglichkeiten bietet. Mit 
der Schau „Zwischen Industrie und Kunst" parodier- 
ten die Stuttgarter 1976 vorerst in Baden-Württem- 
berg mit Erfolg, sich damit, „unbestritten zu den 
bedeutendsten Ausbildungsstätten des Textil-Design 
gehörend", profilierend. Gar nicht am Rande ver- 
merken wollen wir, daß Leo Wollner der Abteilung 
doch einiges „Wienerische", nicht zum Nachteil, 
mitgeben konnte. Man begegnet dem Quadrat, 
frischemaus Jugendstilischem kommenden Ornamen- 
tationen, treffendem Motiv- und Wortwitz sowie 
kreativem Bewußtsein und einem Fertigungsstreben 
nahe der Perfektion. Wollner steht somit in der 
Reihe iener hervorragenden Lehrer, die in einer 
bestimmten Weise ienseits der Grenzen, gut „öster- 
reichisdi", befruchtend wirken wie namhafte 
Kollegen aus Deutschland reziprok hier vor öster- 
reichischen Schülern. 
Neben köstlich frischen Neuentwürfen ideenreicher 
Eleven zeigte die Schau ausgewogene Fertig- 
produkte arrivierter Textildesigner, die weithin 
schon in Europa und den USA wirken. 
Die Rektoren der zuständigen Institute, Professor 
Dr. Wolfgang Kermer, Staatliche Akademie der 
bildenden Künste Stuttgart, Prof. Arch. Johannes 
Spalt und Amtsvorgänger Prof. Carl Unger, Hoch- 
schule für angewandte Kunst Wien, sowie der 
Direktor des Hauses, Wirkl. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm 
Mrazek, konnten mit dieser Ausstellung unter Beweis 
stellen, daß man Studienergebnisse und Arbeiten 
aus dem einschlägigen Bereich vorzüglich und 
öfter, im wechselseitigen Austausch, präsentieren 
konnte und sollte. Befruchtend für beide Seiten 
oder mehrere im Sinne iener Bestrebungen, die 
behütend über den Grundaufgaben aller Akademien 
für angewandte Kunst und derer, die am Fortschritt 
allgemein interessiert sind, stehen. 
Hans Mayr - 
Amerikanische Impressionen 77 
Katalog Neue Folge Nr. 46 
Altes Haus, Saal I 
Wien 1., Stubenring 5 
2. 7.-21. 8. 1977 
Fotoausstellungen sind mehr und mehr zu starken, 
ständigen Anziehungspunkten des Museums 
geworden. Sowohl der professionelle als auch der 
heute international massive „Hobby-Fotograf", also 
der Amateur, haben hier Gelegenheit, Aktuelles 
aus diesem Medium zu sehen, darin auf dem 
laufenden zu bleiben. Mit Haas, Adams, Kühn waren 
bisher echte Meister der neueren fotografischen 
Kunst hier vertreten. Fast gleichzeitig mit der Aus- 
stellung der „Schweizerischen Fotografie von 1840 
bis heute" ist Hans Mayr eingezogen. Der nicht die 
Pose liebt, kein großes Tamtam um seine foto- 
grafische Kunst macht. Quasi hemdsärmelig Amerika 
im Vorübergehen fotografiert, dennoch ernsthaft, 
in echter Auseinandersetzung. Als Fotograf von 
Natur aus impressionabel, nennt er das Ergebnis 
„Amerikanische Impressionen". 
Mayr hat keine Masche, wenngleich kenntlich durch 
„sein" ewiges Mascherl. Mayr wirft sich, wenn's 
not tut, vor superben Bildgelegenheiten zu Boden, 
„schießt" aus vertracktesten Positionen. Schießt 
schnell, unkompliziert, stochert nicht lange mit dem 
Obiektiv in die Gegend. So sammelte er auf seinem 
Weg durch clie USA seine Imagination Amerika. 
Vorerst ohne Absicht, diesen Trip fotografierend 
zu unternehmen. Vielgeplagter Fotograf, die 
Prösidentenbürde des Wiener Künstlerhouses auf 
Schultern, stand er auf Leerlauf. Um sein Aggregat 
neu aufzuloden, sich einfach visuell anzureichern. 
Natürlich rechnete er nicht mit sich selbst. Anstatt 
des notierenden Bleistifts, notierte er Amerika denn 
dodi mit seiner alten Kamera. Kapitulierte (natürlich) 
vor dern noch immer für den Europäer so himmel- 
stürmenden Element amerikanischer Hocharchitektur. 
Ebenso vor verkitscht-romantischer Silhouette 
neogotischer High-Schools und Universitys im 
„Love Stary-Sonnenuntergangscolor". Eine soge- 
nannte Wunderblume in Kalifornien, obwohl 
„natürlich", empfindet er wie aus Plastik. 
Washington, Boston, Chikago, San Franziska, 
Kalifornien, die großen Stationen und Regionen, die 
Mayr abreiste. Als seine „Für-alIe-Fälle"-Kamera 
den Geist anfänglich zu früh aufgab, „erruchelte" 
er sich (knapp an Dollars) um 50 Dollar eine zufällig 
gleich alte „Neue". Hans Mayrs „Amerikanische 
Impressionen 77" sollten kein großartiger Zyklus 
werden. Doch verbanden sich eine Reihe von Bildern 
p. e. die aus San Franziska zur aufeinander abge- 
stimmten einheitlichen Gruppe ebenso wie in 
Chikago geschossene Motive. Anderseits spürte er 
mit distanziert-wägendem europäischem Auge harte 
Einzelkontraste des amerikanischen Erscheinungs- 
bildes auf. Drang mit seiner Kamera in Diskussionen 
um die Präsidentenwahl Carter - Ford ein, um das 
Schwankende, die Ungewißheit in Votierenden 
selber festzuhalten.
	        
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