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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift für Architektur, angewandte Kunst und alle modernen Kulturaufgaben, 4. Jahrgang 1908

behandelt, eine wahre und echte Kunft ift. Bei feiner Heimkehr 
aus Holland rief er feinen ihn verfammelt erwartenden Freunden 
freudig entgegen: »Nun weiß ich, was ich will und foll!« Er 
hatte Recht damit, und die Arbeiten namentlich diefer letjten 
Phafe feiner künftlerifchen Entwicklung, die ihm den Zuftand 
geruhfamer Reife und ficherer Könnerfchaft brachte, find es, die 
auch dem überfeinerten Gefchmack der künftlerifcb fchier bis 
zur Perverfität kultivierten Nachwelt ftandhalten. Sein von 
jeher brillantes Kolorit, feine eminente Zeichenficherbeit, die in 
der Subtilität des Krayonftrichs zuweilen an Klimt gemahnt, 
gewannen eine ungemeine Schönheit, Wahrheit und Prägnanz. 
Sein Vortrag der Farbe wuchs mit dem Dinglichen fo innig 
zufammen, daß es lauteres Ergötjen und flugenwolluft ift, ihre 
Harmonie wahrzunehmen. So wie von felbft die fchwer hangende 
Frucht fich prallt und reif geworden abfällt, entftanden nun in 
rafcher Aufeinanderfolge in gleichfam mübelofer Arbeit koftbare 
Bildwerke. Da, unvermutet, urplötjlicb, trat der Tod hinter ihn. 
Es gab ein graufiges Ringen. In der Vollkraft der beften 
Mannesjahre wollte fich Danhaufer, der die Kunft, das Leben 
und die Menfchen liebte, nicht feigmütig ergeben. Der erbitterte 
Kampf, den er focht, war ebenfo fchmerzlich wie vergeblich. 
Am 4. Mai 1845 unterlag er dem Unerbittlichen im Typbusfieber. 
Sein Begräbnis geftaltete fich zu einer grandiofen Trauerkund» 
gebung — und doch, wenige Jahve hernach war er und fein 
Werk vergeffen und verfcbollen. Erft jetjt ftebt er, dank den 
Bemühungen der fo viel gefcboltenen »Modernen« in feinem 
Werke wie Waldmüller wieder auf und wird weitläufig. □ 
JOSEPH DANHAUSER Gattin des Künftlers 
DHS ÄSTHETISCHE PROBLEM IN DER 
PHOTOGRAPHIE (Schluss) 
ii. 
D ie eigenartigften und intereffanteften Schöpfungen wird der 
Photograph dort erzielen, wo er gleichfam freifcbaffend 
verfährt, im Porträt und in jenen auf dekorative Effekte 
binarbeitenden Aufgaben, in denen die Landfcbaft, die Pflanze 
oder das fonftige dargeftellte Objekt nur Mittel zum Zweck ift, 
die Wunder des Lichtes mit feinem Gegenfat), dem Schatten, zu 
offenbaren. Im Porträt wird er jeden kühnen, originellen, 
dekorativen Gedanken wagen können, natürlich auf Koften der 
fogenannten pbotograpbifcben Porträttreue und jede durch Licht» 
oder Schattenwirkung erzielte Originalität kann den Vorzug 
des Intereffanten haben, wenn fie auch auf Koften der pfründner» 
haften Deutlichkeit gebt. Wir wiffen zu genau, daß jeder zweck« 
voll angeftrebte Grad von dekorativer Verfcbleierung geeignet 
fein kann, der Porträtaufnabme einen myftifcben Glanz zu geben, 
eine Vergeiftigung hineinzutragen, die das Unbedeutende be= 
deutfam macht und über das Modell hinaus eine neue, in fich 
felbft beruhende Schönheit geben kann. Daß das Bild möglicbft 
groß im Rahmen erfcheinen, alles ftörende Beiwerk, das die 
Abficbtlicbkeit des Arrangierens ausdrückt, vermieden und die 
böcbfte Zucht der Vereinfachung angeftrebt werden foll, gehört 
zu den banalen Grundfäfjen der Amateurkunft, bei denen wir 
uns nicht mehr aufzubatten haben. »Die Einfachheit ift die 
letjte Zuflucht komplizierter Naturen.« Aber außer jenen rein 
künftlerifchen Arbeiten, wo es dem experimentierenden Amateur 
vergönnt ift, fcböpferifcb zu arbeiten, gibt es febr viele Auf« 
gaben für ihn, die im Dienfte einer Kulturfacbe fteben. Hier 
ift das Objekt nicht mehr bloß Träger des Lichtes, wie in den 
Augen der Impreffioniften, denen der menfcblicbe Körper, Früchte, 
ein zerbrochener Krug und ein paar Zwiebeln vom malerifcben 
Standpunkt gleichwertig erfcheinen, weil fie ihm in erfter Linie 
nur als Offenbarungsmöglichkeit des Paradiefes der fcbönen 
Farben und des Lichtes erfcheinen, das diefen Farben erft das 
vibrierende Leben einbaucht. Wenn es fich darum bandelt, die 
Schönheiten und die Überlieferungen der Heimat zu buchen, 
architektonifche Werte in der Landfcbaft, im Städtebau und in 
der Heimatkunft aufzufaffen und lichtbildnerifch darzuftellen, 
eine Sache, die beute ziemlich weite Kreife befchäftigt und zur 
Tagesaufgabe des Photographen gehört, dann fteht das Problem 
anders vor uns. Der entdeckungsfreudige Schönbeitsfucher ver» 
fährt nicht mehr fetbftberrlicb, er ift nicht mehr in erfter Linie 
Impreffionift, fondern fozufagen Architekt, der klar und meßbar 
zeigen will, was lineale und proportionale Schönheit heißt. Ein 
inftinktives Moment tritt in den Vordergrund. An Stelle der 
Nuance regiert die Linie. Was in erfter Linie intereffiert ift 
nicht die Aufnahme, fondern das Objekt, während im erften 
Falle bei dem rein lichtkünftlerifchen Verfahren die Aufnahme 
das Intereffante war, nicht das Objekt. In diefem erften Falle wollte 
der Photograph ein Bild feines Geiftes geben, nicht des Modells. 
Im zweiten Falle will er das Modell zeigen und nur indirekt 
ein Dokument feines Gefdbmackes, feiner Difziplin, feiner Fähig» 
keit, das Schöne zu erkennen, wo es fich vorfindet, zeigen. Das 
ift in der Tat keine geringe Aufgabe. Um ein Gebäude zu 
photographieren, foll der Amateur die Augen eines Architekten 
haben, er foll fofort den Standpunkt erkennen, von dem aus 
fich die intereffantefte künftlerifcbe Seite der Architektur offen 
bart. Er foll wiffen, auf welche Merkmale es gerade den 
modernen, baukünftlerifcb Gebildeten ankommt. Natürlich in 
tereffiert uns das Detail, einzelne Partien, nicht nur der Aufbau 
des Ganzen. Selbftverftändlicb foll das Architektur Objekt fo groß 
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