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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 156)

sich} Pilgrim wieder auch wdes hailigen roemischen 
reychs ertzcapIan-äs nennen und sich damit einen 
Titel zulegen wollte, der seit mehr als 300 Jahren 
außer Gebrauch gekommen war". Es paßt auch in 
dieses Bild, daß die auffallendsten Veränderungen 
gegenüber dem Siegel Ortolfs in der Hinzufügung 
von zwei, für Pilgrim anscheinend entscheidenden 
"Attributen-r bestehen. 
Primär auffällig ist die unübersehbare Einfügung 
eines Herrschaftszeichens. des Thronbaldachins. 
Der an derWand angebrachte Thronbaldachin und 
sein frei stehendes Parallelbeispiel. der Thronta- 
bernakel. sind wnur für den oberflächlichen Be- 
schauer eine nichtssagende Äußerlichkeit herr- 
schaftlichen Prunkes. In Wahrheit sind sie wesent- 
Iiches Kennzeichen der Bestrebung, den Machtha- 
ber von der übrigen Menschheit zu isolieren und 
ihn weit über die Masse der Beherrschten zu erhe- 
ben . .. Ein ganzer Komplex von Tatsachen und 
Ideen spiegelt sich in der Art und Weise, wie man 
den Herrscher mit einem besonderen Schutzdach 
beschirmt. um seine einzigartige Stellung dadurch 
zum Ausdruck zu bringen-r. Andreas Alföldi, der 
diese Sätze geschrieben hat, hat "Die Geschichte 
des Throntabernakelsß so ausführlich behandelt". 
daß hier näher darauf einzugehen nicht notwendig 
ist. 
Die zweite Neuerung gegenüber den früheren 
Anwesenheit von Engeln hergestellt: r-Wenn die 
Engel bei dem Psalmengesang. bei der Eheschlie- 
ßung, bei der Bischofswahl, bei der Absage an den 
Teufel in der Taufe oder bei der Einholung der 
Seele in die Himmelsstadt zugegen sind, so heißt 
das immer. daß Psalmengesang, Eheschließung. 
Bischofswahl, Taufe oder Vollendung öffentliche, 
kirchlich-öffentliche und nicht private Vorgänge 
sind-i" Hier ist nicht weiter zu untersuchen, in- 
wieweit der antike Brauch, Rechtshandlungen vor 
den Göttern vorzunehmen, eine Analogie zu der 
christlichen Konzeption darstellt, wonach Rechts- 
handlungen vor den Engeln vorgenommen wer- 
den. Jedenialls war damit die Grundlage dafür ge- 
geben. daß sich höfische Kunstübungen seit dem 
ausgehenden 14. Jahrhundert des Engelsbildes in 
besonderem Maße annehmen konnten". Gerade 
das "Gottesgnadentumu - das Abgeleitete irdi- 
scher Machtordnung aus der göttlichen - dieses 
n. . . dei gratia. . .-- ist auch bei den Siegeln der 
Salzburger Erzbischöfe stets wesentlicher Be- 
standteil der Titulaturen und wird in solch einer 
Darstellung der "Botenu ganz sinnfällig. 
Es mag sein. daß nicht nur der neue "Stil-- des 
Thronsiegels Pilgrims von Puchheim, sondern 
auch die daran festzustellenden Veränderungen 
gegenüber den früheren Herbert Klein zu der Mei- 
nung veranlaßt haben, daß Pilgrim nsein großes 
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Siegel Erzbischofs Friedrich (IV.) Truchseß von E 
berg (1441-1452); an OU Stiftsa. St. Peter 1443-0 
Hanfschnur hängend. rot gefärbtes Wachs in n: 
bener Mulde. Dm. des Stempelabdrucks 36 n 
schritt: s(igillum) friderici dei gr(aii)a archiepi 
salczb(u)rgle)n(sis) ap(osto)lice sedis legatr 
KIeinesSiegeI ErzbischofsSigmund(l.)vonVolk1 
(1452-1461). an OU Stiftsa. St. Peter 1454-06-08 
gamentstreifen hangend. rot gefarbtes Wachs ir 
farbener Mulde. Dm des Stempelabdrucks 42 r 
schrift. s(igillum) sigismundi dei gr(ati)a archiep 
salczblu)rgle)n(sis) ED(OS10)IICG sedis leg(a)ti. 
Siegel Erzbischofs Bernhard von Flohr (1466-14 
OU Stiftsa. St. Peter 1466-09-26 an Pergament 
hangend. rot gefarbtes Wachs m naturfarbener 
Dm. des Stempelabdrucks 47 mm: Inschrift Sl 
Bernardi dei gr(ati)a arlchnepliscop): salzburgl 
ap(osto)lice sedlis) legati. 
 
Thronsiegeln besteht in der Einfügung derWappen 
des Erzbistums und der Familie des jeweils regie- 
renden Fürsten. In der ersten Zeit des Wappen- 
brauches war die Wappenführung vom Kriege und 
vom Turnier nicht zu trennen. Deshalb zögerten 
auch anfänglich die Kirchenfürsten mit der Ver- 
wendung der Wappen. Erst seit der Mitte des 
13. Jahrhunderts, also rund hundert Jahre nach 
seinem Aufkommen beim Flitterstand, war der 
Wappenbrauch in der Kirche allgemein üblich ge- 
worden". Gewiß hatten einzelne Bischöfe wie die 
von Beauvais die Wappen ihrer Bistümer (ohne 
kirchliche Symbole) schon in der ersten Hälfte des 
13. Jahrhunderts gebraucht. Aber eines der gan- 
zen frühen Beispiele. das Wappen der eigenen Fa- 
milie zusammen mit dem des Bistums zu verwen- 
den, findet sich erst 1263 bei Guy de Rochefort, Bi- 
schof von Langres". 
Daß der Wappenschild des Erzstifts und der der 
Familie Puchheim von je einem Engel gehalten 
wird, hat seine guten Gründe. Das deutsche Wort 
vEngel-i sowie seine Entsprechungen in den mei- 
sten modernen europäischen Sprachen kommen 
ja r über lateinisch nangelusw - aus dem griechi- 
schen angelus : nBoteM: Engel tragen die Anlie- 
gen der Menschen zu Gott, steigen von dort her- 
nieder und bringen gemäß den Befehlen Gottes 
den Menschen Wohltaten". Vorallem aberwird die 
wÖflentlichkeit-i kirchlicher Handlungen durch die 
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Siegel offenbar in Avignon bestellt hattei- und daß 
dessen nprachtvolle Ausstattung vermuten läßt. 
daß es nicht in Salzburg geschnitten worden istu". 
Schon auf Grund der Forschungen Kurt Rossa- 
chers über den wSchatz des Erzstifts Salzburg-ß 
und über die damit festgestellte qualitative Höhe 
der Salzburger Goldschmiedekunst auch in der 
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts hatte ich 
1976" diese Annahme Kleins bezweifelt. Ich darf 
meine Zweifel hier näher begründen. 
Der um 1330 als vierter Sohn Pilgrims (ll.) von 
Puchheim aus dessen zweiter Ehe mit Kunigunde 
von Trauttmannsdorff geborene Pilgrim" er- 
scheint urkundlich erstmalig 1353 als Domherr zu 
Salzburg und hatte am 29. März 1354 im Dom zu 
Castello (Venedig) durch den dortigen Bischof Ni- 
kolaus Morosini die Priesterweihe erhalten. Um 
1363 war er an der Hochschule zu Avignon, am 
24. Oktober dieses Jahres wurde er zum päpstli- 
chen Kaplan ernannt". Nachdem am 12. August 
1365 Ortolf von Weißeneck verstorben war, wurde 
Pilgrim knapp nach dem 11.September dieses 
Jahres" zum Erzbischof von Salzburg gewählt und 
am 7. Jänner 1366 durch Urban V. bestätigt. Auf 
Grund eines am 20. Februar 1366 ausgestellten 
Geleitbriefes der bayerischen Herzoge dürfte zwar 
Pilgrim zu diesem Zeitpunkt noch in Avignon ge- 
wesen sein; "im März oder April 1366 trat er dann 
den Heimweg am". Am 8. Mai empfing ervon Kai- 
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Siegel Erzbischofs Burkhard (IL) von Wei 
(1461-1465); an OU Stiftsa. St. Peter1464-05-23 
gamentstreifen hängend, rot gefärbtes Wachs i: 
famener Mulde. Dm. des Stempelabdrucks 44 1 
Schrift: Sigillum Burckhardi cardinalüs) el arc 
cop)i (sancte) eccl(esi)e salzbvrgwnsis). 
Siegel Erzbischols Friedrich (V.) von Schal 
(1489-1494); an OU Stiftsa. St. Peter 1492-07-09 
gamentstreifen hängend. rol gefärbtes Wachs i: 
farbener Mulde. Dm. des Stempelabdrucks 46: 
Schrift; S(igillum) frid(erici) dei gr(ati)a sancts 
burg(ensis) eccl(esi)e avchiep(iscop)i ap(osto)li( 
legati (eUc. 
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1B 
Siegel Erzbischots Johann (lll.) Peckensl 
(14824487 Koadjutor und Administrator, 148 
Erzbischof); an OU Stiltsa. St. Peter14B9a12-11 
gamentstreifen hängend. rot gefärbtes Wachs ir 
tarbener Mulde, Dm. des Stempelabdrucks 461 
schritt: Sügillum) joh(ann)is dei gr(atl)a sancts 
burg(ensis) eccl(esi)e archiep(iscop)l ap(osto)lic 
legati (et)c. 
Siegel Erzbischofs Sigmund (IL) vo nHo 
(1494-1495); an OU Stiftsa. St. Pater 1495-03-09 
gamentstreifen hängend. rot gefärbtes Wachs ir 
farbener Mulde, Dm. des Stempelabdrucks 47: 
schrift: Sügillum) Sig(mun)d(i) dei gr(ati)a SSHC 
zeburg(ensis) eccl(esi)e avchiepüscopß apwsto] 
dis legali (ebc. 
Siegel Erzbischofs Leonhard von Keut 
(1495-1519); an OU Stiftsa. St. Peter an Pergame 
fen hängend, rot gefärbtes Wachs in naturfarben 
de. Dm. des Stempelabdrucks 49 mm; Inschrift 
lum) leonh(ardi) dei gr(ati)a sancle salczburg 
eccl(esi)e archiep(iscop)i ap(osto)lice sedis leg:
	        
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