l "Spanisches Gehottir, l975
Kohlezeichnung
2 Reiner SChlEStl
Helllef DCFIIGSII
Geboren 1939 in Kufstein in Tirol. studierte der Künstler
zuerst Literaturwissenschaft an den Universitaten Inns-
bruck und Wien. Er sagt selbst. er glaubt. daß aus dieser
intensiven Beschäftigung mit der Literatur seine Liebe
zur Illustration stammt. Schon wahrend dieses Studiums
in Wien besuchte er auch die Akademie der bildenden
Künste und war Schüler bei Prof, Franz Elsner. zeichnete
unter Prof. Herbert Boeckls Anleitung. Sehr viele Reisen
führten ihn mit offenen Augen durch viele Teile der Welt,
in nahe und ferne Lander, und sowohl die Landschaften
als auch die Menschen, denen er begegnete, formten ihn
und damit auch sein Schaffen. Heute lebt der Kunstler
in Innsbruck.
Wenn Schiestl auch Kleinolastiken, Keramiken und Tem-
perabilder macht, so ist. zumindest bis ietzt, seine Stärke
die Graphik. Mit ihr ist er auch bekannt geworden, und
fur diese Arbeiten wurde er auch mit einigen Preisen
ausgezeichnet.
Im Jahr 1968 besuchte er ein Arbeitsseminar lur Radie-
rung bei J. Friedlaender in Salzburg. und im Anschluß
daran entstanden einige sehr gelungene Zyklen. Ellatter
zu Günther Grass nDie Blechtrommelri, spater zu Fran-
cois Villon, es entstanden die Fabeltiere nach Christian
Morgensterns Versen. Hier arbeitet Schiestl mit weichen
Linien, mit Hell-und Dunkeltonen, mit Ballungen und
Lichfiihrungen, mit Aquatintakornungen. Wir sehen bei
diesen Figurenbündeln, bei diesen Menschenknaueln
immer wieder neue Strichansatze. Es werden gleichsam
die verschiedensten menschlichen Möglichkeiten ins
Auge gefaßt. Oft treten die Korper aus einer Tiefe der
Dunkelheit hervor, dann wieder scheinen sie sich in ei-
nem Gewirr, in einem Netzwerk zu verstricken, Wir spu-
ren etwas von Zwang und Gewalt. von der Ausgeliefert-
heit an die Triebkrafte animalischer Darnonie,
Als unmittelbar sichtbare Ernte seiner Reisen liegt vom
Kunstler eine große Anzahl Landschaftszeichnungen aus
den letzten Jahren vor. Der Strich ist harter. zupackender
geworden. Die Geraden uberwiegen. Zu Schwerpunkten
verdichtete Knoten werden in der Bildebene verspannt,
Tiefe und Räumlichkeit mit sparsamsten Mitteln erreicht.
Große freie Flächen schalten Atmosphare. Wir können
hier feststellen, daß er Verteilung von Licht und Schat-
ten. von Verdichtungen und Lockerungen der Linienge-
fuge ein vielleicht unbewußles, aber stark verankertes
Gefühl für Ordnung innewohnt, Die in Chaotisches aus-
brechenden Gefüge illustrativer Erfassungen sind geban-
digt und zu einem klaren, sicher oft auch gewalttatigen,
doch immer in einem logisch erkennbaren verhaltnis zu-
einander stehenden Maß gebracht.
Auch einem der schwierigsten Themen, dem Portrat.
wandte sich Schiestl zu. Das menschliche Antlitz. seine
Haltung und sein Ausdruck, sagt mehr aus als nur die
reine korperliche Erscheinung. Hier finden wir eine Kon-
zentration des Menschen als ganze Person. Gerade um
die Erfassung der ganzen Person geht es auch Schiestl.
Der Künstler nennt als Bedingung der Portratarbeit die
Gabe der psychologischen Einsicht und den Willen, sich
mit dem Wesen des anderen auseinandersetzen zu wol-
len. Wir wissen. immer wird uns der andere letztlich ein
Ratsel bleiben, immer werden wir auch bei dem Nachst-
stehenden dunkle unbekannte Seiten erkennen müssen,
und doch erfaßt der Stift des Künstlers oft die wesentli-
chen Züge. Auch Schiestl gestaltet sie. Er erweitert dabei
meist mit wenigen Strichen die Landschaft des Antlitzes
und schließt die Hände, die Haltung des Körpers mit ein.
Bei all dem ist natürlich die Sicherheit der zeichnenden
Hand Voraussetzung. Diese Voraussetzung ist bei Reiner
Schiestl hochgradig erfüllt. Gerade bei seinen Pcrtrat-
zeichnungen sehen wir. mit welcher Sicherheit er den
Strich führt. ihn breit oder fest. weich oder hart werden
läßt und damit Tiefe in jeder Beziehung schafft.
Alois Vogel
s wie Brandstiftung", 1969
Radierung und Aquannta
Blatt 2 aus dem Zyklus
v-BISCMYOMNIEII.
4 Portrat Karl sunm. 1976
Kohlezewchnurwg
s "Hauser m Toledo-. 1975
Kohlezewchnung
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