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Metadaten: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 97)

Konrad Strauß 
EIN NEUENTDECKTES 
RELIEF UND ANDERE 
ARBEITEN DES HAFNERS 
HANS KIUXUT ZU VILLINGEN 
ANMERKUNGEN 1 -8 
l Konrad Srrauß. Die Kadzelkunst des 15. und 16. Jahr- 
hundcrrs. Straßburg 1966, S. 104i. 
1 Rcdcr. Christian. Zur Ixbensgeschichte und Würdigung 
des Hafnerx Hans Kraut von Villingen. Zeitschrift der 
gäzichte des Oberrheins, N.F. Bd. XXII, H. 3, 5. 
3K0mhas, Wann ist Hans Kraut. der bedeutende Kunst- 
töpfer, geboren und wann gatorben? "Heimat und 
Handwerk". Karlsruhe 1927, Nr. 6, S. 251". - Dem. 
Hans Kraur als Tö fer Keramische Rundschau und 
Kunstkeramik, 19Q7. . , Nr. 50, S. 4 und S. 349i". - 
Dm" Einiges über Hans Kraut und seine Werke. Kera- 
mische Rundsdiau 1926, 34. ]g., Nr. 29, S. 47711 
4Rzvellio, Beiträge zur Geschichte der Stadt Villingen. 
Villingen 1964, S. 226d". mit diversen Abbildungen. 
iKomhu, Einiges über Haus Kraut und seine Werke. 
Keramische Rundschau 192a, 34. ]g., Nr. 29, s. 47m. 
5 Walcher-Mollheiu, "Kunst und Kunsthandwerk", Xll. ]g., 
1909. S. 302. Abb. 66. 
VAuGrnhmc und nähere Angaben verdanke ich Herrn 
Direkrur Dr. Mrazek in Wien. Danach war der Vor- 
lxzilzer um M. Soyrer in Augsburg. Das Relief u: 
abgebildet im „Museum Soylerianum", u. AuH. Augsburg 
1874, Tafel 44 und in „Azipar Müväszel Könyrc". Buda- 
est 1905, 2. Bd., Farbtafel LXVIII. 
l cnrad Strauß, Der Kunsrhafner Hans Kraut in Villingcn 
und seine Werke, S. 2751". und Altes Kunsthandwerk, 
Wien 1928. - B. Walcher-Moithein. Beiträge zur Wür- 
digung 4.1 Hafners Kraut und seiner Werke. a. a. 0., s. 219. 
 
In meinem im vorigen Jahr erschienenen 
Buch über Kachelkunst des 15. und 16. 
Jahrhunderts hatte ich mich mit dem 
Meister Hans Krautl und seinen Werken - 
meist buntglasierten Kachelöfen f, aus- 
einandergesetzt. Beim Studium der Arbeiten 
des Hans Kraut kam ich zu dcr Überzeu- 
gung, daß auch ein großes Relief im Mu- 
seum für angewandte Kunst in Wien von 
ihm stammen müßte. Für diejenigen, die 
nicht mit der Lebensgeschichte des Hans 
Kraut vertraut sind und sich die schwer 
zugängliche Literatur nicht besorgen kön- 
nen, lasse ich kurz die wichtigsten Lebens- 
daten des Hafncrmeisters folgen. 
Durch die Forschungen von Roderl und 
Kornhas3 sind wir einigermaßen über das 
Leben des Meisters unterrichtet, das heißt, 
soweit überhaupt die wenigen vorhandenen 
Urkunden uns Auskunft gegeben haben. 
Danach ist Hans Kraut nicht in Villingen - 
es gibt dort keine Familiennamen Kraut -, 
sondern wohl in dem benachbarten Spai- 
chingen geboren, das ebenso wie Villingen 
früher bis zum Jahre 1805 zu den vorder- 
österreichischen Besitzungen gehörte. Es 
sind in Spaichingen zahlreiche Familien- 
namen Kraut nachweisbar. Das Geburtsjahr 
von Hans Kraut ist noch umstritten, doch 
dürfte Kornhas recht haben, wenn er die 
Geburt etwa um das Jahr 1512 ansetzt. 
Damit dürfte dann die Kachel, die Roder 
mit der Jahreszahl 1532 als Geburtsjahr 
annahrn, als sein Gescllenstück anzusehen 
sein. Sein Todesjahr dürfte 1592 sein, 
denn man hat einen primitiven Grabstein 
auf dem Friedhof gefunden mit dem Mono- 
gramm H. K. und der Jahreszahl 1592, 
wohl ohne Zweifel für Hans Kraut zu 
deuten. Außerdem hörten wir, daß der 
Graf Fürstenberg im Jahre 1593 einen 
Ofen bei Jacob Kraut, dem Sohn und 
Nachfolger, bestellt hat, auch wird dieser 
als Nachfolger in der Hafncrwerkstatt in 
den Jahren 1596 erwähnt. Jacob Kraut 
war weniger berühmt, bisher sind Arbeiten 
von ihm kaum bekannt. Leider ist er, 
obwohl Bürger und Ratsherr, ein Opfer 
der schrecklichen Hexenprozesse geworden 
und 1641 hingerichtet worden. 
Von Hans Kraut wissen wir, daß er wahr- 
scheinlich 1566 nach Villingen gekommen 
und dort verhältnismäßig spät Bürger 
geworden ist. Das Bürgerrecht war stets 
mit Hausbesitz verbunden, so wurde Kraut 
nach urkundlichen Nachrichten im Jahre 
1585 Bürger der Stadt. Auch erhielt Johann 
Kraut, Bürger und Rat zu Villingen, vom 
Erzherzog Ferdinand am 2. Oktober 1590 
einen zu Innsbruck datierten Wappenbrief, 
da er damals im Kollegium des Stadtrates H 
wahrscheinlich als Vertreter seiner Zunft - 
zu den angesehensten Bürgern der Stadt 
gezählt hat. Die Jahreszahl 1592 auf dem 
Grabstein dürfte stimmen, denn nachher 
wird der Meister nicht mehr erwähnt, und 
sein Sohn Jacob führte die Werkstatt 
weiter. Inzwischen ist in einem Buch der 
Geschichte der Stadt Villingen4 nochmals 
eine kurze Zusammenfassung des Lebens 
und der Werke von Hans Kraut erschienen; 
danach soll das Sterbejahr des Meisters 
1592 oder 1596 gewesen sein. Es sind in 
dem Buch auch viele Kacheln und Kachel- 
fragmente abgebildet, die bisher in der 
Literatur unbekannt waren. 
Von Hans Kraut sind verschiedene Signa- 
turen5 an seinen Öfen und Kacheln vor- 
handen, so daß diesbezüglich einige Ar- 
beiten gesichert sind. Außer Kacheln für 
Öfen hat er in früherer Zeit auch Reliefs 
gefertigt, und diese Arbeiten sind öfters 
beschrieben worden. Hier soll uns ein 
Relief interessieren, das nicht signiert, aber 
in jeder Beziehung bei einem Vergleich 
mit Arbeiten von Hans Kraut sich als ein 
Werk dieses Künstlers erweisen dürfte. 
Ein Meister wie Hans Kraut, dessen 
Schaffenszeit etwa 70 Jahre dauerte, hat 
weit mehr als die uns verbliebenen vier 
Kachelöfen gefertigt. Sicher ist ein größerer 
Teil seiner Arbeiten im Laufe der jahrhun- 
dertezerstörtwordenundverlorengegangen; 
es sind daher bestimmt noch Reliefs und 
Kacheln in Sammlungen vorhanden, die 
man bisher nicht seiner Werkstatt zugea 
schrieben hat. Die Schöpfungen eines 
Hafnermeisters, der mit solch ausgezeich- 
netem Sinn für plastisches Schaffen begabt 
war, sollten leicht an ähnlichen, bisher 
anonymen Arbeiten zu erkennen sein. 
Gab es doch nur wenige Werkstätten in 
Süddeutschland, die so hervorragende Haf- 
nerarbeiten erzeugt haben. 
Auf der Suche nach solchen Arbeiten stieß 
ich auf das große, prachtvoll buntglasierte 
Tonrelief, 35 cm hoch (Abb. 1), mit der 
Darstellung des barmherzigen Samariters 
im Österreichischen Museum für ange- 
wandte Kunst in Wien. Dieses Relief 
befand sich früher in der Sammlung Figdor 
in Wien und stammte angeblich aus dem 
Rathaus zu Nördlingcn. Walcherö hatte es 
bereits beschrieben und abgebildet, ohne 
aber dieses Stück einer bestimmten Werk- 
statt zuzuschreiben. Bei dieser Gruppe 
handelt es sich um eine Szene aus der 
Legende des Wilhelm von Albonac und 
des Königs Alfred III. von Mercien. Den 
Mittelpunkt beherrscht die kniende Figur 
des Samariters. Er trägt einen kurzen 
Vollbart, auf dem Haupte eine modische 
große Schirmmütze, angetan mit einer 
pelzverbrämten Schaube. Seine linke Hand 
ist auf den Arm des Ritters gelegt. Der 
Ritter liegt langgestreckt auf dem Boden. 
Die rechte Hand stützt seinen Kopf, der 
Helm ist abgenommen und liegt daneben. 
Mit besonderer Liebe und Sorgfalt sind 
die Details an der Rüstung wie an der 
Kleidung modelliert. Den Hintergrund 
bilden drei hohe Bäume, die symmetrisch 
angeordnet sind. Etwas von der felsigen 
Landschaft ist zu sehen. 
Das Relief war stets eine Einzelarbeit7 
und nicht als Mittelstück für einen großen 
Ofen gedacht. Die Brennfarbe des Tones 
ist Rotbraun, wie die meisten Kacheln 
von Hans Kraut. Nach der Mitte zu steigt 
das Relief etwas an, so daß es an den Seiten 
eine Tiefe von 8,5 cm, in der Mitte jedoch 
eine solche von 13 cm aufweist. Vergleicht 
man nun die großen Mittelreliefs am 
Londonerß, Wiener und Karlsruher Ofen, 
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