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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 158)

sitz, bisher in Depots verbannt, wurden in ein Ge- 
bäude gebracht, das nach wie vor Privateigentum 
blieb. 
Für eine ninterieurmäßigeß Einrichtung. wie sie der 
vollkommenen Verwirklichung der Idee w-Schloß- 
rnuseumß entsprochen hätte, waren die Räume in 
Petronell freilich nicht geeignet. Im vollen Einver- 
nehmen mit seinem Direktor, Griessmaier. verzich- 
tete Windisch-Graetz darauf, künstlich Ensembles 
zu schaffen, die im Eindruck weder museal noch ei- 
nem Wohnstil entsprechend gewesen wären. In Pe- 
tronell ist eine dokumentierende Ausstellung ent- 
standen. die an keine andere Rücksicht gebunden 
ist als die der ästhetischen Harmonie und der zeitli- 
CSSR, konnte am 17.Juni 1967 eröffnet werden. Das 
Bauwerk von zauberhafter Schönheit - lange Zeit 
hindurch dem jüngeren Fischer von Erlach zuge- 
schrieben, im Zuge der Restaurierung aber nun von 
Hanna Dornik-Eger eindeutig als Werk Anton Pil- 
grams identifiziert, das Einflüsse des Lukas von Hil- 
debrandterkennen läßt -gibt den idealen Rahmen. 
Hier nun konnte jene interieurmäßige Einrichtung 
erfolgen, die ohne iede Künstlichkeit den spontanen 
Eindruck erweckt, daß hier eine ebenso kunstsin- 
nige wie liebevolle Hand ein repräsentatives und 
kultiviertes Heim geschaffen hat, das ieden Augen- 
blick von Menschen des achtzehnten Jahrhunderts 
in Besitz genommen werden könnte. 
"Die Zimmer sollten so eingerichtet werden. 
sie wenigstens andeutungsweise einen bewr 
ten Eindruck verrnittelnß kommentiert Windi: 
Graetz selbst. Es ging nicht darum, das Mobiliar r 
wissenschaftlich erforschten stilistischen Krite 
oder nach dem Standort der Werkstätten zu Ofdl 
sondern der Tatsache Rechnung zu tragen. da 
einem derartigen Schloß Möbel und Einrichtui 
gegenstände aus dem ln- und Ausland nebeneii 
der in Verwendung standen, daß die Eigentümer 
ihren Reisen manches mitgebracht hatten, da 
manche Auswahl nach sehr persönlichem 
schmack erfolgte. 
Das Phänomen von Fliegersburg besteht darin, 
chen Übereinstimmung. Diesem klassisch musealen 
Charakter entspricht die Aulstellung von Vitrinen, 
wobei sich die hauseigene Schloß- und Familienge- 
schichte harmonisch zu den Museumsstucken fügt. 
Daß die Auswahl der ausgestellten Möbel - es sind 
lasthundert, durchwegsimposanteStücke-wie der 
Porzellane. Fayencen, Glaser. Goldschmiede- und 
Metallarbeiten sich am dominierend barocken Cha- 
rakterdes Schlosses orientiert (Domenico und Carlo 
Carlone haben es im 17. Jahrhundert errichtet), ist 
als Speziiikum hervorzuheben. 
Das Experiment von Petronell ist voll und ganz ge- 
lungen, der "Prototyp" des Schloßmuseums war 
geschaffen. Das Wunschbild. das Windisch-Graetz 
von allem Anfang an vorgeschwebt war, hatte frei- 
lich manche Veranderung erfahrene in seinervollen 
Schönheit ist es dann in Schlol) Ftiegersburg zur 
Wirklichkeit geworden. 
Der "Adlige Landsitz des 18. Jahrhunderts" im Khe- 
venhiillerschloß Riegersburg. hart an derGrenze zur 
4 
7 Schloßmuseum Riegersburg, Gelber Salon (Dietrich- 
stein-Zimmer). Silzmöbel des Frühklassizismus, Wien. 
1775, angefertigt für das kaiserliche Lustschloß Schieß- 
hol. Porträts von Mitgliedern der Familie Dietrichstein. 
Französische Wandbespannung, bedruckter Satin mit 
orientalisierenden Motiven. 
Schloßmuseum Fliegersburg, Grüner Salon (Rokoko 
zimmer). Sitzmöbel aus Venedig, Mitte 1B. Jahrhundert. 
Repräsentatives Porträt des Prinzen Eugen von Savoyen 
von einem unbekannten Meister. Französische Wand- 
bespannung, grüner Seidendamast. 
Wöchnerlnnentischchen, signiert wA M CFllARD-i (An- 
toine Mathieu Criard). um 1724- 1787. Flosenholzturnier 
und Marketerie aus Palisanderholz, vergoldete Bronze 
beschlage, Zweiteilig; abhebbares Bett-Tischchen ei- 
nem Ablagetisch aufgesetzt. Dauerleihgabbe der Zen- 
tralsparkasse der Gemeinde Wien; dem Osierreichi- 
schen Museum lür angewandte Kunst 1972 gewidmet, 
diese interieurmäßige Einrichtung auch im klein: 
Detail nicht wie eine Rekonstruktion wirkt, l 
"Bühnenbild-i ist und trotz der hohen Qualität 
Gezeigten keinen Hauch jener Sterilitat aufweist, 
im negativen Sinn wmusealu genannt werden kö 
te. 
Selbst die kostbarsten Stucke - die spätbaro 
neunteilige Sitzgarnitur mit Gros-Point-Sticke 
ein rares Beispiel osterreichischer Möbelkunst, 
chinesische Papiertapete, das Chintz-Kanapee 
Schlolihot vor allem - fügen sich mit Selbst 
ständlichkeit in das Ensemble. für das die erha 
gebliebenen Stuckplafonds, Lambrien und Karr 
gewissermaßen einen vorgegebenen Rahmen 
ten. Die Porträts betonen den iamiliaren Charal 
der hier mit Selbstverständlichkeit auch das Kai 
haus oder den Prinzen Eugen einschließt. 
Im Schloß Riegersburg ist, dem Gesamlkon; 
nach wie in jedem einzelnen Detail. ein hoher C 
gestalterischer Vollendung erreichtworden: Hie
	        
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