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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 158)

führte die dazugehörigen Vergolderarbeiten i) . .. 
mit dem guten Dreyerley Gold" aus". Die dritte und 
letzte Bezeichnung w . . . und mitdem fein guten ge- 
schlagenen Gold vergoldt, Glantz, und mat . . ß fin- 
det sich in der 1772 ausgestellten Vergolderrech- 
nung des Johann Pihl für die Arbeiten an den neuen 
Audienzzimrnern Maria Theresias. die als Teil ihres 
Witwensitzes im zweiten Stock des Leopoldinischen 
Traktes der Wiener Hofburg gelegen warenzs. 
Neben dieser mehrfarbigen Goldfassung blieben die 
seit den 50er Jahren aulgekornmenen bunten Fas- 
sungen ebenfalls in Verwendung. Sie unterscheiden 
sich aber von den auf färbigem Grund mit vergolde- 
ten Schnitzereien kombinierten Fassungen der 50er 
Jahre durch eine abgestufte Ton-in-Ton-Färbelung. 
die sich von einem weißen Grund abhebt. Dadurch 
entstanden luftigere und zartere Raumgebilde. die 
mehr dem die private Atmosphäre betonenden Ro- 
koko entsprechen als die für das Barock charakteri- 
stische Zusammenstellung einer Farbe mit Gold. 
Wann diese Wandlung genau eintrat, konnte leider 
nicht festgestellt werden, da die entsprechenden 
Quellen von dem dafür in Frage kommenden Zeitab- 
schnitt, vom Ende derSOerJahre bisAnfang derGOer 
Jahre, nicht mehr erhalten sind. Das einzige noch 
vorhandene Beispiel einer bunten Zimmerausstat- 
tung im Verband des Wiener Hofes ist das 1772 neu 
gefaßte Schönbrunner Porzellanzimmer, welches 
vom bürgerl. Vergolder Joseph Pihl gefaßt worden 
war: - . . . diese grundirt. und fein ausrepariert, und 
darauf mit dem fein Cremser weiß, weiß gemacht. 
und die Staab und schneid Arbeit blau, ins blaue 
gemahlen, und darnach das weise und das blaue in 
Glanz planirt, . . 39a Von der heute darin aufgestell- 
ten Einrichtung stammen nur die drei EckkonsoIti- 
sche aus der ursprünglichen Möblierung (Abbß). 
Die originale Möblierung war sogar in der Wahl der 
Stoffe mit der blau-weißen Flaumfassung überein- 
gestimmtzfso daß sich ein einziges farbiges Ensem- 
ble ergab, das noch durch die Verwendung blau- 
weißen Porzellans betont wurde. Weitere Beispiele 
der Ton-in-Ton-Färbelung können an Hand von 
Rechnungen nachgewiesen werden. Es waren dies 
die im Lauf des Jahres 1774 neu adaptierten Schön- 
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brunner Zimmer für die Erzherzoginnen Elisabeth 
und Maria Anna, die -- . . . mit dem vermischten 
Bleyweis leicht grien gemacht, und die Stäbl dun- 
ckelgrien, und die Muschel sädirt, und gefirnist . . ß 
worden waren". Auch die Sammlungskästen fürdas 
Naturalienkabinett der Erzherzogin Maria Anna wa- 
ren, wie aus zwei Kostenvoranschlägen zu ersehen 
ist, bunt gefallt". 
Eine besondere Art der Fassung, die aber in keinem 
einzigen Beispiel des Wiener Hofes erhalten geblie- 
ben ist, war das Bemalen der geflochtenen Sitzflä- 
chen und Rückenlehnen an Sitzmöbeln. Im Gegen- 
satz zu Österreich sind in Frankreich und England 
einige Stücke dieserArt auf uns gekommen (AbbJ). 
Am häufigsten traten als Maimotive Ziokzackbän- 
der, Rauten- oder Linienmuster auf. Seltener hinge- 
gen sind Landschaftsdarstellungen oder Blumen- 
motive, wobei letztere auchfürden WienerHofüber- 
liefert sind. 1770 hatte der Vergolder J. Pihl nach 
Innsbruck "ein Lahn-Sessel zu ein Modell gemacht. 
ein Stückel weis, und die Stab Gold. das andere mit 
dreyerley Farben gemacht und blanirt, und das Rohr 
mit Bugetteraoti. Zwei ähnliche Sessel scheinen im 
Schönbrunner Schloßinventar (1803) für das Eck- 
kabinett Nr. 7 auf: v2 weis und vergoldte Rohrses- 
seln mit Blumen bemahlt." 
Die farbige Möbelfassung erzielte 1773 mit der Neu- 
ausstattung der Schönbrunner Parterreräume zu 
den heutigen sogenannten wBergl-Zimmerni- ihren 
Höhepunkt. Zeugnis davon gibt ein heute im Bun- 
desmobiliendepot verwahrter, einst zur Ausstattung 
der Bergl-Zimmer gehörender Konsoltisch (Abb. l). 
Dieser ist ganz aus pflanzlichen Motiven, wie Blüten. 
Blättern und Ästen, aufgebaut. die alle ihrer natürli- 
chen Farbe entsprechend gefaßt sind. 
Die Einflußnahme Josefs II. auf Fragen der Möblie- 
rung wirkte sich durch größtmögliche Einfachheit 
aus, die auch an der Fassung der Möbelstücke zum 
Ausdruck kam. Aus seinen genauen Anweisungen 
für die 1775 erfolgte Neuadaptierung der Wohn- 
räume seines Bruders Maximilian in der Wiener 
Hofburg erfährt man vom Ersetzen der weiß-golde- 
nen Ausstattung durch eine rein weiße". 
 
19 
S Eckkonsole. Linde in verschiedenen Blautönen und Weiß 
gefaßt. Marmorplatte fehlt, 74x54x82 cm, Wien 1772, Aus- 
führung Holbildhauer Wanze! Egger. Ehemals im Por- 
zellanzimmer von Schloß Schönbrunn. jetzt im Bundes- 
mobiliendepot. 
Anmerkungen 25-31 
25 ote Nr.5 (1771). lommv. 
" role Nr.5. 101.67 
Snhbnbrunner scnloßinveniar von 1503 (im Bundesmobilinnde- 
pot); Zimmer Nr.13: -1 weis und blau geniale Rohrsofln, min Mate- 
railen und 5 Polster von weis und blauen Zlz.- 
" HWI: rote Nr.6 (1773), lolJav. 
2' Hofbauamt; Kanon 1B. 9. Sillung vom I. bis letzten November 
1776. IoLCMv. (HHSA): -Zwey Uberschläge deren Vergolder Urban 
Grasl und J. Pill über u Stück bllu zu Iacirandn Käsll für lhro Kö- 
nigl. Hocrmeit die Erzherzogin Maria Annam 
W HWl: rote Nr.4 (1170). 101.83 
" HHSA: Handbillette Josef ll.. ll.Ed.. m23: nn Graf Kuuniu (n. No- 
vember 1775} 
 
27 
E] Anschrif! des Autors: 
Dr. Christian Witt-Dörring 
Magdalenenstraße 116a 
A-108O Wien
	        
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