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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 158)

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F. 
6 
sammenwirken von Künstlern und Handwerkern 
entstehen konnte- und dazu noch überzeugter So- 
zialist. Seine Überlegungen gingen, geradezu im 
Gegensatz zurtechnischen Entwicklung, von einem 
moralischen Bekenntnis aus. das zum neuen welt- 
anschaulichen Hintergrund der Gestaltung wurde. 
Der Grundsatz, daß Kunst füralleebenso wichtig wie 
Freiheit für alle sei, war die Basis seines Wirkens. 
Für die nun beginnende Suche nach einer eigen- 
ständigen. der neuen Zeit und dem neuen Material 
entsprechenden Form, vor allem im Wohnen, sind 
seine Gedanken, aber ch seineArbeiten von größ- 
ter Wichtigkeit. Die von ihm geforderte und begrün- 
dete Gemeinschaft von Künstlern und Handwerkern 
fand in der Zeit um die Jahrhundertwende Nachfol- 
ger in der Gründung der Werkstätten in München 
und Wien und war mit ihren sozial-ethischen Postu- 
laten selbst noch ür die geistigen Vorstellungen des 
Weimarer Bauhauses mitbestimmend. 
Betrachtet m die Entwicklung im neunzehnten 
Jahrhundert und versucht man, sie auf wenige, aber 
wesentliche Komponenten zu reduzieren. so zeigen 
sich zwei parallel verlaufende Wege: einerseits der 
des mit dem Einsatz neuer Materialien und der stän- 
digen Verbesserung der Fertigungsmethoden ver- 
bundenen technischen Fortschritts. zum Beispiel 
beim Bugholzmöbel Michael Thonets. andererseits 
die auf William Morris gestützte geistig und sozial 
wirkende Bewegung. Erst nach vielen Umwegen 
fanden diese beiden Entwicklungslinien zu Beginn 
des zwanzigsten Jahrhunderts eine gemeinsame 
Basis in manchen Ideen des Deutschen Werkbun- 
des, die später durch das Bauhaus weltweitwirksam 
wurden. 
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Im Laufe der Suche nach einer neuen Stilwelt ent- 
stand gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts 
der Jugendstil als eine Kraft, die den Historismus 
überwinden half. Diese Strömung wurde zwar für 
kurze Zeit zu einer mitreißenden Bewegung, sie ging 
jedoch theoretisch über die ldeen von William Mor- 
ris kaum hinaus und bediente sich damals schon 
überholter Produktionverfahren. Ein aus massivem 
Holz geschnitzter Stuhl Henry van de Veldes konnte 
zwar ein Fanal. aber kein Vorbild für ein Massenmö- 
bel sein: seine Herstellung war einfach zu teuer. 
Zwischen der Theorie der sozialen Gerechtigkeit 
und der Praxis, die sich zwangsläufig auf die Ein- 
richtung von Wohnungen der Oberschicht be- 
schränken mußte, bestand eine unüberbrückbare 
Kluft. 
Starken Einfluß auf Möbelbau und Innenarchitektur 
hatten die großen Weltausstellungen zwischen 1851 
und 1900. Die Londoner Weltausstellung von 1851 
war vor allem durch den Kristallpalast von Joseph 
Paxton mit seinem neuartigen Raumkonzept, ge- 
kennzeichnet durch räumliche Transparenz und 
fließenden Übergang zwischen innen und außen. 
von größter Bedeutung. Später gewann das Aufz 
gen neuer technischer Möglichkeiten Wichtigke 
Mit ihrem weltweiten Echo brachten die Ausstellun- 
gen neue Errungenschaften breiten Kreisen zur 
Kenntnis, Die Kataloge der Ausstellungen selbst so- 
wie die Berichte in den nach und nach entstehenden 
Zeitschriften über Innenarchitektur trugen ebenfalls 
wesentlich zur Verbreitung neuer Ideen bei. Letzt- 
Iich sah das frühe zwanzigste Jahrhundert noch- 
mals den Triumph der alten Gesellschaft. Bei den 
Möbeln experimentierte man zwar manchmal mit 
neuen Formen. die bewährten bürgerlichen V 
schemata blieben iedoch sowohl in den Miel 
sern der Innenstädte wie in den Villen der Vi 
unangefochten bestehen. Es bedurfte noch 
Weltkrieges und der Russischen Revolution, t 
Gesellschaft ihre Vorstellungen grundsatzlich 
neuen Wertung unterziehen konnte. Erste i 
chen waren allerdings schon früher erkennba 
Versuche des 1907 gegründeten Deutschen ' 
bundes. Handwerk und Industrie zu integr 
ebenso wie die Arbeiten von Peter Behrens. d 
einer großen lndustriefirma. der AEG, für Arc 
tur und Design verantwortlich war. 
Die Zäsur des Ersten Weltkrieges warentschei 
Vor allem in wirtschaftlich schwer geschlag 
Ländern wie Deutschland, Österreich und selb 
ständlich in FiuBIand nach der Revolution b: 
man. den Wert der bisherigen Lebensform 
Frage zu stellen, War es ein Wunder, daß m: 
nächst in die Utopie flüchtete. da die Wirklii 
kaum zu bewältigen war? So war der nacl" 
Krieg entstandene deutsche Expressionismu 
vor allem von Berlin ausging, ein Versuch. in 1 
tektur und Möbeln die Träume einer Notzeit a 
drücken. Die gekünstelten, technisch kaum 
sierbaren Formen vermochten wohl Wunschv: 
lungen darzustellen, sie waren aber keineswei 
Durchsetzung gesellschaftlicher Änderungen 
Iich, 
Wichtige Impulse kamen vorn Bauhaus, da 
nächst in Weimar (1919-1925). dann in D 
(1925-1932) tätig war. Von der Theorie der hol 
schen StijI-Bewegung ebenso beeintlußt wi 
den russischen Konstruktivisten. ging diese S
	        
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