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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 159)

der Figuren von einem sporadisch aufgetra- 
1 Stahlblau über blau-grüne Zwischentöne fast 
as erscheinend in das matte Grün der als Un- 
ind dargestellten Fiasenfläche überwechselt; 
int seien schließlich noch die vollendet gemal- 
intergrundlandschaften", in denen Breughel 
emerkenswerter Intuition die Szenerie erfaBt 
nit Farbe erfüllt. 
ller Komplexheit und Problematik, der eine 
eichende Wertung der Farbwahl zweier Künst- 
nterworfen ist. dürften die angeschnittenen 
le doch deutlich gemacht haben, daß wir in 
r Breughel d. Ä. keinen Nachahmer, sondern 
echten Bosch-Nachfolger vor uns haben. Am 
ndsten, wenn auch am allgemeinsten hat Jed- 
die wechselseitige Beziehung in der Farbspra- 
leider Künstler zum Ausdruck gebracht, wenn 
wreibt": 
Farbe Bruegels steht zur mittelalterlichen 
Frühwerk Breughels Tendenzen spürbar, die eine 
Vereinheitlichung des Bildraums beinhalten. 
Breughel bedient sich hierbei insbesondere des sti- 
listischen Mittels der Luftperspektive". durch die 
die einzelnen Bildzonen nahtlos ineinander überge- 
hen. Dieser Eindruck eines einheitlichen Bildraums 
entsteht schon im Gleichnis vom Sämann, in ausge- 
reifter Form aber erst in seinen späteren Gemälden. 
wie in der Volkszählung zu Bethlehem, der Verkehr- 
ren Welt oder dem Kindermord. 
Schließlich einige Bemerkungen zur f0rmallogi- 
schen Bildkomposition: Daß sie keine zentrale Rolle 
im Gesamtwerk Boschs einnimmt, zeigen schon die 
relativ wenigen Beispiele in der Anwendung der 
Zentralperspektive. Wahrscheinlich war Bosch mit 
den Prinzipien der Linearperspektive vertraut - das 
Schwergewicht in der Behandlung desFlaumesliegt 
bei ihm jedoch nicht auf der formalen. sondern ein- 
deutig aufderthematischen Ebene". Eine genauere 
perspektivische Analyse stuft ihn meines Erachtens 
in die Gruppe jener seinerZeitgenossen ein, bei de- 
nen das Moment einer nahezu exakten Beobach- 
tung noch gegenüber der streng formalen Behand- 
lung des Raums überwiegt. 
Betrachten wir z.B. unter diesem Aspekt die per- 
spektivische Zeichnung im Tod eines Geizhalses: 
auffallend ist hier, daß sich die Perspektive im we- 
sentlichen nach 2 Fluchtpunkten ausrichtet, wobei 
die beiden Punkte unmittelbar in der Nähe des rech- 
ten Bildrandes liegen (Abb. 1). Die Annahme eines 
für den gesamten Bildraum einheitlichen Flucht- 
punktes war Bosch zu dieser Zeit offensichtlich 
noch fremd". Ebenso läßt sich, wie das Beispiel des 
um 1500 entstandenen Gemäldes Das Narren- 
schiflzo zeigt, keine exakte Abstimmung zwischen 
den Horizonten erkennen (vgl. Abb. 4). Diese Fest- 
stellung unterstreicht die eingangs aufgestellte 
These, daß Vorstellungskraft und Beobachtungs- 
 
in unüberbrückbarem Gegensatz. Bruegel hat 
zrstenmal den großflächigen Lokalfarbenauf- 
nodernisiert. Er hat Wirkungsmöglichkeiten 
nt und gestaltet. die keiner vor ihm gesehen 
enützt hat- die allerdings in Ansätzen schon in 
lalerei Boschs vorhanden sind. In der Farbe 
lels ist jene von Bosch säkularisierte 
losition 
er Behandlung der Bildkomposition müssen 
fferenzieren bzgl. der Komposition der Einzel- 
" und ihrerAnordnung im Bildraum. Breughels 
an und Gegenstände sind freiplastisch in ih- 
tusdruck e das Moment der Durchmodellie- 
haftet ihnen wie ein Attribut an. Boschs Figu- 
irken dagegen eherfiächenhaft; lediglich dort, 
e in Architekturen oder künstliche Gehäuse" 
bunden sind. entsteht zuweilen der Eindruck 
läumlichkeit. 
bei der Gesamtkomposition schlägt Breughel 
hlossen andere Wege ein als Bosch. Boschs 
rzeichnen sich durch einen betont schichtarti- 
ufbau aus. Dies hat zur Folge, daß sich r-Naht- 
nrt zwischen einzelnen Bildzonen ergeben 
an. Symptomatisch erscheint mir in diesem Zu- 
tenhang die Äußerung Jedlickas über die 
schaftsdarstellung bei Bosch; er schreibt": 
_andschaft im Vordergrund geht fast nie über 
schematische Darstellung hinaus; die Land- 
t, die im Hintergrund angefügt wird. ist 
hmal so großartig, -so reich und differenziert 
ie Landschaft im Hintergrund einer späten Mi- 
6 Hieronymus Bosch. -Kampi zwischen Karneval und Fa- 
sten-n Ol auf Holz. 
Anmerkungen 9-23 
' Es handelt sich um einen Gruntdn, der sich am ehesten als Meer- 
grün beschreiben laßt und aulgrund seiner wechselnden elauan- 
teile und Aulhellungen eine bemerkenswert starke Leuchtkraft 
aufweist. 
'" Gemeint ist derVorbau das Hauses in der Mitte des Bildes. der mit 
seinem blau-grunen Ziegaldach voll im Gegensatz zu der natürli- 
chen Farbgebung der ubrigen Architektur steht. 
" beispielsweise in den-l Gemalde Trubel Tag oder dleElsler aufdem 
Gel en. 
" G. fadlicka. Pleter Bruegel. ZÜriCh 193a. 5.3751. 
" im weitesten Sinne. d h. als Gegenstand bzw. als Figur. 
" In den nach streng geometrischen Schemata entworfenen Genau- 
sen. wie sie 1.8. in der Dullen Griet vorkommen. wird das Vorbild 
edschs noch am ehesten spürbar. 
W G. Jedlicka. a S. 114. 
"i Das beste mir nte Beispiel ist das um 1557 entstandene Bild 
Die Versuchung des nl. Antonius (Washington Nationalgalerie). wo 
sich stadtlandsehatt im Hintergrund in analogerWeise an den Mit- 
telgrund anschließt. 
Diese herrscht bei Bosch in Horizonlnäha vor. 
" vgl. die Ausführungen von H. Hollander, Hieronymus Bosch. Welt- 
bilder und Traumwerk. Kbln 1975. S. 96. 
" Ein rnoglicherAnsatz zur geteilten Perspektive aus künstlerischen 
 
w 
gabe in der Raumauffassung Boschs einen vorran- 
gigen Platz einnehmen. So zeigt sich der Verzicht 
auf eine klare perspektivische Ausführung selbst 
noch in den Werken der Reifezeit. wie z.B. in der 
Versuchung des hI. Antonius. 
Ähnlich wie bei Bosch zählt die Durchgestaltu ng des 
Bildraums nach perspektivischen Gesetzmäßigkei- 
ten" auch bei Pierer Breughel d.Ä. nicht zu den do- 
minierenden Zügen der Bildkomposition. Dennoch 
begegnen wir bei ihm einem spürbar fortgeschritte- 
neren Stadium - so z.B. in der Luftperspektive: im 
Gegensatz zu Bosch. wo die Anwendung der Luft- 
perspektive auf die Sphäre des Horizonts be- 
schränkt bleibt, erkennt Breughel diese als Mittel 
der Bildintegrität. indem er sie auf den gesamten 
Bildraum ausdehnt. Auch in der Verwendung der Li- 
nearperspektive erweist sich Breughel als Nachfol- 
ger. Offenbar hat er es bereits am Anfang seiner 
Karriere verstanden. Räume nach formallogischen 
Aspekten darzustellen. Dieser Eindruck entsteht 
zumindest bei der kritischen Betrachtung der um 
1560 datierten Kinderspiele (Abb. 7) ebenso wie bei 
der um 1565 entstandenen Zeichnung Der Frühling 
(Abb. 5). Neben der Annahme eines einheitlichen 
Fluchtpunktes liegt hier jeweils der gesamten Dar- 
stellung nur ein Horizont zugrunde. da sich der Ho- 
rizont der Landschaft mit dem der Bildarchitektur 
deckt. An die Stelle der Vorstellungskraft und Ein- 
fühlung tritt somit das sichere Erfassen perspektivi- 
scher Werte über das Mittel der Konstruktion. 
Gegenüberstellung thematisch analoger Darstel- 
lungen am Beispiel von Karneval und Fasten:
	        
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