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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 159)

Zwei unsignierte und undatierte Entwürfe für ein 
--Versez Tabernaklir im Pfarrarchiv zu Tittmoning 
(Landkreis Traunstein) können mit Hilfe einer Quit- 
tung näher bestimmt werdenß. Am 18. November 
1760 bestätigt ltzlfeldner die Bezahlung eines Ta- 
bernakels auf dem Hochaltar der Pfarrkirche zu 
Tittmoning. Für Bildhauer-. Tischler-, Maler- und 
Stuckarbeit wurden insgesamt 40 fl. 25 kr. ausge- 
legt. Das ausgeführte Werk fiel wohl dem Kirchen- 
brand von1B15zum 0pfer.ln einem Kircheninventar 
von 1789 wird es folgendermaßen beschriebenz": 
--Von HolzgeschniedeneGlorie,versilbertundtheils 
zier vergoldet, einige Engeln. Schein und Wolken 
vorstellend, zum Gebrauch bey Aussetzung des 
Hochwürdigsten." 
Der Riß mit den zwei Alternativhälften ist sicher der 
ältere (Abb. 2). Die Aussetzungsnische ruht auf ei- 
nem Postament. das auf der linken Seite aufsteigend 
volutenförmig geschweift ist, während es rechts 
waagrecht und konkav geschwungen verläuft. Seit- 
lich wird die Nische links von aufgetürmtem Gewölk 
und einer Strahlenglorie. rechts von einem ver- 
schnörkelten Volutenband und einem Baldachin ge- 
rahmt. Zuoberst halten zwei fliegende Putten eine 
Krone. Ein Wolkensockel mit drei Cherubsköpfen 
sollte die auf dem zweiten Riß sogar eingezeichnete 
 
Monstranz tragen. vermutlich die prunkvolle ver- 
goldete Silbermonstranz von dem Tittmoninger 
Goldschmied Wolfgang Lackner aus dem Jahre 
1712". Auf der linken Volute die Gestalt des hl. Jo- 
hannes des Täufers kniend mit dem Kreuzesstab in 
der hoch erhobenen Linken auf dem Schriftband die 
Worte wEcce Agnus Dein. Auf der rechten Volute der 
hl. Johannes der Evangelist stehend, eine Schrift- 
rolle in dergesenkten Linken mitderAufschrift r-Vidi 
Agnum Stantemrr. Sein Symbol, der Adler, steht zu 
Füßen. Die Heiligen sind Gegenstücke: Johannes 
der Täufer kehrt sich c-förmig von der Mittelnische 
ab und blickt über seine rechte Schulter am Körper 
herab, die Rechte segnend erhoben. Johannes der 
Evangelist wendetsich mit zurückgeworfenem Kopf 
adorierend der Mitte zu, die Rechte aufdie Brust ge- 
legt. Muschelkämme, eine Rocaillekartusche, C- 
und S-Schleifen. Weinlaub, Ähren und Akanthus 
zieren das Postament. Die Farbigkeit erhöht noch 
den Reiz des Blattes. Die Figuren. Gehause, Krone. 
Strahlen und Lambrequins sollten vergoldet wer- 
den. Die Rückwand der Nische ist samtrot, Wolken. 
Vorhang und Ornamentik sind grau getönt. also ver- 
silbert zu denken. 
Auf dem zweiten Riß (Abb. 3) ist ersichtlich, daß die 
linke Variante des ersten Blattes übernommen und 
spiegelbildlich auch nach rechts übertragen wurde. 
Dazu paßt auch die Beschreibung im Kircheninven- 
tar von 1789". Das Pcstament ist hier aber niedriger 
und der obere Rand ganz mit Wolken bedeckt. Der 
Wolkensockel, der die Monstranz trägt. ist nur mit 
zwei Cherubsköpfchen verziert, die Rückwand ist 
ganz in eine Strahlengloriole mit Wolken aufgelöst. 
Statt der zwei fliegenden Putten sind hier zwei gro- 
ße, in Wolken sitzende Engel angebracht. die eine 
Krone hochhalten. Eine weitere Zutat sind die zwei 
fliegenden Cherubsköpfe über der Monstranz und 
die beiden Engelbüsten über den Köpfen der beiden 
Johannes. Die Gestik der beiden knienden Heiligen 
wurde auch etwas variiert. Die Rückwand hinter den 
Strahlen ist hellrot laviert. Ansonsten wird durch 
Schraffuren Plastizität erzielt. Die Zeichnungen 
passen sehr gut in das Werk ltzlfeldners ienerJahre. 
Fliegende Putten. die eine Krone halten, finden wir 
schon früher in den Aufsätzen zweier Altäre in Arns- 
dorf aus den Jahren 1752 bzw. 1759". Ein Wolken- 
postament mit Cherubsköpfen hat auch die Marien- 
säule in Tittmoning M758)". Für die Form des Ge- 
häuses ließ sich ltzlfeldner wohl von lgnaz Günther 
anregen. Dessen Entwürfe für Expositoria mit aus- 
gesetzter Monstranz, die G. Woeckel um 1750 da- 
tiert. können damit verglichen werden". 
Nun zu den Rissen im TraunsteinerHeimathaus! Aus 
einer do. Aktennotiz vom 3. 3.1932 geht hervor, daß 
fünf Urkunden, fünf Originalzeichnungen von ltzl- 
feldner und elf Modelle zum Gesamtpreis von 
180 RM als Ersatz für rückständige Miete von dem 
Kunsthändler Max Heiß übernommen wurden". 
Der 1761 datierte Entwurf für ein Tabernakel in Fri- 
dolfing (Landkreis Traunstein) (Abb. 4) wurde be- 
reits1935 von L. Pretzell publiziertza. Ihm warjedoch 
nicht bekannt, daß sich das ausgeführte Werk auf 
dem Hochaltar ltzlfeldners aus dem Jahre 1747 in 
Asten (Landkreis Traunstein) erhalten hat", wohin 
es nach dem Abbruch der alten Fridolfinger Kirche 
(1892l93) gelangtezs. Das Tabernakel in Asten 
(Abb. 8) stimmt in Grund- und Aufriß weitgehend mit 
dem Riß überein. Hierwie dort springt die Mitte kon- 
vex vor, die Zwischenflügel verlaufen konkav, die 
Volutensockel sind etwas vorgezogen. Anstelle der 
nackten Putti knien in Asten große, teilweise beklei- 
dete Engel auf den seitlichen Voluten. ln der niedri- 
geren Aussetzungsnische fehlen das im Riß ge- 
zeichnete Relief mit der Stadtansicht und die obere 
Muschel. Die Säule neben der Nische wurde durch 
einen verschnörkelten Rocaillepilaster mit Engels- 
Köpfchen in Kapitellhöhe ersetzt. Weiters ist die 
Ornamentik auf dem Gehäuse anders gruppiert". 
6 J.G. ltzlfeldner. Entwurf mit zwei Alternaiivhalften fur 
den Rahmen eines nicht eingezeichneten Bildes der 
r-Maria vom guten Rat". Feder in Braun. grau und gelb 
laviert auf weißem Papier, 2901205 mm, Einfassungsli- 
nie auf vier Seiten. ln der rechten unteren Ecke -+Ao. 
1771ir. Traunstein. Stiftung Heimathaus Traunstein. 
7 J.G. ltzlfeldner, Entwurf fürdie linke Hälfte eines Taber- 
nakels, Feder in Braun. grau laviert auf weißem Papier 
mii Quadrierungsnetz, das untere Drittel des Blattes ab- 
gebrochen, 200195 mm. Traunstein, Stiftung Heimat- 
haus Traunstein. 
Anmerkungen 11-14 (siehe Text S. 23) 
" Der Entwurf lsf zur Zelt im Archiv nicht auffindbar und durfte falsch 
eingeordnet worden selrl. 
" Die Denkmals des polit. Bezirkes Salzburg. OKT, Bd X, Wien 1913. 
S. 386. Nr. 3. Fig. 371. - R. Preiß. 3.8.0.. S. 324. Kat-Nr. 9 a und b. 
'" Vermutlich nahm sich ltzlfeldnerden Hochaltar Müuggenbichlers 
in Oberhofen (Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruek. 0D.) aus 
dem Jahre l712 zum Vorbild. Oberhofen war bls17B5 bei Salzburg 
und Filiale der Flarre Straßwalcrien. in Oberhofen ist die Regen- 
wolke auch in Kapiiellhofle befestigt. Der i'll. Paul ltzlfeldners weist 
mildern Zeigefinger der halb erhobenen Rechten zur WDlke hinauf 
wie Giiggsntrrcrilsrs hl. Johann milder Linken zur Sonrlanscheibe. 
Die weitsrrisiligsn srssrisinsn hier WlB dort als rdrnrscns Krieger. 
wsiters lrndan wir in otiarndlsn siisrr das Motiv der verscnlunge 
nan vaiiiisntiarrdar als saitlisnd Begrenzung des Aliaros. rsddcri 
mehr verschrlörkelt und reicher verziert als auf dem Riß. Vgl 
n Decker. Melnrad Guggenblchler. Wien 1949, Abb los und 104. 
" vielleicht lassen sich die Unterschiede damit erklaren. daß der 
Entwurf nicht dem gestrengen Salzburger Konsistorium ziir Be- 
gutachtung vorgelegt werden rriiißis DerAuftraggeber warder Atit 
Martin ll Dorner (1731-1755) von Michaelbeuem. dem die Arns- 
dorfer Kirche damals unterstand. Der Riß ist um 1755 zu datieren. 
Bei dem 1771 datierten Altarriß ohne Ortsangabe im 
TraunsteinerHeimathaus(Abb. 5) könnteessich um 
eine Vorstudie für den Hochaltar in Zederhaus (Lun- 
gau) handeln, der am 10.1.1772 von dem Salzbur- 
ger Konsistorium bewilligt wurde (Abh.9)". Der 
Auftraggeber war der Sohn des Bildhauers. der Vi- 
kar Franz Caspar ltzlfeldner, der während der Aus- 
führung des Werkes am 5. 5.1774 verstarb. Auf dem 
Zederhauser Altarn kommen nämlich die hier ein- 
gezeichneten Figuren der Heiligen Petrus und Le- 
onhard vor. Nur ist die Zahl der Säulen und der 
Standfiguren gegenüber dem Entwurf verdoppelt 
worden. Der plumpe Altaraufsatz weicht gänzlich 
vom Riß und den übrigen Altären ltzlfeldners ab. Auf 
dem Riß wird das Bild seitlich von einer korinthi- 
schen Säule auf übereck gestelltem zweifachem 
Postament gerahmt. In gleicher Höhe auf einem 
ähnlichen Sockel mit vorgelegter Volute die Stand- 
figur des hl. Petrus in wallender Tunika, den Kopf 
verehrend zum Altar zurückgewendet. in der erho- 
benen Rechten den Stamm des abwärts gerichteten 
Kreuzes haltend. Vom Handgelenk der vorgestreck- 
ten Linken hängen zwei Schlüssel herab. Hinter der 
Säule endet die Pilasterrücklage in einer Putten- 
herme. Das über dem Gemälde hochgezogene ver- 
kröpfte Gebälk ist in der Mitte mit einer Kartusche 
 
7 
verziert. Im Aufsatz ein Volutengiebel mit Bild. des- 
sen Thema nicht eingezeichnet ist. Es ist nur blau 
getönt wie das untere. Auf der unteren Volute lagert 
die Gestalt des hl. Leonhard, erkenntlich an der her- 
abhängenden Viehkette. Der Heilige in weiter Kutte 
wendet sich mit dem Oberkörper schräg der Mitte 
zu, die Händezum Gebet gefaltet. Auf dem obersten 
Segmentgiebel ein kniender nackter Putto. Ge- 
flammte Rocaillen und zierliche Blumen schmücken 
die Pilaster, Gebälke und den Rahmen des unteren 
Bildes. Das Hauptgesimse ist durch Muschelwerk 
und C-Schleifen dekorativ umgestaltet. Neben der 
unteren Aufsatzvolute steht eine Ziervase. In diesem 
Entwurf sind alle Elemente von ltzlfeldners Altar- 
baukunsf der sechziger und siebziger Jahre enthal- 
ten". Deren nicht mehr erhaltene Risse haben wir 
uns ähnlich vorzustellen. 
Der 1771 datierte. unsignierte Entwurf für den Rah- 
men eines nicht gezeichneten Bildes (Abb. 6) ist 
durch den oben genannten Aktenvermerk von 1933 
für ltzlfeldner gesichert und paßt auch stilistisch gut 
zu den bereits besprochenen Blättern. Der annä- 
hernd quadratische Rahmen steht auf einem Post- 
ament. das von geschweiften Voluten eingefaßt
	        
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