Zwei unsignierte und undatierte Entwürfe für ein
--Versez Tabernaklir im Pfarrarchiv zu Tittmoning
(Landkreis Traunstein) können mit Hilfe einer Quit-
tung näher bestimmt werdenß. Am 18. November
1760 bestätigt ltzlfeldner die Bezahlung eines Ta-
bernakels auf dem Hochaltar der Pfarrkirche zu
Tittmoning. Für Bildhauer-. Tischler-, Maler- und
Stuckarbeit wurden insgesamt 40 fl. 25 kr. ausge-
legt. Das ausgeführte Werk fiel wohl dem Kirchen-
brand von1B15zum 0pfer.ln einem Kircheninventar
von 1789 wird es folgendermaßen beschriebenz":
--Von HolzgeschniedeneGlorie,versilbertundtheils
zier vergoldet, einige Engeln. Schein und Wolken
vorstellend, zum Gebrauch bey Aussetzung des
Hochwürdigsten."
Der Riß mit den zwei Alternativhälften ist sicher der
ältere (Abb. 2). Die Aussetzungsnische ruht auf ei-
nem Postament. das auf der linken Seite aufsteigend
volutenförmig geschweift ist, während es rechts
waagrecht und konkav geschwungen verläuft. Seit-
lich wird die Nische links von aufgetürmtem Gewölk
und einer Strahlenglorie. rechts von einem ver-
schnörkelten Volutenband und einem Baldachin ge-
rahmt. Zuoberst halten zwei fliegende Putten eine
Krone. Ein Wolkensockel mit drei Cherubsköpfen
sollte die auf dem zweiten Riß sogar eingezeichnete
Monstranz tragen. vermutlich die prunkvolle ver-
goldete Silbermonstranz von dem Tittmoninger
Goldschmied Wolfgang Lackner aus dem Jahre
1712". Auf der linken Volute die Gestalt des hl. Jo-
hannes des Täufers kniend mit dem Kreuzesstab in
der hoch erhobenen Linken auf dem Schriftband die
Worte wEcce Agnus Dein. Auf der rechten Volute der
hl. Johannes der Evangelist stehend, eine Schrift-
rolle in dergesenkten Linken mitderAufschrift r-Vidi
Agnum Stantemrr. Sein Symbol, der Adler, steht zu
Füßen. Die Heiligen sind Gegenstücke: Johannes
der Täufer kehrt sich c-förmig von der Mittelnische
ab und blickt über seine rechte Schulter am Körper
herab, die Rechte segnend erhoben. Johannes der
Evangelist wendetsich mit zurückgeworfenem Kopf
adorierend der Mitte zu, die Rechte aufdie Brust ge-
legt. Muschelkämme, eine Rocaillekartusche, C-
und S-Schleifen. Weinlaub, Ähren und Akanthus
zieren das Postament. Die Farbigkeit erhöht noch
den Reiz des Blattes. Die Figuren. Gehause, Krone.
Strahlen und Lambrequins sollten vergoldet wer-
den. Die Rückwand der Nische ist samtrot, Wolken.
Vorhang und Ornamentik sind grau getönt. also ver-
silbert zu denken.
Auf dem zweiten Riß (Abb. 3) ist ersichtlich, daß die
linke Variante des ersten Blattes übernommen und
spiegelbildlich auch nach rechts übertragen wurde.
Dazu paßt auch die Beschreibung im Kircheninven-
tar von 1789". Das Pcstament ist hier aber niedriger
und der obere Rand ganz mit Wolken bedeckt. Der
Wolkensockel, der die Monstranz trägt. ist nur mit
zwei Cherubsköpfchen verziert, die Rückwand ist
ganz in eine Strahlengloriole mit Wolken aufgelöst.
Statt der zwei fliegenden Putten sind hier zwei gro-
ße, in Wolken sitzende Engel angebracht. die eine
Krone hochhalten. Eine weitere Zutat sind die zwei
fliegenden Cherubsköpfe über der Monstranz und
die beiden Engelbüsten über den Köpfen der beiden
Johannes. Die Gestik der beiden knienden Heiligen
wurde auch etwas variiert. Die Rückwand hinter den
Strahlen ist hellrot laviert. Ansonsten wird durch
Schraffuren Plastizität erzielt. Die Zeichnungen
passen sehr gut in das Werk ltzlfeldners ienerJahre.
Fliegende Putten. die eine Krone halten, finden wir
schon früher in den Aufsätzen zweier Altäre in Arns-
dorf aus den Jahren 1752 bzw. 1759". Ein Wolken-
postament mit Cherubsköpfen hat auch die Marien-
säule in Tittmoning M758)". Für die Form des Ge-
häuses ließ sich ltzlfeldner wohl von lgnaz Günther
anregen. Dessen Entwürfe für Expositoria mit aus-
gesetzter Monstranz, die G. Woeckel um 1750 da-
tiert. können damit verglichen werden".
Nun zu den Rissen im TraunsteinerHeimathaus! Aus
einer do. Aktennotiz vom 3. 3.1932 geht hervor, daß
fünf Urkunden, fünf Originalzeichnungen von ltzl-
feldner und elf Modelle zum Gesamtpreis von
180 RM als Ersatz für rückständige Miete von dem
Kunsthändler Max Heiß übernommen wurden".
Der 1761 datierte Entwurf für ein Tabernakel in Fri-
dolfing (Landkreis Traunstein) (Abb. 4) wurde be-
reits1935 von L. Pretzell publiziertza. Ihm warjedoch
nicht bekannt, daß sich das ausgeführte Werk auf
dem Hochaltar ltzlfeldners aus dem Jahre 1747 in
Asten (Landkreis Traunstein) erhalten hat", wohin
es nach dem Abbruch der alten Fridolfinger Kirche
(1892l93) gelangtezs. Das Tabernakel in Asten
(Abb. 8) stimmt in Grund- und Aufriß weitgehend mit
dem Riß überein. Hierwie dort springt die Mitte kon-
vex vor, die Zwischenflügel verlaufen konkav, die
Volutensockel sind etwas vorgezogen. Anstelle der
nackten Putti knien in Asten große, teilweise beklei-
dete Engel auf den seitlichen Voluten. ln der niedri-
geren Aussetzungsnische fehlen das im Riß ge-
zeichnete Relief mit der Stadtansicht und die obere
Muschel. Die Säule neben der Nische wurde durch
einen verschnörkelten Rocaillepilaster mit Engels-
Köpfchen in Kapitellhöhe ersetzt. Weiters ist die
Ornamentik auf dem Gehäuse anders gruppiert".
6 J.G. ltzlfeldner. Entwurf mit zwei Alternaiivhalften fur
den Rahmen eines nicht eingezeichneten Bildes der
r-Maria vom guten Rat". Feder in Braun. grau und gelb
laviert auf weißem Papier, 2901205 mm, Einfassungsli-
nie auf vier Seiten. ln der rechten unteren Ecke -+Ao.
1771ir. Traunstein. Stiftung Heimathaus Traunstein.
7 J.G. ltzlfeldner, Entwurf fürdie linke Hälfte eines Taber-
nakels, Feder in Braun. grau laviert auf weißem Papier
mii Quadrierungsnetz, das untere Drittel des Blattes ab-
gebrochen, 200195 mm. Traunstein, Stiftung Heimat-
haus Traunstein.
Anmerkungen 11-14 (siehe Text S. 23)
" Der Entwurf lsf zur Zelt im Archiv nicht auffindbar und durfte falsch
eingeordnet worden selrl.
" Die Denkmals des polit. Bezirkes Salzburg. OKT, Bd X, Wien 1913.
S. 386. Nr. 3. Fig. 371. - R. Preiß. 3.8.0.. S. 324. Kat-Nr. 9 a und b.
'" Vermutlich nahm sich ltzlfeldnerden Hochaltar Müuggenbichlers
in Oberhofen (Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruek. 0D.) aus
dem Jahre l712 zum Vorbild. Oberhofen war bls17B5 bei Salzburg
und Filiale der Flarre Straßwalcrien. in Oberhofen ist die Regen-
wolke auch in Kapiiellhofle befestigt. Der i'll. Paul ltzlfeldners weist
mildern Zeigefinger der halb erhobenen Rechten zur WDlke hinauf
wie Giiggsntrrcrilsrs hl. Johann milder Linken zur Sonrlanscheibe.
Die weitsrrisiligsn srssrisinsn hier WlB dort als rdrnrscns Krieger.
wsiters lrndan wir in otiarndlsn siisrr das Motiv der verscnlunge
nan vaiiiisntiarrdar als saitlisnd Begrenzung des Aliaros. rsddcri
mehr verschrlörkelt und reicher verziert als auf dem Riß. Vgl
n Decker. Melnrad Guggenblchler. Wien 1949, Abb los und 104.
" vielleicht lassen sich die Unterschiede damit erklaren. daß der
Entwurf nicht dem gestrengen Salzburger Konsistorium ziir Be-
gutachtung vorgelegt werden rriiißis DerAuftraggeber warder Atit
Martin ll Dorner (1731-1755) von Michaelbeuem. dem die Arns-
dorfer Kirche damals unterstand. Der Riß ist um 1755 zu datieren.
Bei dem 1771 datierten Altarriß ohne Ortsangabe im
TraunsteinerHeimathaus(Abb. 5) könnteessich um
eine Vorstudie für den Hochaltar in Zederhaus (Lun-
gau) handeln, der am 10.1.1772 von dem Salzbur-
ger Konsistorium bewilligt wurde (Abh.9)". Der
Auftraggeber war der Sohn des Bildhauers. der Vi-
kar Franz Caspar ltzlfeldner, der während der Aus-
führung des Werkes am 5. 5.1774 verstarb. Auf dem
Zederhauser Altarn kommen nämlich die hier ein-
gezeichneten Figuren der Heiligen Petrus und Le-
onhard vor. Nur ist die Zahl der Säulen und der
Standfiguren gegenüber dem Entwurf verdoppelt
worden. Der plumpe Altaraufsatz weicht gänzlich
vom Riß und den übrigen Altären ltzlfeldners ab. Auf
dem Riß wird das Bild seitlich von einer korinthi-
schen Säule auf übereck gestelltem zweifachem
Postament gerahmt. In gleicher Höhe auf einem
ähnlichen Sockel mit vorgelegter Volute die Stand-
figur des hl. Petrus in wallender Tunika, den Kopf
verehrend zum Altar zurückgewendet. in der erho-
benen Rechten den Stamm des abwärts gerichteten
Kreuzes haltend. Vom Handgelenk der vorgestreck-
ten Linken hängen zwei Schlüssel herab. Hinter der
Säule endet die Pilasterrücklage in einer Putten-
herme. Das über dem Gemälde hochgezogene ver-
kröpfte Gebälk ist in der Mitte mit einer Kartusche
7
verziert. Im Aufsatz ein Volutengiebel mit Bild. des-
sen Thema nicht eingezeichnet ist. Es ist nur blau
getönt wie das untere. Auf der unteren Volute lagert
die Gestalt des hl. Leonhard, erkenntlich an der her-
abhängenden Viehkette. Der Heilige in weiter Kutte
wendet sich mit dem Oberkörper schräg der Mitte
zu, die Händezum Gebet gefaltet. Auf dem obersten
Segmentgiebel ein kniender nackter Putto. Ge-
flammte Rocaillen und zierliche Blumen schmücken
die Pilaster, Gebälke und den Rahmen des unteren
Bildes. Das Hauptgesimse ist durch Muschelwerk
und C-Schleifen dekorativ umgestaltet. Neben der
unteren Aufsatzvolute steht eine Ziervase. In diesem
Entwurf sind alle Elemente von ltzlfeldners Altar-
baukunsf der sechziger und siebziger Jahre enthal-
ten". Deren nicht mehr erhaltene Risse haben wir
uns ähnlich vorzustellen.
Der 1771 datierte. unsignierte Entwurf für den Rah-
men eines nicht gezeichneten Bildes (Abb. 6) ist
durch den oben genannten Aktenvermerk von 1933
für ltzlfeldner gesichert und paßt auch stilistisch gut
zu den bereits besprochenen Blättern. Der annä-
hernd quadratische Rahmen steht auf einem Post-
ament. das von geschweiften Voluten eingefaßt