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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 162)

 
Wenn man auf Messen alter Kunst kritisch die be 
zahlten Preise und die Bedeutung der Objekte ge- 
geneinander abwiegt, wird man sich krasser Wi- 
dersprüche bewußt. Das Häufige. Allgemeinplätzi- 
ge, Banale erzielt oft unangemessen hohe Erlöse, 
während das Einmalige, Geniale oftmals billig, 
stets aber preiswert bleibt. 
Das Gesetz von Angebot und Nachfrage führt zu 
wahren Bocksprüngen, die durch ein breites Un- 
verständnis auf der Nachfrageseite hervorgerufen 
werden. Keinesfalls jedoch entspricht das Preis- 
gefüge dem kunst- und kulturhistorischen Rang. 
Der Kunstgeschmack einer Gesellschaft wird 
sichtbar. 
Beginnen wir eine stichprobenartige Betrachtung 
mit dem Gebiet der niederländischen Malerei des 
17. und 18. Jahrhunderts. Die Werke dieser Maler 
sind international besonders beliebt und werden 
- trotz großer Häufigkeit - immer teurer. Den er- 
sten Anreiz für einen nicht souveränen Käufer bil- 
det hier die meist vorhandene Signatur. Fehlt sie, 
dann steht als Ersatz die Expertise, der "Koscher- 
zetteltt, zur Verfügung. 
Thematisch fügen sich die Niederländer leicht ein 
in das Milieu geistigen Kleinbürgertums. Es wird 
meist eine heile Welt dargestellt. Ein Beispiel: Kü- 
he weiden in ruhiger Landschaft, vorne promeniert 
ein wohlgekämmtes Paar. - Selbstverständlich 
hat diese Kunst große Höhepunkte, die zu den 
Spitzenwerken der europäischen Malerei gehören. 
Der Markt ist jedoch voll von teuren Banalitäten. 
Sollte hingegen ein bedeutenderes Werk auftau- 
chen, kann sein Preis vergleichsweise durchaus 
günstig sein. 
Im österreichischen Barock haben wir - wie in 
Italien - nur wenige signierende Meister. Sie wa- 
ren keineswegs die besten. Die Großmaler, die 
Fresken und Altarblätter schufen, haben ihre 
Kleinformate und Skizzen nicht signiert. Als "Si- 
gnatur-r zählt bei ihnen die eigenhändige Qualität 
des Pinselstriches, die eigentümliche Farbenska- 
la und Komposition. 
Regelmäßig signierten dafür Kleinmeister, wie der 
beim österreichischen Sammler so beliebte Franz 
Christoph Janneck (1703-1761). Seine hochbe- 
zahlten höfischen Salonbildchen sind schwach in 
der Komposition, geziert in den Bewegungen, viel- 
leicht begehrt man sie wegen der üppigen Seiden- 
gewänder. Wichtig ist dem Käufer sicherlich die 
nHigh living sceneu, das leicht unterzubringende 
Format, die Signatur. Preistreibend wirkt auch sei- 
1 
ne Häufigkeit. So entstand ein österreichischer 
Hit, eine Bewertung gegen die Kunstgeschichte. 
Vergleichsweise von besserer künstlerischer Qua- 
lität, aber ebenfalls nicht weit über den Rang ei- 
nes guten Porzellanmalers hinausragend, ist Jo- 
hann Georg Platzer (1704- 1761). Für diesen wer- 
den mit Recht wesentlich höhere Preise als für 
Janneck bezahlt. 
Ein besonderes Licht auf die Diskrepanz von Preis 
und Bedeutung wirft ein Blick auf die Altwiener 
Blumenmalerei. 
In Wien wirkten die Maler Joh. Baptist Drechsler 
(1756-1811), Sebastian Wegmayr (1776-1857), 
Joseph Nigg (1782-1863) und Franz Xaver Petter 
(1791-1866). Sie waren an der Wiener Porzellan- 
manulaktur und an der Wiener Akademie als Blu- 
menmaler tätig. Sie schufen Tausende Blumen- 
stücke. ihre geschmackvollen Arrangements leh- 
nen sich kopierend an Arbeiten der Niederländer 
Jan Davidz de Heem (1606-1684) und Jan van 
Huysum an. Die Vorbilder ihrer Kopien finden sich 
in den Sammlungen des Kaiserhauses und in 
fürstlichen Sammlungen in Wien. 
Diese Blumensträuße entsprechen in hohem Ma- 
ße dem Dekorationsbedürfnis. Sie sind fein ge 
malt, und sie fügen sich thematisch in den vorneh- 
men Rahmen. (Entsprechend dem Gesetz: "Kunst 
darf nicht störenl-i) Und sie sind signiert. Da diese 
Altwiener Blumenstücke regelmäßig auf dem 
Markt auftauchen, haben sie sich nach dem Ge 
setz iihäufig macht teueru zu recht beträchtlichen 
Preisen hinaufgeschraubt. (Der Berichterstatter 
stellte sie zwischen 300.000 und 700.000 Schilling 
fest.) - Dies unbeschadet, daß es Repliken sind, 
keine lnventionen, wenn auch sehr liebenswürdig, 
so doch ohne dementsprechenden künstlerischen 
Rang. 
Wir müssen uns auf Schlaglichter beschränken. 
Zu betonen ist, daß die Malerei des 19. Jahrhun- 
derts einen neuerlichen Preisauftrieb erfahren hat 
- doch in recht unterschiedlicher Höhe. 
Beispielsweise wird die so erlebnisstarke reine 
Landschaft weitgehend unterbewertet. Auf der 
vorjährigen Salzburger Messe blieb eine strenge 
griechische Landschaft des bedeutenden Carl 
Rottmann, erfüllt von Monumentalität und Ewig- 
keltsgefühl, trotz eines sehr mäßigen Preises un- 
verkauit. Dasselbe Schicksal erlitt eine spätere 
italienische Landschaft des Salzburgers Hubert 
Sattler, die noch wesentlich billiger angeboten 
war. Dagegen werden die gefälligen, aber unbe
	        
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