hen Leiber den Rücken kehrt, seinen Beifall
t versagen, die scheinbare TheiinahmsiosIg-
der pflichtvergessenen Hygieia für eine De
istration ihres guten Geschmacks halten und
an die Deutung des Herrn Servaes erinnern,
der Gesundheitsbringerin das zweifelhafte
ipliment der ,Unnahbarkeit' gemacht hat. Er
die Originalität des modernen Symbolikers
undern, der zwar über die Auffassung des To
als eines Gerippes nicht hinausgekommen ist,
ii' aber die althergebrachte Schlange der Hy-
a als den ornamentalen Wurmfortsatz ihrer se
zionistischen Toilette verwendet hat. Und
n er endlich in dem Gedränge der Leiber, das
hinter der üppigen Jourdame abspielt, so et-
wie einen Sinn aufspüren will, der einen Zu-
menhang zwischen dem Gemalten und dem
i ,Medicin' erkennen ließe, so wird ihm viel-
it die Ahnung dämmern, daß Herr Kllmt, der
esehen haben mochte, daß wir in Wlen dringli-
"e Anschaffungen als ein Deckengemälde
ichen, in einer satirischen Anwandlung seinen
steriellen Auftraggebern ein Bild geliefert hat,
dem die chaotische Verwirrung bresthafter
er die Zustande im Allgemeinen Krankenhaus
bolisch darstelltßf."
iiß dürfen wir dabei nicht außer acht lassen,
Karl Kraus in dieser vernichtenden Stellung-
ne zu Klimts Universitatsgemälden auch
1h seinen Widerwillen geen Bahr, Hevesi, Sal-
und andere, die in ihren Kunstkritiken als
Begründung, daß in diesem Vorhaben "kein archi-
tektonisches interessei- zu erkennen wäre,
abgelehnt").
Berta Zuckerkandi, eine Freundin Alma Mahiers,
die 1898 ihr Bedauern darüber ausdrückt, daß
Wien wohl an Prachtbauten ständig zu- aber an in-
timer Schönheit immer mehr abnehme, gibt dafür
nicht allein der mangelnden Geschmacksinitiative
von Seite des Publikums Schuld, sondern meint:
"Der Decorateur und der Tapezierer sind bei uns
meist Feinde einer künstlerischen Empfindungiu
Der entscheidende Schritt zur Wiedergeburt des
Wiener Kunsthandwerks vollzieht sich im Mai
1903, als Josef Hoffmann, Kolo Moser und derjun-
ge kunstbegeisterte Bankier Fritz Waerndorfer die
"Wiener Werkstätte, Produktiv-Gemeinschaft von
Kunsthandwerkern in Wienu gründen. ihr Pro-
gramm besteht darin, daß sie die künstlerische
Aufgabe des Bürgertums erfüllt, den Kontakt zwi-
schen Produzenten und Konsumenten herstellt
und Hausgerät erzeugt, das zweckmäßig und in
guten Proportionen materialgerecht gestaltet
ist".
Die enge Zusammenarbeit zwischen Künstler und
Handwerker, die bereits der Kreis um William Mor-
ris (1834- 1896) angeregt hatte, fand nun in Wien
ihre Verwirklichung. "Hier war die Keimzelle für
die Durchdringung der menschlichen Umgebung
mit Kunst, und die Künstler nahmen sich auch der
kleinsten Dinge an, gleichberechtigt mit dem aus-
führenden Arbeiter, der ebenfalls jedes Stück
signierteß."
Hugo von Hotmannsthal erinnerte in seiner An-
sprache über "die Bedeutung unseres Kunstge-
werbes für den Wiederaufbau" 1919 vor den Mit-
gliedern des "Österreichischen Werkbundesu an
eine Ausstellung, die er noch vor dem ersten Weit-
krieg in einem großen Stockholmer Warenhaus
gesehen hatte und bei der Produkte der "Wiener
Werkstätten gezeigt worden sind. Er stellte dazu
fest, daß diese im Gedächtnis der Menschen aus
den verschiedensten sozialen Schichten lebendig
geblieben und nin einer merkwürdigen Weise als
Ausstrahlung eines ganz bestimmten Kulturmedi-
ums, eben des österreichischen, empfunden, ge
wertet und zu unseren Gunsten registriert wor-
dem sind".
Durch die Tätigkeit der nWiener Werkstätte" ist
das Kunstemptinden des letzten großen europä-
ischen Stiles am Ende doch in das praktische Le
ben eines Bürgertums integriert werden, das mit
dieser Stilepoche identifiziert werden kann, ob-
wohl es sich selbst dieser Tatsache kaum bewußt
geworden ist.
Wenn sich auch die Gegensätze: Historismus-
Secession in unserem historischen und soziologi-
schen Bewußtsein zu einer einheitlichen Problem
lage zusammenfassen lassen, so können wir kon-
statieren, daß die im Abstand sichtbar werdende
Einheit durch die dialektischen Vorgänge in ihrer
Zeit als positive Substanz aufgespalten worden
ist, und zwar in der Richtung auf eine Entwicklung
tführer der "Secessionu und Streiter für Klimt
'scheinung traten, bestimmt worden ist. Seine
k an Klimts Gemälde nMedicinu selbst ent-
zht aber durchaus seiner eigenen Einstellung
(unst, in der er sich mit Adolf Loos und seiner
tmentfeindlichen Architektur In einer Linie
l.
s gehörte nur noch am Rande zu dem Kreis der
ener Secessionßit, wenn er auch 1898 ir1 ihrer
schrift uVEf sacrumt. seine erste Streitschrift
5 Potemkin'sche Stadt39tt veröffentlichte, in
er dafür eintrat, daß die neue Form der Bau-
st auf den neuen Gegebenheiten des Lebens
ihen müsse.
ärunde stellt dieses Postulat auch eine soziale
lerung dar, die in Wien zunächst im Bereich
Handwerks und des Kunstgewerbes auf Reso-
z gestoßen ist. 1899 erließ das ttk.k. Österrei-
.che Museum für Kunst und Industrien ein vom
titeltaxfonds finanziertes Preisausschreiben
ein Arbeiterwohn- und -schlafzimmer. Damit
sich zum erstenmal die herrschende Ober-
cht um das Wohnen der Unterklasse nicht in
nomischer oder hygienischer, sondern in Hin-
it auf die formale Gestaltung gekümmert und
ir künstlerische Kräfte aufgerufen, die bisher
ihr selbst dienten. Als dem Berliner Architek-
ierein 1841 eln Wettbewerb für Arbeiterhäuser
ieschlagen worden war, hatte dieser unter der
22 Kassette für den Kaiser von Osterreich, 1905106. Sil-
ber, vergoldet. getrieben, Elfenbein, 53x 37,5x 28cm.
Entwurf 0.0. Czeschka, Ausführung Wiener Werk-
statte
23 Brosche und großer Anhänger, 1905. Gold mit Opalen,
Entwurf 0.0. Czeschka. Auslührung WW,
24 Satz von Vasen und Dosen, 1915. Glas hellblau. Ent-
wurf Josef HoffmannlWW, Ausführung Johann Lötz'
Witwe, Klostermühle, und Johann Oertel B. Co. in
Haida
25 Bucheinband, um 1905. Schwarzes Maroquinleder.
Entwurf Kolo Moser, Ausführung Carl Beitel und
Ludwig WillnerIWW (links)
Bucheinband, um 1905. Rotes Maroquinleder (sonst
wie oben) - (rechts) 26
der Kunst, die mehr sein will, als lediglich Kulisse
für eine Gesellschaftsschicht, die zu Ansehen und
Macht gelangte ohne eine dafür entsprechende
geistig-intellektuelle Präparation.
Die Dekorationskunst als Spiegel einer Gesell-
schaftsmaske ändert sich mit dern Fallen dieser
Maske im Zusammenbruch der Monarchie zu ei-
nem noch unbestimmte Züge tragenden Antlitz
einer neuen Zeit, wie sie die Architektur eines
Loos oder die Wiener Werkstätte zeigt; Egon
Schieles (1890-1918) Nacktheit, Oskar Kbkosch-
kas (geb. 1886) sezierende Bloßiegung auf Fleisch
und Nerven in seinen frühen Werken sowie Anton
Hanaks (1875-1934) sozial empfundene Plastik
geben dann den Weg zu einer neuen Entwicklung
frei.
26 Zweites Programmheft des Theaters und Kabarets
"Fledermaus", 1907, Moriz Jung, Tänzerin, Schwarz-
weiß-Lithographie, sig. ))M.J.t(
D Anschrift des Autors:
w. Hofrat Prof. Dr. Walter Zettl
Österreichisches Kulturinstitut in Ftorn
113, Viale Bruno Buozzi
l-O0197 Roma
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