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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 163)

I Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich 
Wien 
Museum des 20. Jahrhunderts 
Arbeiten auf Papier - New Yorker 
Avantgarde 
Hier sollte über die neuen bildkünstlerischen Vorstellun- 
gen, die seit Beginn der siebziger Jahre im Umkreis der 
Einrichtungen und Programme des Institute for Art and 
Urban Resources entwickelt werden sind, Auskunft gege- 
ben werden. Diese Auskunft war allerdings etwas dürf- 
tig und durchaus auch nicht neu. Gezeigt wurden Objek- 
te von 27 Künstlern. Es handelte sich fast ausschließ- 
lich um nonfigurative Arbeiten. Auch ein gewisser Zug 
zum Monochromen, Einfachen, oft Spartanischen fiel 
auf. Das galt auch noch von den Blättern, bei denen die 
verschiedenen Materialien coilageartig verwendet wur- 
den. (10. 1.- 11. 2. 1979) - (Abb. 1) 
Alberto Glacometti 
Diese Ausstellung war eine der größten, die bis jetzt 
über diesen Künstler gezeigt wurden. Sie kam durch die 
gute Zusammenarbeit mit der Fondation Maeght und 
dem Bündner Landesmuseum in Chur zustande und ist 
in dem Verband der vom Kulturamt der Stadt Wien ver- 
anstalteten Reihe von Vorstellungen der i-Klassiker der 
Moderne: zu sehen. Für Wien, das sich besonders mit 
einer stattlichen Anzahl von Bildhauern im internationa- 
len Kunstieben nach 1945 profilierte, ist diese Schau, 
an deren Zustandekommen besonders Dr. Otto Breicha 
beteiligt war, daher eine außerordentlich wichtige Doku- 
mentation. Zu sehen waren 75 Plastiken, ca. 130 Bilder 
und Zeichnungen sowie eine Auswahl aus dem druck- 
graphischen Werk. 
in der sich gerade für eine solche Schau besonders eig- 
nenden lichten Halle des Museums im Schweizergarten 
konnte man sehr schön die verschiedenen Entwick- 
lungsstufen Glacomettls sehen. Von Naturstudien führt 
sein Weg über wichtige Aussagen im Surreaiistischen 
zu jenen letzten figuralen Werken, in denen er in immer 
neuen Ansätzen um sein Menschenbild ringt. Sowohl 
die Problematik des Raumes und seine Erfahrung als 
auch die Erfassung des menschlich existentiellen Da- 
Seins wird uns bewußt. Besonders letzteres in den im- 
mer neuen Anläufen, ein Modell, also einen Menschen, 
festzuhalten. nAlles fließt" wird uns wieder bewußt und 
damit auch, daß jeder Mensch in jedem Augenblick ein 
anderer ist. Giacometti kämpfte immer wieder um die 
Sichtbarmachung dieses Seins, das in das Fließen ge 
stellt Ist. Sehr wichtig waren in dieser Ausstellung auch 
die Bilder und die Graphiken. Die leicht hingestrlcheiten 
Porträts seiner Mutter, ganz dünne, zarte Blelstiftspu- 
ren, die sich auf einem großen Blatt Papier treffen! Zeu- 
gen eines Hiergewesenseins. Oder George Braques auf 
dem Totenbett! So viel mit so wenig! 
Ein 130 Seiten starker Katalog mit einer Einleitung von 
Otto Breicha, mit wichtigen, bekennenden Texten des 
Künstlers und einem Essay von Jacques Dupin sowie 
vielen Schwarzweiß- und Farbbiidern der Werke war zu 
einem sehr günstigen Verkaufspreis erschienen. 
(19. 1. bis 1. 4. 1979) - (Abb. 2) 
Secession 
ln der Clubgalerle waren Bilder, Graphiken und Plasti- 
ken von NVROM zu sehen. Es handelte sich um sehr 
kühle Objekte. Sowohl die Zeichnungen als auch die 
Plastiken haben einen stark technischen Charakter, wo- 
bei freilich phantasievolle gedankliche und emotionelle 
Elemente immer wieder in der Gestaltung eine Fiolle 
spielen. Manche der feinpoiierten Arbeiten sind freilich 
schon zu hübsch, um mehr als das zu sein. 
(9. 1.-31. 1. 1979) - (Abb. 3) 
Florentina Pakosta 
Die Künstlerin zeigte Radierungen, Zeichnungen und 
Gouachen aus den Jahren 1952 bis 1979. Es handelte 
sich fast ausschließlich um Wiedergaben des menschli- 
chen Kopfes, des menschlichen Antliizes, oft in seltsa- 
men Verzerrungen, oft in charakteristischer Mimik, oft 
idealisiert, manchmal in phantastischen Mißbildungen. 
Pakosta beweist auch, daß sie in den verschiedensten 
graphischen und druckgraphischen Techniken bestens 
versiert ist. Wenn man ihre frühen Kaitnadelarbelten 
und Zeichnungen in Bister betrachtet, fragt man sich, 
warum die Pakosta so lange "im Verborgenen blühten. 
im letzten Jahr schuf sie einige riesige Formate, oft rei- 
ne Portratzelchnungen. die, wie jenes Viktor Matejkas 
(11üx 95.5 cm). den Porträtierten zu einem Jupiter- 
Matejka herolsiert zeigten. Sehr schön sind aber auch 
die Beispiele der in Blster gezeichneten Figuren, wo 
sie mit sehr sparsamen Mitteln arbeitet. Eine hochinter- 
essante Abfolge zeigt die 10 Zustände der Radierung 
nKampibereitw aus dem Jahre 1976, bei der man die 
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außerordentlich kritische Einstellung und sorgfältige 
Arbeitsweise der Künstlerin verfolgen konnte. 
(9.- 31. 1. 1979) - (Abb. 4) 
Künstlerhaus 
Ludwig Merwart und Theo Braun 
in allen Räumen des Künstlerhauses waren anläßlich 
der zwanzigjahrlgen Zusammenarbeit der beiden Künst- 
ler Malereien, Graphiken und Keramiken zu sehen. Mer- 
waris Stärke ist eindeutig auf dem Gebiet der Druckgra- 
phik zu finden, wo er mit den strengen Formen seinen 
Penner, in dessen Blättern wir immer wieder iiguraie 
Anklänge, symboihafte Verkilrzungen finden, übertrifft. 
Seinen Öibildern fehlt jedoch Jene letzte Exaktheit, die 
für solche geometrische Gebilde erforderlich ist. Hier 
dominiert Braun wieder. Seine Bildfolgen, gleich Aitarta- 
fein aneinandergereihte Zyklen, sind präzise gearbeitet, 
faszinieren im Aufbau und übernehmen signaihafte 
Funktionen. Braun war es auch, der einige formal ge- 
schlossene Keramiken zeigte. in Vitrinen waren sehr 
schone bibliophile Bücher und Kataloge der beiden 
Künstler zu sehen. (12. 12. 1978- 2. 1. 1979) - (Abb. 5) 
Galerie Würthle 
Herbert Boecki 
63 Exponate zu einer Verkauisaussteilung vereinigt, wo- 
bei von den 9 gezeigten Ölblldern freilich nur 2 verkauf- 
llch waren. Es blieben noch genug ausgezeichnete 
Aquarelle und Zeichnungen für den Erwerb. So frühe 
Kohiezeichnungen, etwa i-Kindermord nach Poussinu 
1923, oder noch frühere Akte von beispielhafter Leich- 
tigkeit, bei denen der Künstler mit wenig Druck den 
Tonwert der Kohle verstärkt und dadurch Volumen er- 
reicht, Aquarelle, in denen er die Farbflecken immer 
lockerer werden läßt, bis hin zu der fast abstrakten Er- 
scheinung der i-Schiffew 1960. Es waren die energischen 
Linienführungen der Tuschezelchnung beim i-Erzbergu 
1947 zu sehen und das berühmte Ölbild i-Der Eicheihä- 
her. und das nKlElDB Familienbildu, die sonst im Mu- 
seum des 20. Jahrhunderts hängen. Eine Ausstellung, 
die besonders von der studierenden Jugend viel stärker 
hätte besucht werden sollen. (9.- 20. Jänner 1979) - 
(Abb. 6) 
Galerie auf der Stubenbastei 
Karl Kreutzberger 
Der Maler bot Zeichnungen und Aquarelle, meist aus 
dem mediterranen Raum. Eine starke Farbigkeit, oft ver- 
dichtet und dann wieder in lockerer Folge, war vorherr- 
schend. Das geschaute Bild immer bewahrend, blieben 
die Aquarelle auch dort, wo Kreutzberger nur andeutet, 
immer gegenstandsnah. Die Graphiken beeindrucken 
durch das feste Zupacken des Strlchs, durch ein von 
Kreutzberger gesetztes Ordnungsgefüge. (11. 1. bis 3. 2. 
1979) - (Abb. 7) 
Galerie Prisma 
Wladimir Bugrin 
Der Russe, der vor einigen Jahren bei seiner Durchreise 
in die Emigration nach Paris in Wien Zwischenstation 
gemacht hat und dabei einige schöne, aus der Tradition 
der russischen ikonenmalerel kommende Bilder religiö- 
sen Inhalts zeigte und damit auch Erfolg erntete, prä- 
sentierte nun neue, in Paris entstandene Oibllder. Mit 
wenigen Ausnahmen, etwa i-Nach dem Kirchgangix, ist 
es ein Abstieg. Die Öizeichnungen auf Papier, die den 
Hauptteil der Exponate stellten, sind manierierte surreal 
verfremdete Gegenstandlichkeiten, die weder inhaltlich 
noch formal besonders ansprechen. (7. 11.- 2. 12. 1978) 
- (Abb. B) 
Galerie Zentrum 
Osterreichische Landschaften 
im Mittelpunkt der Schau stand ein Graphlkzyklus mit 
einer Originairadierung von Franz Bayer, einer Farb 
radierung von Josef Bramer, einer ebensolchen von 
Michael Coudenhove-Kalergi, einer hendaquareiiierten 
Originairadierung von Helmut Kies, einer besonders 
schönen Farbradlerung von Karl Korab, einer Radierung 
von Anton Lehmden, je einer Farbradierung von Erich 
Smodics und von Franz Zadrazil, wobei manche Blätter 
nur sehr indirekt unter den oben angeführten Titel einzu- 
ordnen sind. Ein Lichtdruck von Ernst Balluf fiel sowohl 
technisch als auch formal aus dem Rahmen. 
(11. Oktober bis Ende November 1979) - (Abb. 9) 
Galerie Alte Schmiede 
Herbert Pan Pasiecznyk 
Der Maler stellt uns wieder einer menschenleeren, rät- 
selhaften Weit gegenüber. Freilich sind die von ihm be- 
vorzugten Ebenen nicht mehr so trümmerübersät wie in 
vielen seiner früheren Bilder. Nach wie vor werden zwar 
die verschiedensten Gegenstände zusammengeführt, 
doch so zufällig scheinen sie nicht mehr zu sein. Die 
Farben des großen, den ersten Raum beherrschenden 
Zyklus sind ruhig, satt. Die tonigen Abstufungen haben 
etwas ungemein Ausgieichendes. Eindrücke einer Grie- 
chenlandreise scheinen hier mitverarbeitet, wobei, wie 
bei Pasiecznyk nicht anders zu erwarten, eine starke 
eigenwillige Prägung aulscheint. Das Thema Labyrinth 
in vielfachen Erscheinungen und Auswirkungen tritt uns 
immer wieder gegenüber, ebenso die Begrenztheit, die 
uns noch durch eine breite Rahmenzone, die jedes die- 
ser Bilder umgibt, betont wird. Neu für den Künstler 
sind die Bildniszeichnungen, gekonnt und ausdrucks- 
stark. (15. 1.- 10. 2. 1979) - (Abb. 10) 
Galerie Basiiisk 
Herbert Schügerl 
Der Burgenländer scheint im Grunde eine heitere Natur 
zu sein. Das geht sowohl aus den Titeln und Formen 
seiner Holzschnitte als auch aus den frischen Farben 
seiner Aquarelle hervor. Da und dort schlagt in den Blät- 
tern aus dem Jahr 1976 ein versteckter Attersee durch, 
doch wird Schügerls Diktion immer eigenwiliiger und 
persönlicher. Mit einer Serie sehr leicht hingepinselter 
Aquarelle berichtet Schügerl über südliche Impressio- 
nen. Der Atmosphäre ist viel Raum gegeben, die Farben 
sind irisch und lebhaft und lassen der Phantasie viel 
Spielraum, wie ja der Maler überhaupt den Betrachter 
seiner Bilder meist anregt und zum Mitmachen (geistig) 
auffordert. (15. 1.-10. 2. 1979) - (Abb. 11) 
Galerie Contact 
Hans Staudacher - "Lyrisches" 
Der Maler zeigte 20 Ölbilder aus den Jahren 1958 bis 
1964, einzig "S0 WIE S01: war aus dem Jahr 1974 und 
wDie entstehenden Räumen aus dem Jahr 1973. Sechs 
sehr duftige, größere Ölbilder auf Papier, 1964 entstan- 
den, waren aber noch nie in Österreich ausgestellt. 
Großformatig, 70x 100 cm, zeigen sie locker gestaltete 
Strichfoigen mit viel Weiß, mit einem kräftigen Zentrum. 
sehr bewegtem Gehalt und fast keine Lettrismen. Alle 
Bilder haben eine große Leichtigkeit, etwas Schweben- 
des, Heiteres. (9. 1.-10. 2. 1979) 
BAWAG-Fondation 
Sergius Pauser 
Bei dieser kleinen Pauser-Ausstellung wird nur ein 
schmaler Sektor des großen Bereiches dieses Malers 
angeschnitten: die Landschaft. Und auch von Pausers 
Landschaftsmalerei ist hauptsächlich die in der Aqua- 
reiltechnik vertreten, wobei besonders schön die späten 
duftigen Blätter sind. Hier flimmert viel Luft und Son- 
nenschein und gibt damit sehr viel Atmosphäre. Atmo- 
sphäre zeigten auch die vier Öibilder, jedes in seiner 
Art, jedes für eine Zelt in der Entwicklung des Malers 
stehend. Das Bild aus dem Jahre 1928 ist fast streng 
und sachlich. Schon bei der Prateransicht wird die Luft 
bewegter, die Kontraste munterer, und die beiden Land- 
schaften aus dem Jahre 1957 flimmern so richtig, wie 
es Ölbiider bester Pariser Schule tun können, wobei ein 
ungemein fein abgestimmtes Couleur nicht nur Land- 
schaft, sondern auch Jahreszeit und nachgerade auch 
die Stunde einzufangen scheint. Die meisten Bilder 
stammten aus dem Besitz des Niederösterreichischen 
Landesmuseums. (18. 1.- 16. 2. 1979) i (Abb. 12) 
Aiois Vogel 
Salzburg 
Galerie Academia 
John F. MacFarlane 
War die erste Saizburger Ausstellung 1976 am gleichen 
Ort eine große Überraschung, da sie mit dem meister- 
haften zeichnerischen und malerischen Werke des in 
London, Zürich und Köln arbeitenden Bühnenbiidners 
zum ersten Mai vertraut machte, so bestätigten die neu- 
en Arbeiten den damaligen Eindruck: MacFarianes Gou- 
achen, Zeichnungen und Objekte sind voll feinster Farb 
vaieurs und raffinierter Schwarzweißwirkungen - sein 
zentrales Thema ist der Tod, in die uralte Symbolform 
des Vogels gekleidet. Die drei wVogel-Mensch-Masken-i, 
mit Recht als einer der Höhepunkte der Ausstellung be- 
zeichnet, stellen ein ganzes Kompendium zeitgenössi- 
scher Kunst dar. (1.- 27. 2. 1979) - (Abb. 13) 
Kunito Nagaoka 
in den Aquarellen und Radierungen des 1940 in Naganoi 
Japan geborenen Malers sind deutliche Vorgänge einer
	        
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