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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 170)

handeln wird, so wird er doch in mir, ich hoffe es, 
einen ehrfurchtsvollen Sohn der Kirche, einen ge- 
gen seinen Gast höflichen Hausherrn, endlich ei- 
nen guten Katholiken in der vollen Ausdehnung 
dieses Wortes, gleichzeitig aber einen Mann fin- 
den, der erhaben ist über die Phrasen und etwaige 
tragische Szenen, mit denen man ihn zu ködern 
gedachte, fest, sicher und unerschütterlich in sei- 
nen Grundsätzen, und ohne jede andere Rücksicht 
nur das Wohl des Staates anstrebend, über wel- 
ches bei ihm keinerlei Zweifel bestehtiäu 
Papst Pius Vl. erhielt für sein Projekt keine unge- 
teilte Zustimmung der Kardinäle. Man warf ihm 
Ruhmgier, Herrschsucht und Eitelkeit vor und be- 
fürchtete bereits einen unglücklichen Ausgang 
dieses Unternehmens, da man keine nachgiebige 
Haltung Josephs erwartete. Pius Vl. (Giovanni An- 
gelo Braschi) hatte das 64. Lebensjahr vollendet, 
als er die beschwerliche Reise antrat. Wie Miko- 
letzky meint, war das Kirchenoberhaupt nkeine 
Kampfnatur, eher scnauspielerisch veranlagt, je- 
doch eine glänzende Persönlichkeit, ein in allen 
Bewegungen berechnend würdiger Mann, der 
überall Verehrung genoß, freilich auch der Wir- 
kung seines Amtes und Auftretens sicher, beiden 
nur allzu oft vertrautellrr 
10 
Nicht so sehr Joseph ll. als vielmehr der Staats- 
kanzler Kaunitz beeinflußte die Verhandlungen 
mit dem Papst. Ein Schriftstück, in sieben Punkte 
gegliedert, bildete die Verhandlungsbasis zwi- 
schen Kirche und Staat. Die einzelnen Themen 
waren: Lösung der Verbindung inländischer Or- 
den mit ihren auswärtigen Oberen, die Befreiung 
von der Gerichtsbarkeit der Bischöfe, in deren 
Sprengel sie sich befanden, das Hecht der Ein- 
sicht in kirchliche Erlasse und deren Genehmi- 
gung (Placet regium), die Aufhebung sämtlicher 
beschaulicher Orden sowie aller sittlich oder wirt- 
schaftlich schlecht geführten Orden, die enueiter- 
te Jurisdiktion der Bischöfe, das Recht der Bi- 
schofsernennung sowie die Vergabe der Benefi- 
zien in der Lombardei und letztlich das Toleranz- 
patent (Abb. 9). Andere kamen später noch hinzu. 
Pius Vl. brach am 27. Februar 1782 von Rom aus 
nach Wien auf. Joseph ll. sandte dem Papst sei- 
nen Vizekanzler und Vertrauten Graf Philipp Co- 
benzl entgegen. Gemeinsam mit dem dem Papst 
ebenfalls entgegengereisten Wiener Nuntlus Mon- 
signore Garampi traf er das kirchliche Oberhaupt 
am Abend des 14. März außerhalb von Görz in 
Wipach". Pius wurde unter größtem Anteil der Be- 
völkerung, jedoch ohne feierliche Empfange, 
-.,.................,  .._ 
Neustadt reiste Joseph ll. am 22. März in Bc 
tung seines Bruders und eines Postillions i 
nem einfachen zweispännigen Wagen in Rich 
Neunkirchen weiter. Dort wartete er auf das 
annahen der päpstlichen Kolonne. Der Kaise 
richtete darüber seinem Bruder Leopold: „Um 
feierliche Begrüßung zu vermeiden, bin ict 
dem großen Wege, nur in Gegenwart der Pos 
ne, mit ihm zusammengetroffen. Ich habe ih 
fort aussteigen lassen, in meinen Wagen ge 
und ihn geradewegs nach Wien in die 
geführtliu Es ging jedoch nicht direkt nachl 
sondern zuerst nach Wiener Neustadt. Die W 
Zeitung berichtete folgendermaßen über dir 
kunft: "Freytag, den 22. sind Allerhöchstdie 
(Joseph ll.) abermal in Begleitung Sr. könig 
heit (Maximilian) von hier gegen Neunkirchc 
päbstlichen Heiligkeit entgegen gefahren, ur 
11 Uhr mit gedacht Sr. Heiligkeit, welche ir 
Reisewagen Sr. Majestät übergetretten war 
der in dasiger Akademie (Militärakademie) e 
troffenle." 
Hieronymus Löschenkohl, der Zeichner um 
strator vieler Ereignisse, die uns dadurch i 
chen überliefert sind, pries das Blatt, welcr 
von diesem welthistorischen Zusammenti 
gemacht hatte, wie folgt an: "Die Zusammer 
Josephs des Zweyten mit Pius dem Sechster 
der Anblick Ihrer ersten Umarmung ist gew 
Stoff für Künstler und Kunstliebhaber. Ich 
diesen merkwürdigen Auftritt in ein Table. 
bringen gesucht, und mir Mühe gegeber 
Hauptpersonen sehr ähnlich zu schildern, sr 
ich mir schmeichle, den Beyfall des Publi 
zu erwerben. Unter oberwähnter Aufschri 
also diese hohe Zusammenkunft, nach der 
lichkeit vorgestellet, in Kupfer gestc 
schwarz für ..... .. 1 fl, illuminiert aber für  
30 kr. in meinem bekannten Gewölbe aul 
Kohlmarkt zu habenlh (Abb. 10). 
In Wiener Neustadt angekommen, fuhr die l 
ne nicht zum Dorn, sondern zur Militärakac 
wo die hohe Geistlichkeit und die vornehi 
Vertreter der Landstände und des Adels das 
liche Oberhaupt bereits erwarteten. 
Am gleichen Tag erfolgte die Weiterfahrt 
Wien, wo man am späten Nachmittag des 22 
1782 eintraf. "Gegen zwölf Uhr stiegen soda 
Heiligkeit mehrmal in den Fteisewagen zu S 
jestät den Kaiser, und traten, unter häufige 
laufe des Volkes, die weitere Reise nach Wi 
auf diesen Wagen folgten Se. königl. Hohe 
durchl. Erzherzog Maximilian, dann der päbs 
Reisewagen, in welchem der Herr Patriarcl 
cucci, und der Monsig. Contessini, sich befz 
darauf kam das übrige päbstliche Reise 
gelaki 
Papst Pius Vl. wollte während seines Wieni 
enthaltes in der Nuntiatur Am Hof Quartie 
men. Der Kaiser ordnetejedoch an, daB der 
Räume des Leopoldinischen Traktes der l. 
Hofburg bewohnen sollte, die ehemals zu d 
mächern Maria Theresias gehört hatten. I 
für diesen Aufenthalt wurde im Sterbezimrr 
Kaiserin ein Altar installiert, der später in V 
senheit geraten war und erst bei Renovieru 
beiten unter Bundespräsident Dr. Adolf 
wiedergefunden wurde. 
Auf die Ankunft des Papstes wurde auch 
Schriften für und wider ihn, die in der Wien 
tung annonciert waren, aufmerksam gem.
	        
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