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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1868 / 33)

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dem Ermessen der Frau Benkevits. Hier beginnt der Fehler, denn einestheils ist 
Manches in der Zeichnung nicht für eine specielle Technik gedacht und anderentheils 
verstand es Frau Bcnkovits nicht überall, ihre Technik dem grossen Styl anzupassen. 
Das Banner zeigt in der Grundidee das Wiener Stadtwappen, dessen weisse Quer- 
halken von einem Kreise bedeckt sind, der die Inschriften, den Eichenkranz und das 
Mittelbild der Muse des Gesanges zeigt. Die weissen Stäbe wie die rotheu Felder sind. 
mit reichen griicisirsuden Goldrsnken bedeckt. Zur Seite schliesseu zwei schwarze Stäbe 
mit goldenen Sternen das Ganze harmonisch ab. Das Mittelbild ist auf schwarzem Grunde 
mit Seide gestickt in Flachstichmanier, in welcher durchweg alle Partien des Bildes bs- 
hsndelt sind. Die Arbeit ist von Fräulein Marie Bsnkovits höchst deissig und sauber 
durchgeführt. Leider verräth diese Gattung der Stickerei, dass sie sowohl in Hinsicht des 
Zweckes zu unpraktisch, als in der Concurrenz mit der Oelmslerci zu undenkbar und in 
der monumentalen Wirkung verfehlt ist. Etwas mag wohl die Schuld auch am Compo- 
nisten liegen (Griepenkerl), welchen wir wohl seines eminenten Farbensinnes wegen 
schätzen, der aber kaum die Stickereien der alten Zeit kennt, die solchen gewebten und 
gestiukten Bildern den Teppichchnrakter geben. Für Modearbeiten mag diese Art von 
Flachstickerei und Chenills genügen, für höhere Zwecke ist aber die Anwendung und Be- 
herrschung der übrigen Arten der Stickerei unentbehrlich. 
Zu diesem Studium waren die gestickten Gobelinbilder auf den burgundischen Ge- 
wändern früher im Museum ausgestellt und besitzt dasselbe die trefflichsteu mittelalterlichen 
und orientalischen Stickereien. ' 
Zum Schluss machen wir noch die Bemerkung, dass wohl keine andere Stadt der 
Welt augenblicklich für die Entwickelung der Stickerei so günstige Elemente besitzt wie 
Wien. Sehen wir von der Pdege ab, den dieser wichtige Zweig der Kunstindustrie im 
k. k, Museum findet, so heben wir nur hervor, dass gegenwärtig drei Anstalten ersten 
Ranges, nämlich die von Karl Giani, die der Schwestern vom armen Kinde Jesu in 
Oberdöhling und die von Frau Benkevits, neben welcher noch Frl. Mirani mit beson- 
derer Anerkennung zu nennen ist, die hiichsten Aufgaben zu erreichen suchen. 
Die beiden Vereine zur Unterstützung weiblicher Handarbeiten und zur Förderung 
des Frauenc-rwerbes haben die Kunst bisher weniger berücksichtigt. Hoffentlich ist auch 
hier bald eine der Kunst günstigere Richtung zu bezeichnen. I". I". 
Tiroler Marmor. 
Bekanntlich beherrschte bis jetzt der Marmor von Carrara so gut wie nuschliesslich 
den Weltmarkt. 8000 Menschen gehen in Carrara täglich in die Berge. Marmor zu 
brechen; die ganze Einwohnerschaft lebt von der Bearbeitung desselben. Schon seit der 
Römerzeit in Betrieb, lieferten diese Brüche jedoch damals nur ordiniiren Marmor; dass 
Statuen uns Carrara-Marmor von den Alten gefertigt wurden, llisst sieh wohl kaum mit 
Sicherheit nachweisen. Jetzt, wie gesagt, ist es anders: man kennt fast nur Marmor von 
Cnrrara! In grossen Liassen wird derselbe namentlich auch über [Jentschland verbreitet, 
und die in Berlin verarbeiteten Steine kehren iiher Prag noch Wien und bis nach Inns- 
bruck zurück; in Wien werden alle Senlpturen an den hrfeutlichen Gebäuden aus Cnrrnrae 
Marmor angefertigt, ja in Carnira selbst sind, da man einen anderen Marmor vnrtrefilicher 
Gattung bisher nicht kannte, grosse Arbeiten für Rechnung der österreichisulwvl Regierung 
ausgeführt worden. Und doch besitzt die Monarchie in Tirol die schönsten li-larmurr, die 
überhaupt vorkommen, die dem psrisehen Marmor sich an die Seite stellen können! Es 
sind dies die Brüche von Laas, Bezirk Schlanders im Vintschgnu. Während 
der weisse Stutnar-Marrnor von Carrara, der in den ordinären nur für die Architektur 
geeigneten Brüchen sich wie in Adern vorlindet und selten ganz rein ist, seine schöne, 
frische Bruehfurbe sehr bald verliert, in der Luft und im Freien schon nach wenigen 
Jahren stumpf und trocken wird, gewissermassen verkalkt - daher die Berge von Carrars 
schwarz wie Kohle aussehen - behält der Marmor von Lass seine li-luzlltvnde Farbe, 
steht wegen seiner Härte und grussen Krystallisatiou vortrefHieh im Freien. Die Farbe 
der Bergwand selbst zeigt, dass er nie schwarz wird. Das Masswerk am Thnrm von 
Schlanders trägt die Jahreszahl 1480. Der Chor der Kirche von Laus zeigt Sculpturen, 
die viele Jahrhunderte älter sind; beide haben die goldgelbe Patina des Partheuon. Die 
edelste Sorte ist von grossem Korn, im Ganzen leicht zu bearbeiten und gewinnt mit der 
Zeit an Schönheit. Während der Marmor von Carrara eine minntiöse, kleinliche Voll- 
endung verlangt, die leicht zu Kunsstiicken verführt, erscheint im Laaser Marmor die Ar- 
beit gesättigt, breit, wie bisher nur die Antike. 
Ueber die Geschichte dieses hinteriales erfahren wir Folgendes: 1m Jahre 1830 
kamen durch Herrn Bernhard Schweizer zwei Blöcke des schönen Luaser Marmors nach
	        
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