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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 176)

3 Adolf Loos, Tisch, ausziehbar, um 1900. Eichenholz massiv. dun- 
kelbreun geheizt. Beschläge und Fußmanschetten vsrnlckeltes 
Messing, Höhe 74 7 Breite 100 - Lange 13U,5 cm. Ausführung: 
Friedrich UNO SChrTiIdt 
{S 4 
4 Adolf Loos, Sessel, um 1900. Eichehholz massiv, dunkelbraun 
gebeizt. Sitz und Lehne mit Stoff bezogen, vorne Fußmanschet- 
ten venlckeltes Messing. Ausführung: Friedrich ono Schmidt 
 
So finden wir jenen Teetisch mit der gelappten 
Tischplatte sowohl in den lnterieurs von Loos als 
auch in solchen von Olbrich. Loos macht daraus 
ein eher schwer dlmensioniertes, meist in Eiche 
ausgeführtes Stück mit 6 oder B FüBen. Das Pen- 
dant von Olbrich hingegen ist leichter, zarter, 
meist in Kirsche gefertigt, ohne Messingmontie- 
rung der an den Rändern leicht hochgezogenen 
Tischplatte. 
Beide Tischchen stammen aus der Werkstatt von 
F.O. Schmidt und dürften dern Ursprung nach ein 
Firmenentwurf sein. Nun soll Loos1ß97 eine Zeit- 
lang bei eben dieser Firma gearbeitet haben. ist 
dies tatsächlich der Fall gewesen, so werden man- 
che seiner Entwürfe In das Repertoire des Herstel- 
lers aufgenommen worden seinf 
Es könnte der Fall eingetreten sein, daß andere 
Architekten ein Schmidt-Modell ihren Entwürfen 
anglichen, möglicherweise nicht wissend, daß es 
sich um eine Schöpfung eines ihrer schärfsten 
Kritiker handelte. 
Nur so ist das Verhältnis der beiden Speisezimmer 
untereinander zu erklären. Nach neueren Aussa- 
gen der Erzeugerfirma sei tatsächlich Loos der 
Entwerfer der Möbelstücke gewesen. 
Die Beschläge finden wir auch an anderen, nicht 
vom gleichen Entwerfer stammenden zeitgleichen 
Einrichtungsgegenständen, sie werden wohl aus 
der Serienproduktion von F.O. Schmidt stammen, 
könnten der Form nach und auch der Ausführung 
nach aber ebenso auf Loos zurückgehen, wurden 
jedoch auch von Kolo Moser verwendet. 
Die Entstehungszeit der Einrichtung ist nur mit ei- 
ner relativen Zeitangabe fixierbar. 
Vergleiche mit frühen Entwürfen, 1897-98, Eben- 
stein, Eugen Stössler, lassen den SchluB zu, daß 
unser Speisezimmer danach gefertigt worden sein 
muB. Deutlich spürbar ist die Hinwendung zur 
geometrisch-klaren Auffassung der Einrichtung 
für Dr. Hugo Haberfeld (1900), und viel später dürf- 
te auch das Eichenzimmer nicht zu datieren sein. 
Unterstützt wird diese zeitliche Einordnung durch 
das Datum 1903, als Architekt Wilhelm Schmidt 
seine blaue Variante publizierte. 
Adolf Loos schuf hier für seinen Auftraggeber ei- 
ne bemerkenswerte Einrichtung. Das Material Ei- 
che setzte er meist dort ein, wo er "Speisezimmer-i 
entwarf. 
Für "Speisesalonsu nahm er Kirsche oder Maha- 
goni. Diese Differenzierung sagte aber nichts aus 
über die Qualität des Produktes, sondern bedeu- 
tet ein Sicheinstellen auf den Bauherrn in persön- 
licher sowie finanzieller Hinsicht. Überdies kommt 
gerade die hier verwendete Holzart ihrem Charak- 
ter nach und der von ihr geforderten Verarbei- 
tungsweise dem eher intuitiven als intellektuellen 
Gestalten von Loos entgegen. Seine Vorliebe für 
kräftige Dimensionen, für einfache, traditionelle 
Hoizverbindungen sowie für Metallmcntierungen 
trifft sich mit den Forderungen, die das Eichen- 
hoiz an den Tischler stellt. Oder - richtiger aus- 
gedrückt - Loos verwendet dieses Material so, 
wie es ihm adäquat Ist. 
Hier brachte er es in eine Gestalt, die handwerkli- 
ches Verständnis ebenso voraussetzt wie propor- 
tions- und harmcniebewußtes Entwurfsempfin- 
den. Und über allem spürt man den Wunsch nach 
verwendungsgerechter Form. in einer idealen Ver- 
bindung wie eben bei einem Möbel von Adolf 
Loos. 
' so aüriie das von Ludwig Hevesi in seinem Feuilleton wBisder- 
meier und KOITIPA (Fremdenblatt. 29. November 1901) erwähnte 
SChllfZimrTler es la Loos-. ausgestellt von Friedrich Otto Schmidt 
lfl Wien, zu verstehen sein. 
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