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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 177)

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
NOHJI 
 
Blick über die Dächer 
von Rom bei Sta. Marla delta Pace 
wBIack Bucku 
London Bridge (before Demolltton) 
Marianne von Werther mit 
Hofrat DDr. Gerharl Egger m der 
Ausstellung Im Osterreichischen 
Museum für angewandte Kunst. 
Wien 1977 
Tower Brldge 
Die Piazza Nevona mit äanrAgnese 
Reiterfigur des Marc Aurel 
auf dem CapItDl in Rom 
Marianne von Werther 
 
Eine Künstlerin wie Marianne von Werther FtBA in "klei- 
nem Form zu profilieren, wie hier, ist nicht leicht. Den- 
noch, ihr ursprüngliches vom starken Willen zur Vervoll- 
kommnung drangendes Talent der eigentlichen Autodi- 
daktin, tritt zutage. Ihr Leben sieht sie knapp so: 
nKindheit am Land _ Hohenau; glückliche Freiheit im Fa- 
brlkshof mit meinem Bruder. Erst wie der ins Gymnasium 
gehen mußte, ist die Familie nach Wien übersiedelt. 
Sechzehnjahrig - Frauenakademie (Prof. Friedrich) mit 
einer kurzen Unterbrechung als Privatschülerin von L.H. 
Jungnickel, der mich lebenslänglich beeinllußt hat, für Li- 
nie und Flächenwirkung auch noch, als ich von der Tier- 
zeichnung zur architektonischen gewechselt hatte. Ab 
dem 19. Lebensjahr war ich vier Jahre krank, dann habe 
ich geheiratet. Nach weiteren vier Jahren bin ich durch 
Reisen und Aufenthalte in Ägypten und Kairo zur Agypto- 
logie gekommen. Anschließend Tätigkeit am Institut für 
Ägyptologie und Afrikanistik in Wien bei Professor Ozer- 
mak. Nach 1938 bin ich nach London übersiedelt. Wäh- 
rend des Krieges Interpreterlür belgische Flüchtlinge und 
später britisches Rotes Kreuz bis Krregesende. Das einzi- 
ge Zeugnis meiner Aktivität als Zeichner war ein Ochs im 
Fabrikshol in Hohenau. 
Angeregt von einem Freund hier, habe ich das Bild in die 
Ausstellung der Royal British Artists geschickt, was 
schließlich mit meiner Wahl als Ftoyal British Artist geen- 
det hat (1943). Ich stellte weiters in den namhafteren Kol- 
lektivausstellungen, wie Royal Academy, New English Art 
Club, Lord Mayor's Award, Britain in Watercolour, aus, 
und meine Arbeiten sind auch während der letzten zehn 
Jahre in einer privaten Galerie ständig ausgestellt. An- 
käufe öffentlicher Institutionen, wie: Guildhall London, 
London Museum, West cf England Academy, Albertina 
und Österreichisches Museum für angewandte Kunst, 
Wien, und ähnliche. Plätze meiner Aktivität waren Ftorn, 
Wien, London, Indien, Marokko und Mexiko." 
Das künstlerische Herkommen von Marianne von Werther 
ist nicht unmittelbar von einem Lehrer abhängig, wenn 
auch Jungnickels Einfluß in vielem bei ihr zu spüren ist. 
Ihre eigentlichen "Lehrern aber sind in der Kunst des 
18. Jahrhunderts zu suchen, es sind dies die Werke von 
Guardl und Piranesi. Bei Guardi ist es der Impressionis- 
mus seiner Stadtansichten, der aus ihren Bildern zu spü- 
ren ist, bei Piranesi die persönliche Objektivität seiner Ar- 
chitekturbilder, die sie wohl so fasziniert haben, daB sie 
an ihnen lernte und es Piranesi in vielem gleichzumachen 
versuchte. Wohl dieser italienischen Ahnen wegen gelan- 
gen ihr die römischen Veduten so besonders gut. in der 
Gesamtstimmung aber ist ihr künstlerischer Höhepunkt 
in den Londoner Bildern zu finden, 
Alle ihre Bilder verraten höchste Einfühlung in das Gese- 
hene. Man sieht die Künstlerin vor sich, wie sie unbeküm- 
mert um alles, was sich um sie herum abspielt, stunden- 
lang an einer Stelle einer Straße sitzt und schaut und 
zeichnet und dabei ein wahrhaltes Porträt von dem ent- 
stehen Iäßt, was sie sieht: mit aller Richtigkeit des Objek- 
tes, aller Flüchtigkeit und Veränderlichkeit der Augen- 
blicke, in denen sie schaut, und allem Eindruck der Stim- 
mung, die sie und das Objekt gleichsam in Vereinigung 
umgibt. 
Marianne von Werther nimmt hiemit in der Kunst der Ge- 
genwart einen Platz ein, der vielen vielleicht als überholt 
erscheinen kann. Am Expressionismus und Architektur- 
bild etwa Kokoschkas oder Schieles ist sie vorbeigegan- 
gen. Die Probleme der Abstraktion spielen ltJr sie keine 
Flolle. Dieses Vorbeigehen ist aber nicht im nNichtkon- 
nenk begründet oder in dem Phänomen, nunmodernu zu 
sein, im Gegenteil, es ist durchaus positiv zu werten. 
Denn der extreme Realismus und Naturalismus, der kann 
den Blick des Künstlers in keiner Weise ersetzen. Der 
künstlerische Blick des Fotografen ist an den techni- 
schen Möglichkeiten der Verifizierung geschult. Der 
zeichnende Künstler gibt das mit seinem Auge gesehene, 
von seinem Geist, seiner Stimmung erfaßte Bild wieder. 
Durch intensive Betrachtung wird die intensivere Wieder- 
gabe des Gesehenen erstrebt - ein wesentlicher Punkt 
innerhalb der Aufgabenstellung der Vedute und auch des 
Stillebens, die beide ihren Platz neben Expression und 
Abstraktion weiterhin behaupten können werden. 
Seit einer sehr erfolgreichen Ausstellung ihrer Veduten 
im Österreichischen Museum für angewandte Kunst im 
Jahre 1977 mit dem Titel lrDrei Städte Europas gesehen 
von Marianne von Wertheru vollzleht sich ein Wandel im 
Schaffen der Künstlerin, der ein Phänomen bestätigt - in 
der Kunstgeschichte oftmals authentisch -, das der un- 
verminderten Schaffenskraft in späteren Phasen. Frau 
von Werther entdeckt die kontemplative Stille des 
wlnnenu, nach dem hetkisch-lauten r-Außenii. Sie erlebt die 
Faszination, den Dingen Farbe geben zu können. Nun- 
mehr im lnterieur, dem Stilleben, in reinen Blumenbildern. 
Diese neue Wendung vollzieht sich wie von selbst, gibt 
der Künstlerin neue belebende Impulse und Iäßt sie wohl 
konzentriert, aber "ganz anders" arbeiten. wie sie selber 
meint. Um nichts weniger künstlerisch eindringlich wie 
wir feststellen. Gerhart und Hanna Egger 
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