durch Erzbischof Konrad verbrieft. Von seiten des
Domkapitels gab es dagegen immer schwere Anfech-
tungen. die im 15. Jh. einen Höhepunkt erreichten,
1487 erfolgte wieder eine Entscheidung und dann
1521 die wultima sententia definitiva contra Canoni-
cosii. Unverbürgt, aber sehr bezeichnend ist die Nach-
richt. daß Erzbischof Burkhard St. Peter nach Grödig
verlegen wollte," Die Machtansprüche von diesen
Seiten waren also permanente Gefährdungen der
Substanz des Klosters. Alle Äbte des 15. und begin-
nenden 16. Jhs hatten damit zu rechnen. Die Stadt
Salzburg, vor allern ihre Patrizierschichte, hatte leb-
haftes Interesse an dieser Begrabnisstätte. 1446 und
1486" wenden sich die Bürger selbst an den Römi-
schen Stuhl in dieser Sache. Man spürte also, daß hier
im Herzen der Stadt eine Zentrierung gegen Erzbischof
und Domkapitel möglich war. die schwache Aussicht
auf Zweipoligkeit der Gewichte. (Kaiser Friedrich lll.
hatte mit seinem Stadtbrief von 1481 vielleicht katalysa-
torische Wirkung.)
Hier steht nun seit dem Ende des Jahrhunderts unver-
rückbar in Aussage der Gestalt die Margarethenkapel-
le wie ein Denkmal mit Ausstrahlungskraft nach allen
Aspekten zeitlicher Existenz.
Das Innenprogramm forderte eine relativ lange Zeit,
die Tympanonfiguren wurden erst 1503 bezahlt." Der
Hochaltar wurde unter Abt Rupert in Auftrag gegeben
und unter Abt Virgil 1500 aufgestellt. Auch hier zeigt
sich straffe Traditionsverpflichtung im Programm.
Meister der durchwegs gemalten Altarflügel war Ge-
org Staber aus Rosenheim. Nach der Rekonstruktion
durch Rohrmoser hatte der Altar dieses Aussehen":
die Mitteltafel zum Chor hin - man konnte um den Al-
tar herumgehen - zeigte hypothetisch Maria mit Kind
oder den Salvator. Die Flügel (erhalten) zeigten den
hl. Rupertus mit dem knienden Abt Keutzl, darüber die
hl. Erentrudis. Der andere den hl. Benedikt mit dem
Abt Virgil und darüber den hl. Amandus (7)31 Auf der
Langhausseite war die Kreuzigung Christi, die Flügel
mit den Schachern haben sich erhalten. Die Predella
zum Chor hatte die Kirchenvater Gregor, Augustinus,
Ambrosius und Hieronymus. Geweiht war der Altar
Amandus und Margaretha. Der nördliche Seitenaltar
hatte Sebastian, Florian und Apollonia, der südliche
Erasmus, Mauritius und Ottilia zu Patronen." Die
Programmtendenz ist einsichtig.
Das Erlösungsmotiv des Hochaltars wird durch den
Salvator im Tympanon aufgenommen und durch Ma-
ria und Johannes vervollständigtßt Der Betreter der
Kapelle unterschritt ihre Sockel. Dieses Motiv wird im
ehemaligen Hochaltarretabel insofern weitergespon-
nen, als nun Erentrudis und Amandus über einem illu-
sionistischen Steinbogen vergleichbare Konsolen be-
sitzen. Das tatsächliche Durchschreiten unter realen
Steinbildungen wird im Altarwerk in anderer Ebene
fortgeführt. Es ist ia auch eine Unterslcht. Der unmit-
telbaren Gegenwart gehören nun die Äbte Rupert und
Virgil in der unteren Schicht an, womit die Sphäre der
Heiligen mit landschaftlicher Darstellung in die irdi-
sche Welt gezogen wurde. Die beiden unteren Heili-
gen blicken aus der Ebene der Bilder zum Verehrer.
Wir haben hier Verschränkung, lneinanderübergieiten
verschiedener Raumschichten - tatsächlicher und
illusionistischer - fortgeführt. Nur wird dieser Zu-
sammenhang erst durch das Erlebnis des gesamten
Kirchenraums möglich. Erst im Betreten merke ich
das Lebendigwerden räumlicher und bedeutungsmä-
Biger Vielfalt.
Die Bildnisse der Äbte Rupert und Virgil sind natürlich
keinesfalls als Novum anzusprechen, aber doch eine
Fortsetzung der bereits beim Chorbau angetroffenen
Linie des historisierenden Hinweises. Wenn wir an-
nehmen. daß die in Glasgemälderi noch vorhandenen
Heiligen" einem für die Kapelle ursprünglich be-
stimmten Zyklus angehörten, so erwies sich das
vDenkmalii der Margarethenkapelle als transparent,
als ein solches innerer Strahlkraft. Vergessen wir aber
auch nicht, daß die Kapelle in einer vSakralland-
schaftu stand: da war die Stiftskirche, dem hl. Petrus
10
geweiht, die Katharinenkapelle, die Marienkapelle ne-
ben dem Kreuzgang, die Maximuskapelle in der
Mönchsbergwand, an ihr die Gertraudenkapelle, die
Ägidiuskapelle und schließlich die Kreuzkapelle. Die
Bauten hatten alte Traditionen, wurden teilweise im
15. Jh. und am Beginn des 16. Jh.s restauriert, d.h.
neuer Aufmerksamkeit unterzogen. Bewußte Verdich-
tung und geschichtlich begründete Verantwortlichkeit
sind allenthalben in St. Peter mit seinem Kapellenneu-
bau in einem ideellen Zentrum.
Wir wissen wenig über die Fortführung der sogenann-
ten Melker Reform in der zweiten Jahrhunderthälfte
bis über 1500. Daß die Reform teilweise verblaßte,
mag sicher stimmen, andrerseits kennen wir aber Ak-
tivitaten verschiedener Benediktinerklöster in dieser
Hinsicht. So etwa in Lambach, in Seitenstetten, in der
bayerischen Abtei Tegernsee; St. Peter hatte einen
sehr guten inneren Status: Abt Virgil schickt Mönche
zur Reform in das Wiener Schottenstift, er selbst wur-
de 1497 zur Wahl und zur weiteren Unterstützung der
Äbtissin nach Gdss gesandt. 1496 visitierte er das Klo-
ster Längsee, bei der Visitation von Ossiach ist aus-
drücklich von einer wcharta visitationisu die Rede." So
ist auch in dieser Hinsicht Kontinuität wahrscheinlich
gewesen.
Die Kunstpolitik des Klosters war also defensiv und
aggressiv. Wieweit die Gestalt der Kapelle direkt dem
Einfluß des Abtes bestimmende Momente verdankte,
können wir nicht sagen. Sie zeigt eine eigenartige Mi-
schung retrospektiver und in die Zukunft weisender
Züge. Bezeichnend sind die retrospektiven im Innern
starker vertreten. Dies gilt einmal vom System der ein-
gezogenen Wandpfeiler; wenn auch dieses in der
Salzburger Architektur eine sichere Stellung durch
das Jahrhundert besessen hat, Beispiele dafür sind
die Leonhardskirche in Tamsweg oder die Müllner
Pfarrkirche, so bekommt der Typus im letzten Jahr-
hundertviertel eine besondere Aktualität durch den
sehr wesentlichen Neubau der Mondseer Stiftskirche
und ihrer Annexbauten. Neben der soliden Mauerar-
beit aus Nagelfluh ermöglichte gerade dieses System
die blockhafte Bauweise, die Ablegung des gotischen
Strebeapparates, Hier kam die Salzburger bodenstän-
dige Neigung einer beginnenden Stilsituation ebenso
entgegen wie im besonderen Fall dem aus vielen
Komponenten erwachsenden Wunsch nach denkmal-
hafter Kompaktheit im Außenbild. Vielleicht war der
Vorgängerbau ebenfalls in dieser Richtung angelegt,
die jetzige Kapelle konnte somit auch rückblickend
memorierend verstanden werden. Wie spätere Bau-
ten zeigen, bahnte sich hier eine gerade für diesen
Bautypus verbindliche Lösung an. Man denke an die
weitgehende Reduktion der Strebepfeiler zu dünnen
Kantlisenen an den Anbauten der Pfarrkirchen in
Kuchl, Vigaun oder Pfarrwerfen. Einen Paradefall die-
ser Entwicklung stellt dann beispielsweise der Karner
bei der Piarrkirche von Wartberg an der Krems dar,
dessen Westportal in schöner Präzision in das Qua-
derwerk eingearbeitet ist, wobei die Ebene der Wand
keinerlei Störung erfuhr. (Aber 1527!)
Für Salzburg selbst wird man nicht auskommen ohne
die Annahme einer Auseinandersetzung mit dem Chor
der Nonnberger Stiftskirche (sechziger Jahre), dessen
retrospektive Anlage und Stilhaltung bereits angedeu-
tet wurden. Auch bei ihm, wie beim gesamten Kir-
chenbau, kann der Wunsch der Äbtissin wie auch der
Kommunitat angenommen werden. Und dann ist
schließlich noch der Chor der ehemaligen Pfarrkirche
der Stadt, der Franziskanerkirche. Man darf aber
nicht von einem Block im selben Sinn wie bei der Mar-
garethenkapelle sprechen, viel eher von einer um ei-
nen potenten lnnenraum gespannten Membran, die
durch den Kranz der Blenden umgürtet wird, wie ja
auch die Fenster in einer Ebene mit der Wand, die den