}{ Für den Kunstsammler
Ein neues Material wird zur Schmuckerzeugung
in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts eingesetzt.
Die im Österreichischen Museum für angewandte
Kunst vorhandenen Eisengußschmucksfücke sind hin-
sichtlich ihrer Herkunft nicht genügend erfaßt. Ein Teil
wurde aus dem k.k. Technologischen Gewerbemu-
seum Wien im Jahre 1914 übernommen; Qs sind
Stücke aus der Hütte Horowitz in Böhmen, die von
Graf Wrbna geleitet wurde.
Ein anderer Teil stammt aus der Sammlung Bertha
Papoenheim, Neu-lsenburg bei Frankfurt am Main.
Ebenso wie die Lokalisierung ist die Datierung der
Elsengußschmuckstücke schwierig. Historisierende
Tendenzen setzen hier sehr früh ein, die Stilvielfalt ist
fast unmöglich aufzulösen. Gleichzeitig sind verschie-
denste Ornamente, seien es gotische wie antikisieren-
de, mitverwendet worden.
Sind noch die Objekte aus der Gußhütte Horowitz ein-
facher zu erkennen, da bei ihnen gröbere Ausformung
sowie antihistorisierende Motivik, Ornamentik und
Formgebung überwiegen (Abb. G, 7, 8), so ist die Pro-
duktion der Hütte Gleiwitz und ihr Einfluß auf andere
Produktionsstätten kaum überschaubar. So ist auch
eine Trennung von Gleiwitzer und Berliner Objekten
nicht durchzuführen. Weiß man, daß Gleiwitz dem
nach ihm entstandenen Berliner Gußwerk Modelle der
eigenen Produktion zur Verfügung stellte. so wird
auch der Einfluß auf andere Hütten glaubhaft.
Eine Produktionsliste mit Zeichnungen ist aus Gleiwitz
vom Jahr 1847 erhalten (Anm. 1) (Abb. 2, 4. 10 und
12). Sie gibt ein eindrucksvolles Bild von der Vielfalt
der Erzeugnisse. Hier soll nur der Schmuck gezeigt
werden, aber man muß darauf hinweisen, daß beson-
ders die Skulptur in den anderen Hütten reiche Nach-
ahmung fand. So ist wenigstens die Herkunft der Ent-
würfe bestimmbar, wenn auch die Ausführung zu-
gleich in mehreren Hütten möglich war,
Der Eisenguß war ein entsprechendes Mittel. das Er-
starken des deutschen Nationalbewußtseins in den
Befreiungskriegen optisch zu dokumentieren. Dazu ist
der Aufruf iiGold gab ich für Eisern belegt (Anm. 2).
In Berlin wurden insgesamt 160.000 Goldringe ge-
spendet, die durch eiserne ersetzt wurden und innen
die Jahreszahl 1813, außen die Inschrift iiGold gab ich
für EiSeTW trugen. Der Zweck des Einschmelzens des
gespendeten Goldes war, Geldmittel für den Kampf
Preußens gegen Frankreich zu gewinnen. Eisen in Me-
daillenform wurde auch als Anerkennung für die Ver-
dienste um das Vaterland gefertigt.
Wie jedoch die Produktionsaufzeichnungen zeigen,
wurde der Eisengußsohmuck auch schon vor den Be-
freiungskriegen erzeugt. Die Produktion wurde jedoch
erst nach diesem Aufruf, besonders die Schmuckher-
stellung betreffend, verstärkt aufgenommen. Das na-
tional betonte Interesse an dem für Schmuck eigent-
lich uralten, aber für jenes Zeitalter neu entdeckten
Material war nur ein Teilaspekt der zunehmenden Ei-
senverwendung in der Kunst.
Die allenthalben entstehenden Baukonstruktionen
sind ohne das Material Eisen nicht mehr denkbar.
Aber selbst funktionsmaßig nicht aus Eisen erforderli-
che Bauteile werden in Eisengußtechnik gebaut: Gar-
tenpavillons, die genauso wie bislang aus Holz gefer-
tigt sein könnten, werden nun durch gußeisernes Git-
terwerk ersetzt.
Die Schmuckherstellung betreffend, wurde das Erz -
eigentlich materialfremd - in höchst artifizielien For-
men gegossen, was an den GieBer höchste Anforde-
rungen stellte. Die Verfeinerung der Ornamente wird
bis zur Absurdität des Metallcharakters betrieben. Da-
bei kann die riur wenig durchbrocherie Oberfläche ei-
ne scherenschnittartige Wirkung erzielen. oder es
können auch die Öffnungen selbst erst das Muster,
das Ornament bilden (Abb. 8).
Gleich wie um 1600 die Goldschmiedekunst in ihrer
Technik nahezu völlig vollendet war und man daran
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Ursula Mayerhofer Bemerkungen zum Eisengußschmuck