Für den Kunstsammler
Vera Behal
Zwei bekannte Loos-Möbel:
der iiAgyptische Hockerii
und der iiElefantenrüsseltischrr
In vielen Wohnungen, die Adolf Loos (1870-1933) vor dem Er-
sten Weltkrieg eingerichtet hatte, erschien das eine oder das
andere oder aber die beiden Möbelstücke; sie gehörten offen-
sichtlichzu den beliebtesten Stückendes mobilen Einrichtungs-
repertoirs von Loos. Er gab ihnen sogar die Namen. Heute wer-
den sie meistens nur noch der riLoos-Tischii und der iiLoos-
Hockerii genannt. Alte Abbildungen zeigen den Tisch in einer
Rauchecke oder in einer Sitzecke, bei einem Kamin. Als Tee-
tisch warerbesonders gulgeeignet: die heiße Kanne konnte auf
keramische Fliesen gestellt werden, die inmitten des Tischblat-
tes eingelegt waren. Standfest, auf acht geschwungenen, mas-
siven Beinen, mit achtpassiger, auf acht Bögen ruhender Platte
wirkt der Tisch barock, auch wenn er keinen barocken Tisch
nachbildet Erpaßtzudenschweren Polstersesseln,dieihnmei-
stens begleiten durch das politierte Mahagoniholz und die
blankpolierten MessingbeschlägeverleihtderderganzenGrup-
pierung einen feierlichen Glanz.
Der einfache Hocker dagegen wirkt labil auf seinen drei ge-
schweiften, wenn auch weit gegen die Seiten gespreizten Bei-
nen; er ist kein bequemes Sitzmöbel. auf dem man verbleibt, um
lange Gespräche zu führen oder zu entspannen. Er ist höchst
mobil, ein iiBeistellhockeriL Man läßt sich darauf nieder, um ein
paar flüchtige Worte auszutauschen. Wir sehen ihn auf Abbil-
dungen an verschiedenen Stellen stehen: in einem Vorraum
oderinderNachbarschaftgepolsterterSitzbänkeundschwerer
Sessel.
Der dekorative Tisch wurde nach dem Ersten Weltkrieg durch
einen einfacheren. mit rundem Tischblatt und geraden Beinen,
abgelöst. Der bescheidene Hocker hielt sich aber über die
zwanziger bis etwa Mitte der dreißigerJahre. Er wurde aus ver-
schledenen Hblzern angefertigt _ am öftesten aus massivem
Eichenholz. aber auch aus Mahagoni. Nuß- und Kirschholz. En-
de der zwanziger Jahre stellte ihn Loos als eine farbige Bele-
bung in den Wohnraum - grün, rot. gelb, sogar schwarz
lackiert. Auch andere Architekten nahmen das kleine Möbel, oft
leichtvariiert, in ihr Einrichtungsrepertoire auf(Abb. 7). Die cha-
rakteristische Beinlorm wurde Ende der zwanziger Jahre auch
bei einigen Tischmodellen verwendeti
Der Tisch auf unserer Abbildung wurde unlängst vorn Österrei-
chischen Museum aus dem Kunsthandel erworben (Abb 1)
Ei ist aus Mahagoniholz, teilweise massiv, teils lurniert_ die
Sichtseiten sind hochglanzpolitiert Die4 cm dicke obere Tisch-
platte hat am Rand einen blankpolierten Messingbescnlag. der
sie um 5 mm uberhoht und mit einer weichen Rundung abge-
schlossen ist, so daß man keine scharfe Kante beim Angreifen
spurt lndieMittedesTischblattessind16sattgrunubertangene
keramische Flieseneingelassenw x 4a1O x 10cm),es ruhtauf
rundbogenformigenElementen.dieaufdenabgerundeten Bein-
oberteilen befestigt sind. Die untere Platte ist auf die konsolarti-
gen oberen Beinteile festgeschraubt (Abb 4). Die geschwunge-
nen Beine stecken in Messingschuhen, die Fußform erinnert an
das Ende eines Eletantenrussels (Abb 5) Die Konstruktion des
Tisches ist kompliziert, iedoch logisch durchdacht, seine Form
istdekorativ undbizarr. Die Detailssind soteinfühlig gearbeitet,
daß man sie mit Genuß. wie Details einer Skulptur, antastet.
Der iiLoos-Tischii istdie eingebürgerte Bezeichnung fürdas klei-
ne Mcibel Sie wird olt als Hinweis aufden Entwerferverstanden
Uber diesen informiert uns iedoch Loos selbst iiDer Elefanten-
rtisseltisch ist aus der Werkstätte F. O. Schmidt. nach Angaben
des Herrn Max Schmidt (Ausführung und Detaillierung Werk-
meister Berkamervorgegangen Kacheln daraul von Bigot, Pa-
ris ii Diese Erklarung lesen wir in einer kleinen Broschure, die
Loos 1907 herausgegeben hat 7
Das erstemal war der Tisch aul der Winterausstellung 1900i
1901 im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie zu
sehen Die Mobellirma F O. Schmidt stellte dort unter anderen
auch ein "Rauchzimmer in englischem Stil-i aus, in dem vor ei-
nem Kamin iiin Breche Säflgtllfletl der Tisch stand? Etwa ein
Jahr später, im März 1902, verwendete Kolo Moser dasselbe
Modell in einem von ihm gestalteten Raum auf der Xlll. Ausstel-
lung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs -
Secessiori 4 In einem Loosschen lnterieur finden wir das Tisch-
chendaserstemal in der 1903 abgebildetenArbeitsecke aus der
wariritiiig Hugo Haberleldsß
Der Name des Tisches durfte durch ein Reklamebild beeinflußt
gewesen sein eine Anzeigeder Firma Joseph Trier (Darmstadt-
London) zeigte einen kleinen Abstell- oder Blumentisch, der
statt Beine Elelantenrussel hatte (Abb. 2).
Loos war bekanntlich Verehrer englischer Wohnkultur. iiDer
Mittelpunkt der abendländischen Kultur ist gegenwärtig Lon-
dohir, schrieb er 18985 Durchdiese seine Orientierung läßtsich
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