DIE ÖSTERREICHISCHEN KUNSTGEWERB-
LICHEN LEHRANSTALTEN AUF DER PARI-
SER WELTAUSSTELLUNG 54b VON ERNST
PLIWA-WIEN F0
ER hohen Bedeutung des gewerblichen Unterrichts-
wesens entsprechend, jedoch in ungewöhn-
licher, von der herkömmlichen Schablone
wesentlich abweichender Gestaltung, prä-
sentirte sich die Exposition der österreichischen
kunstgewerblichen Bildungsstätten am Schau-
platze des internationalen Wettstreites der
Völker zu Paris.
Originell und charakteristisch in ihrer
Anlage, mit vornehmem Geschmacke und
discreter Eleganz, stimmungsreich und nach
einheitlichen, ästhetischen Gesichtspunkten durchgeführt, nahm sie im
Rahmen der neuesten Leistungen der gesammten civilisirten Welt eine
ehrenvolle Stelle ein und hat sich, soweit dies bis jetzt beurtheilt werden
kann, den Beifall der Fachleute errungen.
Das der Anordnung der Ausstellung zugrunde gelegte Princip war ein
ganz eigenartiges; anstatt der üblichen, ermüdend wirkenden Aneinander-
reihung von Zeichnungen, Modellirarbeiten, Lehrgängen, Lehrmitteln,
Übungsheften etc. wurden diesmal ausschliesslich nur Lehrwerkstätten-
und Ateliererzeugnisse in einer Reihe von Interieurs zur Schau gebracht,
welche theils Einzelleistungen von Schulen in harmonischer Gruppirung
enthielten, theils aber Copien von Innenräumen - anerkannten Meister-
werken aus älteren Kunstperioden Österreichs - in getreuer Nachahmung
darstellten.
Für die Wahl dieser etwas ungewöhnlichen Form der Vorführung von
Producten des Schülerfleisses - die Anregung hiezu gab seinerzeit Sections-
chef Graf Latour - waren mehrere gewichtige Momente ausschlaggebend.
Einmal haben die massgebenden Factoren mit der Thatsache zu
rechnen gehabt, dass die in traditioneller Art arrangirten Schulausstellungen
beim Publicum im allgemeinen nur wenig Interesse und Verständnis
finden, und dass die betreffenden Räume bei grossen Ausstellungen stets
nur einen sehr schwachen Besuch aufzuweisen hatten, so dass ein
wichtiger Zweck derartiger Schaustellungen, die Belehrung des Publicums
über die Ziele des Unterrichtes und die einschlägigen Bestrebungen, nur
mangelhaft erreicht wurde. Neue Wege mussten daher eingeschlagen werden,
um dieser Theilnahmslosigkeit entgegen zu wirken; der gemachte Versuch,
Schülerarbeiten bloss in den Endergebnissen, im Gesammtresultate der
1' Unter Mitwirkung von Lehrkräften gewerblicher Lehranstalten besprochen.
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