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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVII (1982 / Heft 183)

hiert. bekommt somit ihren abstrahierenden Kom- 
nentär. Folgerichtig bleibt Klimt bei reinen (d. h. un- 
ialteten Landschaften) am naturnächsten. Es läßt 
i eine Vielzahl von Beispielen dafür finden." 
h diesem Exkurs, derzeigen sollte. daß dieses duali- 
zhe. nachAusgleich strebende Prinzipebenso in Ar- 
ekturwie Malerei der Zeit (zum Teil traditionell) Gel- 
i hatte. wollen wir uns wieder unserem eigentlichen 
rna. dem Kunstgewerbe, zuwenden. 
haben festgestellt, daß der hauptsächliche Ein- 
zk des Wiener Kunstgewerbes zwischen 1901 und 
7 von stereometrischer Abstraktion bestimmt ist; 
waben weiters Qtgestelit. daß das zeitimmanente 
zip des Ausgleiches beider "Kunstdrängeir. deren 
indergegenüberstellen am Kunstgewerbe selbst 
:h die verschiedenen Oberflächenbehandlungen er- 
ht wird, wobei wir aber festgehalten haben, daß der 
weraleindruckw der derAbstraktion bleibt. Wir konn- 
ins zufrieden geben mitdem Hinweis aufdie dergro- 
Form entgegengesetzte Oberfläche - bleiben da- 
aber auch in unseren Bemühungen an der Oberflä- 
Eindruck, den die diversen Objekte heute auf uns 
then, ist zum großen Teil durch unsereSicht und On- 
;ie bestimmt. Die historische Entwicklung läßt uns 
e Facette. eine Eigenschaft besonders deutlich 
an, die den Dingen zwar zweifelsfrei angehört. die 
ebennureineüualität. eine Empfindung ist unddie- 
och überbetont. Wir haben schon davon gespro- 
i, daß es mit dem Begriff iiFunktionalitatu nicht im- 
weit her ist. Wir sehen das Kunstgewerbe nur des- 
besonders funktionell, weil unser Jahrhundert in 
Folge dem Funktionellen besonderes Augenmerk 
:henkt hat. Die Bestätigungsideologie der Kunstge- 
chte ist maßgeblich schuld an unserer Einseitigkeit. 
Art und Weise, wie heute Ausstellungen mit Objek- 
lerZeitgemacht.wiedieseObjekte präsentiertwer- 
trägt ein übriges dazu bei, uns den Blick zu 
tellenls; die einseitigen Interpretationen zeitgenös- 
"lBf Aussagen desgleichen. Wenn etwa der Satz 
Wagners vEtwas Unpraktisches kann nicht schön 
K's bzw. die Loos'sche Erweiterung dieses Gedan- 
w. . . da das Unpraktische niemals vollkommen ist, 
ann es auch nicht schön seinWvon uns immernur 
iilfe unserer Vorstellung von wpraktischu. im Sinne 
naximal funktionell (wie es uns das 20. Jahrhundert 
hrt hat) interpretienwird,so lassen wirunsdieSicht 
teilen und sind einseitig. wPraktischr heißt nicht nur 
zkmäßig, sondern auch brauchbar und ist - und 
ufkommtesbesondersan-keineausschließliche 
ität. Ja wirgehen soweit, das iwPraktlscherr bei Wag- 
ind Loos fast als ästhetische Eigenschaft dem Be- 
veinfachr gleichzusetzen, also - in Ergänzung - 
tusdruck einer puristischen Haltung. Der entschei- 
le Fehler unserer Betrachtung aber liegt darin. daß 
iie Dinge in ihrer Funktionstüchtigkeit sehen 
an. während die Zeit selbst vielmehr nur das Funk- 
eremdasverwenden fordert, alsAntwortaufdiede- 
 
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korative Nippeskultur des ausgehenden Historismus 
und des wgeschmäcklerischenr-Jugendstils. Also in frei- 
er lnterpretation: Ein Objekt hat nur dann ästhetische 
Ansprüche. wennes sich derverwendung nichtentzieht 
oder dieser gar hinderlich ist. Dieses Postulat nach Ver- 
wendbarkeit verbindet selbst so konträre Charaktere 
wie Loos aufdereinen Seiteund Hoffmann odergarKolo 
Moser auf der anderen"? Wir wollen, um dies zu unter- 
mauern. nicht den üblichen "Zitatenwegr: beschreiten, 
sondern aufdie uns am einfachsten zugänglichen Quel- 
len verweisen. 
VIII. 
Das Mitteilungsbedürfnis der Zeit war außerordentlich 
groß. Kaum eine Sparte hat gerade im ersten Jahrzehnt 
unseres Jahrhunderts eine solche Hausse erlebtwiedie 
der Kunstzeitschriften. Neben den elitären, mit großem 
Aufwand hergestellten Periodicas der diversen Künst- 
lervereinigungen, waren es vor allem die Zeitschriften 
wDeutsche Kunst und Dekoration-r sowie vDie Kunst-r. 
die in relativ großen Auflagen für rasche und weite Ver- 
breitung sorgten. Da sie von Anfang an reich mit Fotos 
illustriert waren. wu rden sie zu r Voraussetzung einer ra- 
schen Entwicklung. Siesinduns heuteerstrangige Quel- 
len. Und sie sind es auch, die uns helfen können, dieses 
Postulat nach Verwendbarkeit (und Verwendung) zu be- 
weisen. ist es doch auffallend, und unseres Erachtens 
wurde bis heute noch nicht darauf hingewiesen. daß die 
meisten der abgebildeten Objekte in Verwendung. d. h. 
in ihrer Funktion abgebildet werden. Es findet sich keine 
einzige abgebildeteVase. in dernichteine Blume steckt, 
kein Übertopf, wo nicht zumindest eine Topfpflanze die 
Funktionsfähigkeit unter Beweis stellt. Obst, Ostereier, 
Gebäck oder auch nur eine Kerze, sie alle zeigen eines: 
das iiMit-ins-Kalkül-gezogen-seinrr des Verwendungs- 
zweckes. Hat man dies einmal bemerkt, kommt man zu 
einer verblüffenden Erkenntnis. Diese Naturdinge wer- 
den miteinbezogen in die Erscheinungsform des Kunst- 
werkes. Das Kunstgewerbeobjekt wird erst durch sie. 
also erst in Verwendung zum vollkommenen, zum 
Kunstwerk. Der Einwand. diese fürdie damalige Zeitbe- 
sonders avantgardistischen Objekte würden allein aus 
Beispielsgründen nicht in ihrer ivnackten: Existe 
sentiert. muß abgelehntwerden. widerlegterdoc 
die prinzipielle Überlegung. daßdie Natur, als ma 
Erscheinungsform des nEinfühlungsdrangesw 
sam komplementärdem bis zum äußersten getrie 
Abstrakten im Rahmen e i n e s Kunstwerkes i 
übergestellt wird bzw. beide auf dieser irBühnerr 
these miteinander vereinigt werden. Die Pflanz 
die Frucht-einJahrzehntvor Marcel Duchamps 
ready made und gleichgewichtiger Partner. Die 
Zeit eben gerade als Antipoden formulierten I 
wKunstdränge-r, der Abstraktionsdrang und der d 
fühlung.werden unshierexemplarisch und in eint 
jekt vereinigt als nwirklichkeitr präsentiert. Für c 
wurde die Synthese gefunden. 
Eine Facette ist wert, noch näher behandelt zu w 
eine Eigenschaft, die wir mit wDominanz des Gel: 
bezeichnen wollen. Bei allem equilibristischen 2 
menspiel beider wKunstdrängeu ist festzustelle 
das Menschenwerk. die Ratio, der Geist. symbr 
durch das abstrakte Objekt, die Pflanze, das Nai 
dukt, das Gefühl. das wNichtbewußte-r umgibt unc 
mit in eine iwOrdnungu bringt. Die Ratio ist entwed 
ger (Basis) für das Gefühl - wie bei Wagners M: 
haus - oder Umhüller. Ordner. Wieweit Spät: 
rung und Neopositivismus für solche Haltungen t 
wortlich zu machen sind, muß kompetenteren t 
zur Beantwortung überlassen bleiben. 
Auffallend bleibtdieser Drang nach Ordnung des 
nischenu wobei diesem wNicht-Geistigen: der p: 
schaftliche Platz zugebiiligtbleibt. Erst spätere Gi 
tionen werden in den Fehler verfallen, die 
überzubewerten. 
Es scheint, daß diesesOrdnungsprinzipbestimmt 
die geistige Entwicklung Wiens um die Jahrhunde 
de war. Welchen Bereich der geistigen Entwicklu 
auch betrachten. überall wird versucht, dem weit 
reich des Schöpferischen ein System abzuringe 
Auf dem Gebiet der Sprache arbeiten Karl Kraus 
genstein und Mauthner. jeder auf seine Art. aberi 
Prinzip darauf aus. ordnend einzugreifen. Die Pl 
phen Mach. Meining. Ehrenfels. z. T. Husserl un 
derum Wittgenstein sind bemüht, auf ihrem Gebi 
zeitimmanenten Formwillen umzusetzen und die 
ker arbeiten überhaupt an einer neuen Ordnung 
Nicht zuletzt muß hier auf Sigmund Freud hingev 
werden, derdem Rationalen des Menschen sein l 
nales aufdeckt und so - wiederum ordnend. ja 
matisierend - die Bandbreite der menschliche 
stenz aufzeigt. ihre - nicht verwunderlich - ebr 
dualistische Konstruktion darlegt. 
Eine zu schreibende Kulturgeschichte des irgei 
Aufbruches vor dem politischen Unterganga in 
fändehierein reiches Betätigungsfeld. Denn es sc 
daß die iwpolitische Verfallszeit-r der Humus eines 
gen Neubeginns war, dessen Ausmaß heute nocf 
überblickt wird. 
Der im Gesamten gesehen kleine Bereich des Kui 
werbes war uns im Vorstehenden Träger und Br 
versuch für diese Behauptung. 

	        
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