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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVII (1982 / Heft 184 und 185)

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In der Architektur spiegelt die Konzeption des Palais 
Stoclet (Abb. 8) diese Haltung wider. Eduard F. Sek- 
lermwiesdaraufhimdaß Hoffmannzwardie Bauteileauf 
eine Mittelachse bezogen hat, dann aberdurch die Ver- 
teilung von vor- und zurückspringenden Detailformen 
einen unregelmäßigen und sehr abwechslungsreichen 
Eindruck zu erzielen wußte. In allen diesen Beispielen 
dient die in der Grundstruktur verborgene Axialitat als 
ordnendes Element. das den Zusammenhalt der frei 
verteilten Formen gewährleistet. 
Zwei wesentlich später entstandene Zeichnungen 
(Abb. 16. 17). eine Skizze für ein Hochhaus und eine 
Buchillustrationf" erinnern durch ihre Flächenschich- 
tung an die geometrischen Reliefs. Ihnen fehlt jedoch 
dieformale Orientierung an einerzentralen Achse. Dies 
ist wohl als Reaktion auf die Gestaltungsprinzipien der 
konstruktiven Kunst der zwanzigerJahre zu interpretie- 
ren. Mit der Gegenüberstellung der rechteckigen For- 
men des Hochhauses und der abgerundeten Gebilde 
aufdergegenüberliegenden Buchseite wird Hoffmanns 
von der Kunst der Jahrhundertwende geprägte offene 
Haltung gegenüber der Vielfalt der freien Formenspra- 
che erkennbar. 
3. Für das architektonische Empfinden Hoffmanns ist 
charakteristisch, daß er den Eigenwert der Fläche ge- 
genüber ihrer Funktion als Begrenzung von Volumina 
hervorhebt: lrÜberallwirdderCharakterder Fassade als 
dereinerzweidimensionalen Fläche auf Kosten der Kör- 
perhaftigkeit und Modellierberkelt des Baukörpers be- 
tont. Immer wieder scheinen Elemente gleichsam an- 
einander vorbeigleiten zu wollen-r. schreibt Sekler über 
die Außenansicht des Palais Stoclet" und trifft damit 
auch sehr genau die von den Reliefs ausstrahlende Wir- 
kung: Zwar handelt es sich auch hier um die Anordnung 
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kubischer Elemente, doch setzt Hoffmann sie so ein. 
daß die Reliefs als geschichtete Flächenkomposition 
erscheinen. Die für ein Erfassen der Volumina notwen- 
dige Schrägansicht verstellt Hoffmann durch die den 
Stiegenabgang rahmenden Pfeiler und eine aus Bü- 
schen gebildete Balustrade; außerdem wirkt das Vertie- 
fen der Reliefs in eine dunkle Nische der optischen Auf- 
nahme als Kombination kubischer Körper entgegen. 
Die Reliefs sind demnach auch nicht wkubistischeru als 
der nKubismusr. wie Werner Hofmann meint. und über- 
dies manifestiert sich in dieser die Fläche betonenden 
Haltung Hoffmanns ein grundsätzlicher Unterschied zu 
den aus einfachen Volumina aufgebauten Arbeiten von 
GeorgesVantongerloo und den wArchitektonenr-von Ka- 
simir Malevitch aus den zwanziger Jahren." 
S0 bildetalso nurdie formale Verwandtschaft. das heißt 
die Venlvendung geometrischer Formen für künstleri- 
sche Gestaltungen, eine Brücke zwischen den beiden 
Reliefs und derspäteren geometrischen Kunst. Dietmar 
Steiners Bemerkung, daß man von keiner Vorwegnah- 
me konstruktiven Gestaltens sprechen könne, weil da- 
bei wformale Analogien über methodisch Vergleichba- 
res gesteltt werdenrr", trifft präzise den wunden Punkt 
aller Versuche, eine enge Verwandtschaft zwischen 
Hoffmanns Reliefs und der konstruktiven Kunst des 
zweiten und dritten Jahrzehnts zu sehen. 
Bestehen bleibt die Tatsache, daB bereits in den ersten 
Jahren des 20. Jahrhunderts eine intensive Beschäfti- 
gung mitden Problemen geometrischen Gestaltens ein- 
setzte und daß damit eine künstlerische Problematik 
aufgerollt wurde. die In wechselnder Intensität bis heute 
ihreAktualitätbewahrthat. Hoffmanns Leistung besteht 
in diesem Zusammenhang unter anderem darin, daß er 
in einem ersten Sqijrittpem bis dahin allein auf die Ver- 
wendung im Kunstgeyyerbe undin der Bauornamentlk 
8 Josef Hoffmann, Palais Stcclet, Brüssel 
9 Josef Hoffmann, Entwurf für eine Toranlage, 1898 
10 Josef Hoffmann. Titelblatt für zehn Gedichte von Arno 
Holz. Ver Sacrum, Heft 11. 1898 
11 Josef Hoffmann. Schließe. Wiener Werkstätte. 1908 
12 Ernst Stöhr. Ver Sacrum, Heft 12. 1899 
13 Frantisek Kupka, aus: Quatre histoires de blanc et noir. 
1926 
Anmerkungen 15 A 28 
1' Sekler (zit. Anm. t). 1982, S, 7B u. B2. 
1' L. W. Flochuwarlski. Josef Hoffmann, Wien 1950. Abb. S, 32 u. 33. 
" Sekler(zit, Anm, 1), 1982, S, 83. 
" Hdfmann (2lt,Anm 1). 1957. S. 12, 
1' Stelner(zil Anm. s). 1932, 
w lgalaiog der xlv. Kunstaussfollung aervereinigung bildender Künstler 
Osrerreichs Secession Max Klingel, Beethoven. Wien. 1902, 
v Katalog derXlV Kunsteuselellung (zit. Anm. 20). leu2.s 2a. 
ß Lux(1it Anm. 12). 1902. s. 477. 
ß Katalog der XIV. Kunstaussfsllungmt Anm. 20), 1902. s. 10. 
1' Lux (Ilt. Anm. 12), 1902, S. 477. 
ß Sekier(1lt. Anm. 1), lssz. s. so. 
1' Sekiertzlt. Anm. 1). 1982. WV54. S. 269. 
V Sekler llit. Anm. 1), 1982. WVSG, S. 271. 
3' Seklerizit Anm. 1). 1952. Abb. 7B.
	        
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